Nach 40 Jahren, in denen das Kapital den Faktor Arbeit dominierte, wird es nun immer wahrscheinlicher, dass sich die globale Wirtschaftspolitik in eine weniger unternehmensfreundliche Richtung bewegt, schreibt Darren Williams auf finews.first.


Dieser Beitrag erscheint in der Rubrik finews.first. Darin nehmen Autorinnen und Autoren wöchentlich Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen. Die Auswahl der Texte liegt bei finews.ch.


Der mittelfristige Ausblick für die globalen Finanzmärkte wird durch fünf miteinander verwobene Trends bestimmt: Überschuldung, Alterung der Gesellschaft, technologischer Wandel, Entglobalisierung und wachsender Populismus. In den kommenden Jahren werden diese Trends zu einer aussergewöhnlichen Umwälzung der globalen Wirtschaftspolitik führen.

Viele dieser Trends sind jetzt schon spürbar. Das gilt insbesondere für den Populismus, der in ganz Europa auf dem Vormarsch ist. So dürften beispielsweise die Europawahlen in dieser Woche einen deutlichen Anstieg des Stimmenanteils für populistische Parteien mit sich bringen.

«Die Europawahlen sind nur die Spitze des Eisbergs, was den Populismus betrifft»

Wie so oft in Europa wird dieser Wahlausgang wahrscheinlich keinen unmittelbaren politischen Wandel einläuten. Aber es wird die dringend benötigte engere Integration erschweren und zugleich die immer grösser werdende Kluft zwischen Europas Bürgern und der politischen Führung verdeutlichen.

Die Europawahlen sind jedoch nur die Spitze des Eisbergs, was den Populismus betrifft. Wichtiger ist der anhaltende Handelskrieg zwischen den USA und China. Er hat das globale Wachstum bereits gebremst, ist aber vor allem ein deutliches Zeichen dafür, dass sich die Regeln für den Welthandel ändern werden. Die globale Handelsintegration hat wahrscheinlich den Zenit überschritten, während der Druck für eine Entglobalisierung und gerechtere Verteilung des Reichtums rasch steigt.

«In den USA gibt es wachsende Unterstützung für einst undenkbare Ansätze wie die Moderne Geldtheorie»

Weitere wichtige Veränderungen sind auf nationaler Ebene im Gange. In Grossbritannien hat die konservative Regierung unter der Belastung durch Brexit erheblich an Zustimmung verloren, was das Risiko einer vorgezogenen Wahl und möglicherweise eines Sieges für eine Labour-Regierung mit einer populistischen Agenda erhöht.

In den USA gibt es wachsende Unterstützung für einst undenkbare Ansätze wie die Moderne Geldtheorie (MMT), die unweigerlich zu stärkeren staatlichen Interventionen führen würden. Es mehren sich zudem die Anzeichen dafür, dass die US-Notenbank (Federal Reserve, Fed) bald aktiv eine höhere Inflation anstreben könnte.

«Das wird nicht nur die Konjunktur belasten, sondern auch die Inflation höher treiben»

Wie der Brexit und der Handelsstreit zwischen den USA und China zeigen, ist es eine nahezu unmögliche Aufgabe, genau vorherzusagen, wie sich jedes populistische Ereignis entwickelt. Aber wir können einige allgemeine Beobachtungen festhalten.

Am wichtigsten ist, dass nach einem Zeitraum von 40 Jahren, in dem sich das Kapital gegenüber dem Faktor Arbeit entscheidend durchgesetzt hat, die Wahrscheinlichkeit besteht, dass sich die globale Wirtschaftspolitik wieder in eine viel weniger unternehmensfreundliche Richtung verlagern wird. Das wird nicht nur die Konjunktur belasten, sondern auch die Inflation höher treiben. Und darauf sind die Märkte derzeit nicht vorbereitet.


Darren Williams leitet die Global Economic Research Group für festverzinsliche Anlagen. Er ist ausserdem für die Bereiche Wirtschaftsanalyse, Zinsprognose und Anleihenmarktstrategie in Westeuropa verantwortlich. Er beschäftigt sich seit fast 30 Jahren mit den wichtigsten Volkswirtschaften Westeuropas. Er stiess 2003 von der Citigroup zu AB Alliance Bernstein. Davor war er am Aufbau einer globalen Aktien-Coverage bei Donaldson, Lufkin & Jenrette (DLJ) beteiligt gewesen sowie in leitenden Fubktionen bei der UBS tätig. Er besitzt einen BSc in Banking und Finance der britischen Loughborough University.


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