Im Payment-Bereich sind es nicht die Kreditkartenfirmen, die Marktanteile an Fintechs verlieren, sondern die Banken, schreibt Rolando Grandi in seinem Essay auf finews.first.


In dieser Rubrik nehmen Autorinnen und Autoren Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen


Der Zahlungssektor macht einen tiefgreifenden Wandel durch. Startups, Technologieplattformen und Neobanken versuchen, die Finanzarchitektur neu zu erfinden. Dabei wollen sie den Konsumentinnen und Konsumenten mehr Transparenz sowie einfachere, schnellere und bessere Dienstleistungen bieten. Dieser Prozess hat gerade erst begonnen. Das zeigt sich gut am Aktienmarkt, wo die Marktkapitalisierung der Fintechs gerade einmal 10 Prozent des gesamten Sektors ausmacht.

Die Digitalisierung, die mit dem Sammeln und Verarbeiten von Daten einhergeht, ermöglicht diesen neuen Akteuren, ihre Dienstleistungen äusserst preiswert anzubieten, da ihre Analysen das Kundenprofil genau widerspiegeln.

«Viele Banken müssen mit ‹technischen Schulden› kämpfen»

Traditionelle Banken sind allerdings nicht untätig geblieben. Einige von ihnen geben bereits 10 Prozent ihres Umsatzes für Technologie aus. In ihrer digitalen Entwicklung müssen sie aufgrund ihrer Altlasten noch viele Hindernisse überwinden. Dabei haben sie beispielsweise mit «technischen Schulden» zu kämpfen, das heisst, mit einer alternden IT-Architektur. Der Grund: Viele Banken nutzen nach wie vor Grossrechner aus vergangenen IT-Epochen und sind unwillig, diese auszumustern.

Im Gegensatz dazu verfügen Fintechs über Technologien der neuesten Generation; Stichwörter datu sind Cloud, API oder Microservices.

«Deswegen erlebt die Finanzwelt keine Marktanpassung, sondern eine Disruption»

Auf der anderen Seite besitzen auch Banken grundlegende Vorteile: Sie haben Lizenzen, um Geld zu verwahren und zu verwalten und um Kredite zu vergeben. Im Gegensatz zu Fintechs haben sie auch schon Kunden. Die Grössenvorteile und die längere Erfahrung der Banken reichen ihnen aber nicht aus, um sich vor neuen Wettbewerbern zu schützen. Deswegen erlebt die Finanzwelt keine Marktanpassung, sondern eine Disruption.

Die schwierigste Aufgabe für die neuen Akteure ist die Kundengewinnung. Die Covid-Pandemie hat ihre Entwicklung allerdings begünstigt. Sie führte zur beschleunigten Übernahme neuartiger Technologien im Finanzsektor, beispielsweise über die Cloud oder über E-Commerce.

«Dank Apps wie Wechat oder Alipay sind Cyberwallets inzwischen weit verbreitet»

Inzwischen ist die Disruption real. Seit mehreren Jahren erfolgen Zahlungen zwischen zwei Personen in Echtzeit, ohne einen oder zwei Tage warten zu müssen. Diese Innovation macht gerade nochmals einen enormen Schritt nach vorn: In China wurden bereits QR-Code-Zahlungen eingeführt, bei der eine Kamera die Pixelcodes der Zahlungen erkennt. Dank Apps wie Wechat oder Alipay sind Cyberwallets inzwischen weit verbreitet. Dieser Trend setzt nun auch in Afrika und in Lateinamerika ein. Europa bleibt ein Sonderfall, weil Homebanking weit verbreitet ist.

Sofortkredite («Buy now, pay later») sind die nächste Innovation in diesem Bereich. In Europa könnten Kreditkarten dadurch verdrängt werden. Unternehmen wie Afterpay in Australien, Affirm in den USA, Shopify in Kanada oder Klarna in Schweden sind bereits in diese Nische gesprungen.

In diesem Fall finanziert der Händler einen Kauf und zahlt einem Fintech sogar eine Provision. Dies ist insofern eine Revolution, als der Service für den Nutzer kostenlos ist. Händler erhalten darüber hinaus viele Informationen über ihre Kunden und können auf die Plattform zugreifen, um sich ein genaues Bild über die Bonität des Verbrauchers zu machen. So bestimmen sie auch ihre Risiken respektive, ob sie einen Kauf finanzieren wollen oder nicht.

«Sofortkredite sind der jüngste Schritt im Innovationsprozess der Payment-Methoden»

Die Pioniere in der mobilen Payment-Branche, wie Paypal, ein Fortune-500-Unternehmen, oder Block (ehemals Square), das bereits zwei Millionen Nutzer hat, sind längst riesige Unternehmen. Mit anderen Worten: Sofortkredite sind der jüngste Schritt im Innovationsprozess der Payment-Methoden.

Nicht die Kreditkartenfirmen verlieren Marktanteile an Fintechs, sondern die Banken. Denn es sind die Konsumenten und Konsumentinnen, die im Retail-Banking zu den neuen Akteuren wechseln. Ihre Kreditkarte geben sie jedoch nicht auf.

Am Ende des Tages werden es die jeweiligen Regierungen sein, die das Tempo des Wandels bestimmen werden. Da Fintech-Unternehmen jedoch erst 10 Prozent der Finanzbranche ausmachen, wird es noch lange dauern, bis sie von den Behörden in ihrer Entwicklung gebremst werden.


Rolando Grandi ist seit 2017 Fondsmanager bei La Financière de l’Échiquier (LFDE), wo er sich auf das Thema Künstliche Intelligenz (KI) hat. Der Bolivianer bezeichnet sich gerne als «Geek» und kombiniert eine mehrjährige Erfahrung als Finanzanalyst mit einer hervorragenden Kenntnis der Tech- und KI-Branche. Er ist Absolvent der IAE School of Management Lyon und begann seine berufliche Laufbahn bei Roche-Brune AM als internationaler Aktienanalyst.


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