Die Bedürfnisse der «neuen» Kunden würden weit über ökologische Aspekte hinausgehen, schreibt die Finanzexpertin Carina Schaurte in ihrem Essay für finews.first.


In dieser Rubrik nehmen Autorinnen und Autoren Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen.


Wenn aktuell über Nachhaltigkeit oder ESG gesprochen wird, dann ist damit meist das «E», also der ökologische Aspekt, gemeint. Auch der «EU Action Plan», der das Ziel verfolgt, die Nachhaltigkeit an den Finanzmärkten zu stärken, hat einen klaren Fokus in dem Bereich.

Erklärt wird dies gerne mit den Anforderungen der «neuen» Generation von Anlegern: Millennials und Frauen, die bereits ein Drittel des weltweiten Vermögens halten, Tendenz stark steigend. Dabei gehen die Bedürfnisse dieser «neuen» Kunden über ökologische Aspekte hinaus.

«Bankberater müssen umdenken»

Aufgewachsen in einem Umfeld des Wohlstands und ohne die persönliche Erfahrung fundamentaler Engpässe, verschiebt sich der Fokus von einer reinen Absicherung im Alter hin zu mehr Flexibilität in einzelnen Lebensphasen und dem Wunsch, nach persönlichen Überzeugungen und in Einklang mit den eigenen Erfahrungen und Lebensstil zu investieren.

Bankberater müssen umdenken, wenn sie den veränderten Kundenbedürfnissen gerecht werden wollen. Die Entwicklung an den Finanzmärkten sowie die Erfahrungen der Anleger aus der Finanzkrise dürften ebenfalls dazu beitragen, dass sich der Wunsch der Kunden weg von komplexen Produktlösungen und hin zu einer umfassenden (Finanz-) Beratung entwickelt.

Um somit Mehrwert für den Kunden zu stiften, ist es notwendig, die zugrunde liegenden Bedürfnisse zu verstehen, die nicht unbedingt mit dem vorhandenen Vermögen korrelieren.

So mag eine erfolgreiche Geschäftsfrau ohne Familie keine komplexen Anlagelösungen über Generationen und Länder hinweg benötigen, möchte aber aufgrund ihrer persönlichen Erfahrungen nur in Unternehmen mit einer positiven Unternehmenskultur investieren.

Ein international tätiger «Young Professional» hingegen, benötigt länderübergreifenden Zugang und Lösungen in Bezug auf Steuer-, Altersvorsorge- und Finanzplanung, wobei er vielleicht seinen ökologischen Fussabdruck verbessern möchte.

«Kundenberater sind zunehmend gefragt»

Dies erfordert auch ein neues Rollenverständnis des Kundenberaters. Entgegen der immer wieder zu hörenden Aussage, dass Kundenberater ein Konzept aus dem letzten Jahrhundert seien, hat eine LGT-Marktstudie gezeigt, dass sie zunehmend gefragt sind - aber auch bestätigt, dass sich die Anforderungen an sie ändern.

Die zunehmende Komplexität der Lebens- und Finanzsituationen der Kunden sowie die oben erwähnten Grundwerte sollten im Zentrum der Kundenberaterbeziehung stehen. Der zukünftige Mehrwert eines persönlichen Finanzberaters liegt nicht in der Auswahl einzelner Anlagemöglichkeiten sondern in der Rolle eines «Finanzprojektmanager» des Kunden.

Um diesen Paradigmenwechsel zu gewährleisten, ist die digitale Unterstützung des Beraters entscheidend. Wenn Kundenberater aufgrund der Komplexität der regulatorischen und Finanzmarkt-Erfordernisse mehr als 50 Prozent ihrer Zeit mit administrativen Aufgaben verbringen müssen, ist eine wirkliche Veränderung des Jobprofil nicht möglich.

«Es ist essentiell, dass sich das Rollenverständnis der Kundenberater ändert»

Dem neuen «Finanzprojektmanager» zu erlauben, sich auf wertschöpfende Aktivitäten für den Kunden zu konzentrieren und ihn dabei zu unterstützen erfordert daher mehr Digitalisierung als eine rein prozessuale Digitalisierung der Arbeitsabläufe. Daneben ist es aber auch essentiell, dass sich das Rollenverständnis der Kundenberater – ein Anlageberater mit Fokus auf persönliche Beziehungen zu sein – ändert.

Der erzwungene digitale Wandel in der Interaktion während des letzten Jahres, hat den Weg zu weiteren Lösungen bereitet. Die digitale Arbeitsweise ist dabei zur «neuen Normalität» geworden. Es liegt nun an den Finanzinstituten, dieses Momentum für die Neupositionierung des Kundenberaters als umfassender «Finanzprojektmanager» mit Fokus auf die zugrundeliegenden Werte des Kunden zu nutzen.

«Eine solche Transformation kann nicht regulatorisch getrieben werden»

Dies erfordert neben einer weiter voranschreitenden Digitalisierung hin zu «intelligenten Lösungen» vor allem Anpassungen an der Kultur und damit einhergehend dem Rollen- und Selbstverständnis des Kundenberaters.

