Am Dienstag ist der ehemalige Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz ein erstes Mal vor dem Zürcher Bezirksgericht befragt worden. Der Hauptbeschuldigte im Strafprozess gab sich auskunftsfreudig.

Nein, bei Besuchen in Cabarets und Strip-Clubs seien keine Tänzerinnen zum Champagner eingeladen worden. So erklärte es Pierin Vincenz gegenüber Sebastian Aeppli, dem Präsidenten des Zürcher Bezirksgericht. Dort stand am Dienstagnachmittag der ehemalige Chef von Raiffeisen Schweiz im Strafprozess gegen ihn und sechs weitere Beschuldigte erstmals vor den Schranken.

Man sei ja, so Vincenz weiter, meist an der Bar gestanden – je nachdem, was die Geschäftsleute bestellen wollten, habe man Bier oder Champagner getrunken.

Heikle Spesenbezüge

Die Rechnungen, die bei diesen Besuchen anfielen, sind nun wesentlicher Bestandteil der Verhandlungen in Zürich. Die Staatsanwaltschaft hat Vincenz und den ehemaligen Aduno-CEO Beat Stocker wegen unberechtigten Spesenbezügen und damit Veruntreuung angeklagt.

Hinzu kommen die Vorwürfe, bei Firmenübernahmen von Raiffeisen und Aduno in die eigene Tasche gewirtschaftet zu haben. Die Angeklagten bestreiten dies; für sie gilt die Unschuldsvermutung.

Codewort «Nachtessen»

Am Dienstag zeigte sich Vincenz nun angesichts der Vorwürfe gegen ihn erstaunlich gelöst und auskunftsfreudig – auch wenn er detaillierte Nachfragen des Gerichts zuweilen mit einigen Abstand umschiffte. Die Besuche in Nachtclubs seien immer geschäftsmässig begründet gewesen, erklärte der ehemalige Raiffeisen-Banker. Er habe nur Leute eingeladen, die im geschäftlichen Umfeld mit Raiffeisen operiert hätten – es sei darum gegangen, Unternehmer als Raiffeisen-Kunden zu gewinnen.

Bei der Raiffeisen-Zentrale in St. Gallen habe gar in Absprache mit der externen Revision eine Regelung bestanden, Cabaret-Besuche als «Nachtessen» abzubuchen. Das sei mit dem ehemaligen Raiffeisen-Präsidenten Johannes Rüegg-Stürm so besprochen gewesen. Rüegg-Stürm hat allerdings bei der Einvernahme durch die Zürcher Staatsanwaltschaft ausgesagt, dass er nicht gewusst habe, dass die Rechnungen für Nachtessen teils in Cabarets angefallen sind. Aussage steht hier also gegen Aussage.

Selbst immer noch beteiligt

Auch teure Reisen, die ebenfalls in der Anklageschrift ausgiebig figurieren, seien im «Grossen und Ganzen» zu Geschäftszwecken erfolgt. Wo das nicht der Fall gewesen sei, will Vincenz die Ausgaben nun zurückzahlen. Solche «Versehen» räumte er auch im Zusammenhang mit den fraglichen Nachtessen ein – die schwierige Aufgabe der Staatsanwaltschaft wird es nun sein, ein System dahinter zu beweisen.

Knapper wurden die Antworten von Vincenz zu den Firmen-Transaktionen, in deren Zusammenhang die Staatsanwaltschaft ihm und seinem Vertrauten Stocker ungetreue Geschäftsbesorgung, gewerbsmässigen Betrug und Urkundenfälschung sowie passive Bestechung vorwerfen.

«Nicht das Gefühl, etwas Kriminelles getan zu haben»

Vincenz nahm zwar zu seinen Beteiligungen bei diversen Firmen und zu den damit verbundenen Überlegungen Stellung, bestritt aber durchwegs jede Absicht zur persönlichen Bereicherung. An Investnet, einer Firma, die von Raiffeisen übernommen worden war, ist Vincenz nach eigenen Angaben immer noch zu 15 Prozent beteiligt.

Auf die Anfrage des Gerichts erklärte Vincenz, er fühle sich unschuldig. Er habe nicht das Gefühl, etwas Kriminelles getan zu haben.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.55%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.53%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.27%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.11%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.54%
pixel