Auf der Jagd nach Renditen machen Versicherer den Banken den Hypothekenmarkt streitig. Aufgrund regulatorischer Vorschriften kämpfen Banken auf diesem Gebiet mit ungleichen Ellen. Ihre Chance besteht darin, mit individuellem Kundennutzen zu punkten, schreibt Philipp Kaupke in seinem Beitrag für finews.first.


In dieser Rubrik nehmen Autorinnen und Autoren Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen


Nicht nur Banken, auch die Versicherer suchen nach Möglichkeiten, ihre Gelder gewinnbringend anzulegen. Im Fokus stehen dabei Hypotheken. Auf der Jagd nach Einnahmen sind die Karten zwischen Banken und Versicherern ungleich verteilt.
In ihrer Not, Renditen zu erwirtschaften, werden die Versicherer zu direkten Konkurrenten der Retailbanken.

Dabei haben sie einen entscheidenden Vorteil. Die Versicherer profitieren davon, dass sie auf der Bilanzseite im Geld «schwimmen» und in der Verwendung ihrer Assets freier sind als die Banken, welche kostentreibenden Eigenkapitalvorschriften ausgesetzt sind.

Gleichzeitig sind die Banken auf Einnahmen aus Anlageprodukten angewiesen, da ihre klassischen Geschäftsbereiche, Konto und Debitkarten, kaum noch Renditen abwerfen. Das Ungleichgewicht verstärken die steigende Anzahl der Wettbewerber und die zunehmende Vergleichbarkeit der Anlage-Produkte im Internet. Sie führen dazu, dass im historischen Vergleich Preise und Margen sinken.

«Den Banken sind die Hände gebunden»

Besonders empfindlich trifft die Banken die Konkurrenz im Hypothekengeschäft. Versicherer betrachten Hypotheken als attraktives Geschäftsmodell, mit dem sie bestehende Kunden binden und neue «abholen» können.

Den Banken sind hier die Hände gebunden. Die Kapitalauflagen der Schweizerischen Nationalbank, die mit Negativzinsen gleichzeitig den Hypomarkt befeuert, erschwert den Banken den Ausbau dieses lukrativen Geschäftes, das bis zu 50 Prozent ihrer Renditen einbringt.

Wer sein Geld zum Beispiel in einem 3a-Fonds anlegt, bleibt in der Regel der Bank treu. Dass Versicherer heute auch solche Vorsorgeprodukte anbieten, ist nachvollziehbar. 3a-Fonds sind für Versicherer zwar noch ein Entwicklungsmarkt, doch auch hier steigt der Druck auf die Banken.

Kosten von 100 Basispunkten und mehr bei 3a-Fonds-Konti sind heute auf dem Markt fast nicht mehr durchsetzbar. Während ältere Kunden der Bank meist treu bleiben, wenden sich jüngere Kunden billigeren Anbietern zu. Immerhin: Als Folge davon entwickelten die Banken erfolgreich Apps mit verschwindend tiefen Kosten für deren Verwaltung. Beispiele dafür sind «Frankly» der Zürcher Kantonalbank, oder «Viac», ein Fintech, das mit der WIR-Bank als Depotbank kooperiert.

«Das Zauberwort dazu lautet Ökosysteme»

Auch bei den klassische Investmentsfonds ist der Markt in Bewegung. Swisslife und andere Versicherer haben hier bereits Fuss gefasst. Im Gegensatz zum Hypothekarmarkt spielen die Versicherer hier heute allerdings eine untergeordnete Rolle. Doch das Potenzial für weiteres Wachstum in den kommenden Jahren ist vorhanden, verfügen sie doch Inhouse mit ihrem Asset Management über genügend Know-how für die Vermehrung von Prämien- und Kundengeldern.

Zahlreiche Versicherer suchen auch den Einstieg in Fintech-Startups. Mit diesem nicht besonders innovativen Ansatz versuchen sie, das Risiko zu minimieren, technologisch abgehängt zu werden. Sie erhöhen damit den Innovationsdruck auf die bisweilen trägen Retailbanken, denen das freie Kapital für solche Engagements fehlt.

Die ganze Bewegung im Markt hat mit dem Vertrieb zu tun. Die Banken sind hier traditionell etwas träge, während Versicherer hier flexible Wege beschreiten. Zum Beispiel mit Kooperationen – immer mit dem Ziel, so viele Touchpoints wie möglich zu potenziellen Kunden zu erhalten. Das Zauberwort dazu lautet: Ökosysteme.

«Die Banken sind in einer Catch-22-Situation»

Rund um Themen wie die Altersvorsorge, das Wohnen oder den Hauskauf bieten zum Beispiel Moneypark.ch oder der Online-Vergleichsdienst Comparis unabhängige Lösungen aus einer Hand an. In diesen Online-Ökosystemen spannen Versicherer, Banken und andere Dienstleister zusam-men. Sie erreichen damit Personen, mit denen sie andernorts thematisch keine Berührungspunkte fänden.

Oft sind es Versicherungen, welche hinter diesen Plattformen stehen – im Fall von Moneypark, einer der grössten Vermittler von Hypotheken, ist es der Versicherer Helvetia. Einige Banken sind heute bereits auf diesen Plattformen zu finden, doch sie spielen eine Nebenrolle. Der Grund dafür: Im Vergleich mit anderen Anbietern, können sie preislich nicht mithalten.

Banken sind in diesen Ökosystemen, so wie sie sich heute präsentieren, in einer Catch-22-Situation. Sie haben aufgrund regulatorischer Vorschriften keine Chance, den Teufelskreis mit tieferen Preisen zu durchbrechen. Eine Chance haben sie, wenn sie sich auf den Kundennutzen besinnen. Dazu gehört zum Beispiel die Möglichkeit, Investments mit Preisrabatten bei Nutzung anderer Bankprodukte zu verknüpfen oder Hypothekarprodukte mit Zusatzleistungen aufzuwerten.

Dazu bietet sich die Variabilisierung des Hypothekarangebots durch flexible Zusatzleistungen an. Die Basellandschaftliche Kantonalbank und die SoBa-Bank bieten dies bereits in Teilen an, zum Beispiel mit Modulhypotheken, welche eine Zinsgarantie beinhalten oder Möglichkeiten für vorzeitige Rückzahlungen. Wichtig ist es dabei, dass sich die Banken auf Leistungen, die dem Kunden einen Wertzuwachs bringen, fokussieren.

«An der kundengerechten Flexibilisierung der Angebote führt für die Banken kein Weg vorbei»

Diese Leistungen gilt es im Produktdesign von vornherein zu berücksichtigen und modular zu verankern. So kann die Bank auf die individuellen Kundenbedürfnisse im Gespräch eingehen und die Hypothek individuell gestalten. Was der Kunde genau wünscht, lässt sich im Kundengespräch identifizieren.

Nicht zuletzt sollten sich die Banken überlegen, aufgrund ihrer regionalen Vorreiterstellung, um Hypotheken eigene Ökosysteme aufzubauen, die verwandte Themen wie Schätzung von Liegenschaften, Renovation, Steuern, Erbe, Anschlusshypotheken und Verkauf beinhalten.

Tatsache ist: An der kundengerechten Flexibilisierung der Angebote führt für die Banken kein Weg vorbei. Die nächsten Jahre werden zeigen, ob sie es schaffen, ihre Stärken auszuspielen oder ob sie einen Teil ihres Geschäftes verlieren werden.


Philipp Kaupke ist Partner bei Simon-Kucher & Partners, einer international tätigen Strategie- und Marketing-Beratungsfirma.


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