Die Anbindung der eigenen Währung an den Dollar hat Hongkong ein Jahrzehnt überschwänglicher und irrationaler wirtschaftlicher Entscheidungen gebracht. Doch mit der Zinswende folgt die Katerstimmung – bis hinauf in die Regierung der asiatischen Sonderverwaltungs-Zone.

Yam Chi-kwon, Mitglied des Kabinetts rund um die scheidende Hongkonger Regierungschefin Carrie Lam, fand neulich überraschend deutliche Worte. «Es sieht so aus, als ob Hongkong in eine Phase eintritt, die ungewöhnliche Herausforderungen für die Stabilität und Integrität unseres Währungs- und Finanzsystems sowie für unseren Status als internationales Finanzzentrum mit sich bringt», sagte er zur Zeitung «South China Morning Post» (Artikel bezahlpflichtig).

Trotzdem hielt der ehemalige Leiter der Hongkonger Währungsbehörde (HKMA) daran fest, dass die Beibehaltung der Bindung des Hongkonger Dollar an den amerikanischen «Greenback» immer noch die beste Option sei. Das ergibt sich nicht von selbst.

Chinesisches Wachstum zu US-Zinsen

Es wird nämlich erwartet, dass die Währungskopplung angesichts der zu erwartenden deutlichen Anhebung der Zinssätze der US-Notenbank Fed unter Druck geraten wird. Die Wirtschafts-Zyklen der Sonderverwaltungs-Zone Hongkong und den USA sind seit der Finanzkrise nicht mehr synchron. Das bedeutet, dass die Stadt im Wesentlichen künstlich niedrige Zinssätze importiert hat, da in den USA die Fed-Beamten versuchten, die Auswirkungen der Krise durch quantitative Lockerung und Zinssätze nahe Null abzumildern.

Die Wirtschaft Hongkongs ist jedoch viel enger mit China verbunden, das im gleichen Zeitraum ein starkes Wachstum verzeichnete – was höhere Zinssätze erforderlich gemacht hätte. Die Folge der mit der Dollar-Bindung «importierten» US-Leitzinsen: Ein Jahrzehnt überschwänglicher und irrationaler wirtschaftlicher Entscheidungen, Immobilien- und Finanzmarktpreise geführt.

Jetzt kehrt die Situation ins Gegenteil. Angesichts des langsamen Wirtschaftswachstums in China und Hongkong, das zum Teil auf die anhaltenden Bemühungen zur Eindämmung der Pandemie zurückzuführen sein dürfte, könnte die Stadt über einen längeren Zeitraum als nötig in eine Rezession geraten, wenn sie den erwarteten Zinsanstieg in vollem Umfang mitmacht. Und wenn Hongkong die Dollar-Bindung beibehalten will, führ daran kein Weg vorbei.

Aktiver Dollar-Handelsplatz

Regierungsvertreter Yam ging gegenüber dem chinesischen Blatt auch auf die geopolitischen Spannungen zwischen China und den USA ein. Die Amerikaner würden dazu neigen, «die Finanzen zu bewaffnen», warf er den Vereinigten Staaten vor. «Ich kann einfach nicht verstehen, warum die USA Hongkong die Art von Finanzsanktionen auferlegen wollen, die jetzt gegen Russland verhängt werden. Das sind nukleare Optionen», so Yam weiter.

Er gab zu bedenken, dass die USA sicherlich einen der aktivsten Dollar-Handelsplätze der Welt nicht «zerstören oder beschädigen» wollen, und fragte, welche Auswirkungen dies auf die Stimmung auf den Finanzmärkten und den Status der Währung selbst haben könnte.

Von der Schweiz lernen?

Doch mit der Dollar-Bindung haben die USA bereits ein effektives Druckmittel gegenüber Hongkong in der Hand.  Yam sagte, dass die Kopplung der Währung an den chinesischen Renminbi angesichts der technischen Probleme, die mit der Umstellung verbunden sind, nur eine entfernte Option sei, auch wenn das mehr zur Internationalisierung der chinesischen Währung und zur Verringerung ihrer Abhängigkeit vom Dollar beitragen könnte.

Seiner Meinung nach könnte die Stadt in Zukunft ein «bevorzugter Intermediär» sein, insbesondere angesichts der Volatilität auf den globalen Finanzmärkten. Dies könnte eine Lehre sein, die er als ehemaliges UBS-Verwaltungsratsmitglied aus der Beobachtung des Schweizer Finanzwesens gezogen hat.

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