In der Wirtschaft findet ein Umdenken statt. Der Produktionsfaktor Boden erhält zunehmend einen festen Platz in den Bilanzen der Unternehmen. Investoren bietet sich damit ein neues Anlagethema mit einem beträchtlichen Renditepotenzial, schreibt Alina Donets in ihrem Beitrag auf finews.first.


In dieser Rubrik nehmen Autorinnen und Autoren Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen


«Ich investiere in umweltfreundliche Unternehmen.» Wenn Kunden das sagen, hat der Megatrend der Nachhaltigkeit in der Finanzindustrie gewonnen. Vor rund zwanzig Jahren begann der damals noch schmale aber im mehrfachen Sinne des Wortes nachhaltige Siegeszug der «Grünen Investments».

Die gängige Strategie beruht dabei auf einem «Best-in-Class»-Auswahlverfahren, bei denen das Geld der Investoren in die Firmen gelenkt wird, welche die höchsten Umweltstandards innerhalb ihrer Branche erfüllen. Diese Fokussierung führt auf Seiten der Asset Manager unweigerlich zu einem Kompetenzgewinn. Vermögensverwalter können sich auf die wichtigsten Anziehungspunkte spezialisieren, und schaffen so durch ihren Wissensvorsprung Renditevorteile. Damit ermöglicht das thematische Investieren eine konsistentere und attraktivere Alpha-Generierung.

«Genau das muss sich nach Ansicht einiger Wissenschaftler ändern»

Die Industrie verkauft seither lieber Themen anstatt Finanzprodukte. Es ist plastischer, dem Kunden sagen zu können: «Mit einem Investment in diesen Fonds profitieren Sie vom technologischen Fortschritt – oder von der Überalterung der Bevölkerung oder von der Elektro-Mobilität, etc.» Die Liste der potenziellen Themen ist so lang wie das moderne Leben komplex ist. Thematische Investitionen ermöglichen die Konzentration auf die Faktoren, mit denen sich der Investor identifizieren kann, und zwar mit einem konsistenten Fokus, wodurch mehr Kapital angezogen wird

Die Wirtschaftswissenschaft kennt drei Produktionsfaktoren durch deren Kombination Güter erschaffen und der Kreislauf des Wirtschaftens gespeist werden: Boden, Arbeit, Kapital. Nur zwei davon, Arbeit und Kapital, haben einen Preis. Die Natur gilt als Allgemeingut und steht gratis zur Verfügung – doch genau das muss sich nach Ansicht einiger Wissenschaftler ändern.

«Das Vermögen der Natur reicht nicht mehr lange»

Einer von ihnen ist Partha Dasgupta. Er hat ausgerechnet, dass sich das weltweite Sachkapital zwischen 1992 und 2014 verdoppelt und das Humankapital, also das versammelte Wissen und Können der Menschheit, um 13 Prozent zugenommen hat. Einzig das Naturkapital sank um 40 Prozent. Was dazu geführt hat, dass heute 1,6 Erden notwendig wären, um die Menschheit und ihren Lebensstandard zu erhalten?

Oder anders ausgedrückt: Das Vermögen der Natur reicht nicht mehr lange. Es sei denn, die Spezies Mensch konsumiert weniger, wächst langsamer, schützt die Natur, nutzt sie effizienter und investiert in ihren Erhalt. Ein Weg dahin führt – wie immer – über den Preis.

Dieser Ansicht ist auch das Uno-Umweltprogramm UNEP. Im Bericht zum Zustand der Welt 2021 werden die Regierungen aufgefordert, das Naturkapital in die Berechnungen der Wirtschaftsleistung einfliessen zu lassen. Die Natur dürfe nicht mehr als passives Gut kostenlos zur Verfügung stehen, sondern ihre Nutzung oder Zerstörung müsse in die Kostenbilanzen einfliessen.

«Damit ist auch die Finanzbranche gefordert, ihren Kapitalströmen ein neues Ziel zu geben»

Etwa durch einen Preis für den Ausstoss von Kohlendioxid. Zudem müssten öffentliche Subventionen von fossilen Brennstoffen abgezogen und naturfreundlichen Techniken zugeführt werden. Banken sollte Kreditvergaben zur Ausbeutung von Kohle, Gas und Öl stoppen und Unternehmen müssten Abfall vermeiden, indem sie die Kreislaufwirtschaft fördern.