Eine solche Transformation kann nicht regulatorisch getrieben werden, wie aber MiFID II zu einem Digitalisierungsschub geführt hat, hat der «EU Action Plan» das Potenzial, gleiches für die Kundenzentrierung zu leisten.


Carina Schaurte unterstützt als selbständige Beraterin und Expertin insbesondere Asset- und Wealth Manager in strategischen Fragen und in deren effizienten Umsetzung. Sie baut dabei auf mehr als 15 Jahre Erfahrung in der Unternehmensberatung und in der Finanzindustrie. Das Thema Nachhaltigkeit und Impact liegen ihr besonders am Herzen. Daher hat sie neben ihrem Betriebswirtschaftsstudium an der Universität St. Gallen (HSG) auch noch einen Master in Leadership in Financial Development absolviert.


Bisherige Texte von: Rudi BogniRolf BanzWerner VogtWalter WittmannAlfred Mettler, Robert HolzachCraig MurrayDavid ZollingerArthur BolligerBeat KappelerChris RoweStefan GerlachMarc Lussy, Nuno FernandesRichard EggerDieter RuloffMarco BargelSteve HankeUrs Schoettli, Maurice PedergnanaStefan Kreuzkamp, Oliver BussmannMichael BenzAlbert Steck, Martin DahindenThomas FedierAlfred MettlerBrigitte Strebel, Mirjam Staub-Bisang, Kim IskyanStephen DoverDenise Kenyon-RouvinezChristian DreyerKinan Khadam-Al-JameRobert HemmiAnton AffentrangerYves Mirabaud, Hans-Martin KrausGérard Guerdat, Mario BassiStephen ThariyanDan SteinbockRino BoriniBert FlossbachMichael HasenstabGuido SchillingWerner E. RutschDorte Bech VizardAdriano B. Lucatelli, Maya BhandariJean TiroleHans Jakob RothMarco Martinelli, Thomas Sutter, Tom King, Werner PeyerThomas KupferPeter Kurer, Arturo Bris, Frédéric Papp, James Syme, Dennis Larsen, Bernd Kramer, Marionna Wegenstein, Armin JansNicolas Roth, Hans Ulrich Jost, Patrick Hunger, Fabrizio QuirighettiClaire Shaw, Peter FanconiAlex Wolf, Dan Steinbock, Patrick Scheurle, Sandro Occhilupo, Will Ballard, Nicholas Yeo, Claude-Alain Margelisch, Jean-François Hirschel, Jens Pongratz, Samuel Gerber, Philipp Weckherlin, Anne Richards, Antoni Trenchev, Benoit Barbereau, Pascal R. Bersier, Shaul Lifshitz, Ana Botín, Martin Gilbert, Jesper Koll, Ingo Rauser, Carlo Capaul, Markus Winkler, Konrad Hummler, Thomas Steinemann, Christina Böck, Guillaume Compeyron, Miro Zivkovic, Alexander F. Wagner, Eric Heymann, Christoph Sax, Felix Brem, Jochen Möbert, Jacques-Aurélien Marcireau, Ursula Finsterwald, Claudia Kraaz, Michel Longhini, Stefan Blum, Nicolas Ramelet, Søren Bjønness, Lamara von Albertini, Andreas Britt, Gilles Prince, Darren Williams, Shanu Hinduja, Salman Ahmed, Stéphane Monier, Peter van der Welle, Ken Orchard, Christian Gast, Jürgen Braunstein, Jeffrey Vögeli, Fiona Frick, Stefan Schneider, Matthias Hunn, Andreas Vetsch, Teodoro Cocca, Mark Hawtin, Fabiana Fedeli, Marionna Wegenstein, Kim Fournais, Carole Millet, Swetha Ramachandran, Brigitte Kaps, Thomas Stucki, Teodoro Cocca, Neil Shearing, Claude Baumann, Tom Naratil, Oliver Berger, Robert Sharps, Tobias Müller, Florian Wicki, Jean Keller, Fabrizio Pagani, Niels Lan Doky, Karin M. Klossek, Ralph Ebert, Johnny El Hachem, Judith Basad, Katharina Bart, Thorsten Polleit, Bernardo Brunschwiler, Peter Schmid, Karam Hinduja, Zsolt Kohalmi, Raphaël Surber, Santosh Brivio, Gérard Piasko, Mark Urquhart, Olivier Kessler, Bruno Capone, Peter Hody, Andrew Isbester, Florin Baeriswyl, Agniszka Walorska, Thomas Müller, Michael Welti, Ebrahim Attarzadeh, Marcel Hostettler, Hui Zhang, Michael Bornhäusser, Reto Jauch, Angela Agostini, Guy de Blonay, Lars Jaeger, Tatjana Greil Castro, Jean-Baptiste Berthon, Dietrich Grönemeyer, Mobeen Tahir, Didier Saint-Georges, Serge Tabachnik, Rolando Grandi, Vega Ibanez und Beat Wittmann.

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