Drei von vier Unternehmen in der Schweiz sind in Familienbesitz. Sie zeichnen sich zumeist durch Agilität, Innovationskraft und ihre langfristige Ausrichtung aus – und dadurch, dass sie nicht darüber sprechen. Das kann fatale Folgen haben, wie Marionna Wegenstein für finews.first feststellt.


In dieser Rubrik finews.first nehmen Autorinnen und Autoren Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen.


Die Präsenz von Familienunternehmen in den Medien ist ein Balanceakt zwischen Transparenz und Verschwiegenheit. Obwohl sich die Anspruchshaltung der Öffentlichkeit an die Informationspolitik aller Marktteilnehmer enorm gewandelt hat, sind sich Unternehmerfamilien auch heute der Relevanz einer zielgerichteten Kommunikation oftmals nicht bewusst. Anstatt sich proaktiv mit dem Thema auseinanderzusetzen, kümmern sie sich meist erst darum, wenn das Haus schon in Flammen steht.

«Die Folge sind falsch gesetzte Prioritäten, was die Kommunikation angeht.»

Gründe dafür sind die fehlende Aussensicht – alle sind mit sich selber beschäftigt und denken, dass die Firmeninterna niemand etwas angehen. Diskretion ist oberstes Gebot. Manchmal mangelt es auch am Stolz, einem Familienunternehmen anzugehören. Die Folge sind falsch gesetzte Prioritäten, was die Kommunikation angeht.

Um sich erfolgreich am Markt zu positionieren, müssen Familienunternehmen zuerst einmal ihre Hausaufgaben machen. Es gilt in einem geführten Family-Governance-Prozess die Wertediskussion abschliessend zu führen, eine einvernehmliche Unternehmensstrategie zu formulieren und die Ziele klar zu definieren.

Erst wenn diese Grundlagen gelegt sind, ist es für Familienunternehmen sinnvoll, die erarbeiteten Massnahmen kommunikativ zu begleiten, um Kontinuität und Stabilität sicherzustellen. Auch sollten besonders Familienunternehmen mit professionellen Führungsstrukturen und Governance-Prozessen diesen Asset nutzen, um ihre Solidität aufzuzeigen oder sich vom Vorwurf der Vetternwirtschaft zu distanzieren.

«Der Informationsfluss darf nicht von der Gerüchteküche diktiert werden»

Die «Betroffenen» müssen sich bewusst sein, dass sie gerade wegen der sich überlappenden Identitäten zwischen Eigentümer, Familie und Unternehmen nicht die Möglichkeit haben, die Familie oder die Organisation zu wechseln und darum ein besonders grosses Interesse haben sollten, für ein positives Image zu sorgen.

Dies kann gelingen, wenn die Kommunikationshoheit gewahrt wird: Der Informationsfluss soll vom Unternehmen proaktiv gespeist und nicht von externen Quellen alimentiert oder von der Gerüchteküche diktiert werden. Transparenz und eine offene Kommunikation erzeugen Glaubwürdigkeit auf allen Ebenen und stärken die positive Wahrnehmung und Reputation des Unternehmens.

Es sind dabei für Familienunternehmen drei Aspekte wichtig: die Wertekommunikation, die Vermittlung der Nachfolgeregelung und das Krisenmanagement.

1. Wertekommunikation

Die Wertediskussion ist auf allen Stufen des Family Governance-Prozesses ausschlaggebend. Sind die Werte einmal identifiziert und geschärft, ist es diese DNA eines Unternehmens, die es einzigartig macht und sowohl intern bei der Belegschaft als auch extern einen hohen Identifikationsgrad erzeugt.

Die daraus abgeleiteten Kernbotschaften vermitteln allen Stakeholdern Sicherheit für die Zukunft, stärken das Unternehmen am Markt und machen die bestehenden Mitarbeiter zu Botschaftern und sprechen neue an. Mittels den Zielgruppen angepassten Kommunikationmassnahmen werden die Werte im Unternehmen gelebt und nach Aussen getragen und machen so den entscheidenden Unterschied.

2. Nachfolgekommunikation

Im Rahmen des Nachfolgeprozesses innerhalb eines Familienunternehmens sind die Beteiligten oft sehr stark mit sich selber beschäftigt und vergessen dabei die Aussensicht. Kommt die Nachfolge wie aus dem Hut gezaubert daher, führt dies zu Irritation. Wenn es gänzlich schief läuft, kann gar es zu Ablehnung und Streit im Innern und zu Unruhe im Markt führen.

Um Unsicherheit zu vermeiden, gilt es diesen Prozess kommunikativ frühzeitig aufzugleisen, die Nachfolge schrittweise aufzubauen und zu begleiten, damit der Entscheid für alle Beteiligten verständlich und nachvollziehbar gemacht werden kann. Nur so kann es gelingen, die Position des Unternehmens unter neuer Führung nach innen und nach aussen zu halten und zu festigen.

3. Krisenkommunikation

Krisen treten immer dann auf, wenn man sie am wenigsten gebrauchen kann. Auch Familienunternehmen bleiben davon nicht verschont – obwohl sie überzeugt sind, dass ihre Probleme die Öffentlichkeit nichts angehen. Tatsache ist, dass die Verantwortlichen in Krisensituationen in allen Bereichen aufs Äusserste gefordert sind. Es ist deshalb unabdingbar, sich darauf vorzubereiten.

Wichtig ist es, mögliche Minenfelder frühzeitig zu identifizieren, die Verantwortlichkeiten im vornherein zu definieren und einen entsprechenden Notfallplan bereitzuhalten. Damit ist es auch im Krisenfall möglich, die Kommunikationshoheit zu bewahren und mit klaren Botschaften das Vertrauen der Mitarbeitenden und aller externen Stakeholder zu erhalten.

«Bei meiner langjährigen Arbeit für eine Privatbank habe ich das selber erfahren»

Bei den meisten Unternehmen hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass sich das Image mit gezielter Kommunikation und natürlich mit entsprechenden Marketingmassnahmen steuern lässt. Bei meiner Arbeit für eine Privatbank habe ich das selber erfahren: Über die Jahre hat sich dort die Haltung von der absoluten Verschwiegenheit zu einer proaktiven und professionell gesteuerten Kommunikationsstrategie gewandelt – und dies mit Erfolg.

Zusammenfassend kann man sagen: Gezielte Öffentlichkeitsarbeit und transparente interne Kommunikation leisten einen wesentlichen Beitrag zur Stabilität und damit zum wirtschaftlichen Fortkommen eines Familienunternehmens.


Marionna Wegenstein ist selbständige Kommunikationsberaterin in Zürich. Ihr Unternehmen Wegenstein Communication betreut vorwiegend Kunden aus der Finanzbranche und Familienunternehmen. Sie ist Mitbegründerin des «Family Governance Kompetenzzentrum», einem Netzwerk von Expertinnen, die sich gemeinsam für die erfolgreiche Führung von Familienunternehmen einsetzen. Sie kann auf mehr als 20 Jahre Kommunikationserfahrung im Finanzsektor zurückblicken, zuletzt als Head PR & Communication bei der Genfer Privatbank Lombard Odier in Zürich. Nach dem Studium war sie mehrere Jahre als Journalistin tätig, bis sie dann die Seiten wechselte und in verschiedenen Firmen als PR-Verantwortliche arbeitete.


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