Damit ist auch die Finanzbranche gefordert, ihren Kapitalströmen ein neues Ziel zu geben. Mehr als 50 Prozent des globalen Bruttoinlandprodukts (BIP) hängen von der Natur ab, und mit einer Natural-Capital-Strategie soll in Lösungsanbieter investiert werden, die dazu beitragen, die Natur durch den Übergang zu schlankeren industriellen Prozessen zu erhalten, sowie ihr unendliches Potenzial und ihre regenerativen Kräfte durch die Entwicklung der Kreislauf-Bioökonomie nutzbar zu machen. Ich bin überzeugt, dass die Natural-Capital-Strategie auf diesem Weg für die Investoren eine Chance auf überdurchschnittliche Marktrenditen bereithält.

«Der Fonds definiert innerhalb des Themas Naturkapital vier Dimensionen»

Um dies zu erreichen, definiert man das Thema Naturkapital in vier Dimensionen: Bio-Kreislaufwirtschaft, Ressourcen-Effizienz, ergebnisorientierte Wirtschaft und Abfallvermeidung. Aus diesen picken wir uns nach dem «Best-Practice»-Ansatz diejenigen kleinen und mittleren Unternehmen heraus, die entlang der gesamten Produktions-, Verbrauchs- und Entsorgungskette Effizienzgewinne realisieren und Kreisläufe schliessen. Zudem halten wir Ausschau nach Innovatoren die Lösungen entwickeln, die dazu beitragen, die Natur zu erhalten und deren regenerative Kräfte zu nutzen.

Sollte sich das Thema Naturkapital in Wissenschaft, Gesellschaft und der Finanzbranche etablieren, dann könnte es tatsächlich sein, dass Unternehmen, die heute ein Ranking in einem der vielen ESG-Indizes feiern und ihre Nachhaltigkeitsberichte wie selbstverständlich vorlegen, im Jahr 2040 ebenso selbstverständlich die Entwicklung ihres Naturkapitals als Erfolgsfaktor werten und auf Franken und Rappen in ihren Bilanzen ausweisen.


Alina Donets ist Portfoliomanagerin in der Sparte Global Equities von Lombard Odier Investment Managers (LOIM). Sie stiess im November 2020 zum Unternehmen und verwaltet seit sieben Jahren Nachhaltigkeits-Portfolios. Zuvor war sie von 2017 bis 2020 bei Allianz Global Investors tätig. Sie war auch Portfoliomanagerin bei der Bank Audi. Davor arbeitete sie von 2013 bis 2016 bei Pictet Asset Management als Investmentmanagerin, Pictet Water, und von 2014 bis 2016 als unterstützende Investmentmanagerin, Pictet Global Environmental Opportunities. Sie begann ihre Karriere als Trainee bei Pictet 2012. Sie hat einen Master in International Business von der HEC in Lausanne und einen Bachelor of Science in Business Studies von der Cass Business School. Zusätzlich zu den CFA-Prüfungen hat sie das ESG-CFA-Zertifikat, das CFA Institute Investment Foundations TM-Zertifikat sowie das IMC-Zertifikat (Units I und II) erworben.


Bisherige Texte von: Rudi BogniRolf BanzWerner VogtWalter WittmannAlfred Mettler, Robert HolzachCraig MurrayDavid ZollingerArthur BolligerBeat KappelerChris RoweStefan GerlachMarc Lussy, Nuno FernandesRichard EggerDieter RuloffMarco BargelSteve HankeUrs Schoettli, Maurice PedergnanaStefan Kreuzkamp, Oliver BussmannMichael BenzAlbert Steck, Martin DahindenThomas FedierAlfred MettlerBrigitte Strebel, Mirjam Staub-Bisang, Kim IskyanStephen DoverDenise Kenyon-RouvinezChristian DreyerKinan Khadam-Al-JameRobert HemmiAnton AffentrangerYves Mirabaud, Hans-Martin KrausGérard Guerdat, Mario BassiStephen ThariyanDan SteinbockRino BoriniBert FlossbachMichael HasenstabGuido SchillingWerner E. RutschDorte Bech VizardAdriano B. Lucatelli, Maya BhandariJean TiroleHans Jakob RothMarco Martinelli, Thomas Sutter, Tom King, Werner PeyerThomas KupferPeter Kurer, Arturo Bris, Frédéric Papp, James Syme, Dennis Larsen, Bernd Kramer, Marionna Wegenstein, Armin JansNicolas Roth, Hans Ulrich Jost, Patrick Hunger, Fabrizio QuirighettiClaire Shaw, Peter FanconiAlex Wolf, Dan Steinbock, Patrick Scheurle, Sandro Occhilupo, Will Ballard, Nicholas Yeo, Claude-Alain Margelisch, Jean-François Hirschel, Jens Pongratz, Samuel Gerber, Philipp Weckherlin, Anne Richards, Antoni Trenchev, Benoit Barbereau, Pascal R. Bersier, Shaul Lifshitz, Ana Botín, Martin Gilbert, Jesper Koll, Ingo Rauser, Carlo Capaul, Markus Winkler, Konrad Hummler, Thomas Steinemann, Christina Böck, Guillaume Compeyron, Miro Zivkovic, Alexander F. Wagner, Eric Heymann, Christoph Sax, Felix Brem, Jochen Möbert, Jacques-Aurélien Marcireau, Ursula Finsterwald, Claudia Kraaz, Michel Longhini, Stefan Blum, Nicolas Ramelet, Søren Bjønness, Andreas Britt, Gilles Prince, Shanu Hinduja, Salman Ahmed, Stéphane Monier, Peter van der Welle, Ken Orchard, Christian Gast, Jürgen Braunstein, Jeffrey Vögeli, Fiona Frick, Stefan Schneider, Matthias Hunn, Andreas Vetsch, Mark Hawtin, Fabiana Fedeli, Marionna Wegenstein, Kim Fournais, Carole Millet, Swetha Ramachandran, Brigitte Kaps, Thomas Stucki, Neil Shearing, Claude Baumann, Tom Naratil, Oliver Berger, Robert Sharps, Tobias Müller, Florian Wicki, Jean Keller, Niels Lan Doky, Karin M. Klossek, Johnny El Hachem, Judith Basad, Katharina Bart, Thorsten Polleit, Bernardo Brunschwiler, Peter Schmid, Karam Hinduja, Zsolt Kohalmi, Raphaël Surber, Santosh Brivio, Mark Urquhart, Olivier Kessler, Bruno Capone, Peter Hody, Andrew Isbester, Florin Baeriswyl, Agniszka Walorska, Thomas Müller, Ebrahim Attarzadeh, Marcel Hostettler, Hui Zhang, Michael Bornhäusser, Reto Jauch, Angela Agostini, Guy de Blonay, Tatjana Greil Castro, Jean-Baptiste Berthon, Dietrich Grönemeyer, Mobeen Tahir, Didier Saint-Georges, Serge Tabachnik, Rolando Grandi, Vega Ibanez, David Folkerts-Landau, Andreas Ita, Teodoro Cocca, Michael Welti, Mihkel Vitsur, Roman Balzan, Todd Saligman, Christian Kälin, Stuart Dunbar, Fernando Fernández, Carina Schaurte, Birte Orth-Freese, Gun Woo, Lamara von Albertini, Philip Adler, Ramon Vogt, Gérard Piasko, Andrea Hoffmann, Niccolò Garzelli, Darren Williams, Benjamin Böhner, Mike Judith, Grégoire Bordier, Jared Cook, Henk Grootveld, Roman Gaus, Nicolas Faller, Anna Stünzi, Philipp Kaupke, Thomas Höhne-Sparborth, Fabrizio Pagani, Taimur Hyat, Ralph Ebert, Guy de Blonay, Lars Jaeger, Jan Boudewijns, Beat Wittmann und Sean Hagerty.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.29%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.8%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.89%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.39%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.64%
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