Der Internationale Währungsfonds hat die Goldkauftrends von 144 Ländern untersucht. Die Sorge vor Sanktionsrisiken ist ein Erklärungsgrund für die massiven Goldkäufe der Notenbanken.

Der Makroökonom John Maynard Keynes bezeichnete 1924 den Goldstandard (und damit das Gold) als «barbarisches Relikt». Sein Nutzen und damit auch sein Wert seien überholt, meinte er damals.

Hat Gold heute noch einen Nutzen? Mit Blick auf die massiven Goldkäufe der Zentralbanken lautet die Antwort wohl: Ja, auf jeden Fall. Nur weil die Welt zu einem Fiat-Geldsystem übergegangen ist, bedeutet das nicht, dass sich die Vorzüge von Gold geändert haben.

Auf Einkaufstour

Im vergangenen Jahr haben die Zentralbanken so viel Gold gekauft wie seit mehr als einem halben Jahrhundert nicht mehr. Gemäss den neusten Daten des World Gold Council (WGC) haben die Zentralbanken 1’136 Tonnen Gold gekauft - so viel wie seit 1967 nicht mehr, wie finews.ch berichtete. Es ist auch der zweithöchste Wert seit 1950 und ein Anstieg von mehr als 150 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Seit der globalen Finanzkrise 2008 wächst der Goldschatz der Zentralbanken. Zuvor hatten sie ihre Goldbestände fast vier Jahrzehnte lang abgebaut. Doch warum kaufen Zentralbanken jetzt in grossem Stil Gold?

Dieser Frage geht das Arbeitspapier «Gold as International Reserves: A Barbarous Relic No More?» des Internationalen Währungsfonds nach. Die Studie untersucht 144 Länder und deren Goldkauftrends.

Schwellenländer kaufen kräftig zu

Der IWF nennt wichtige Gründe, warum Länder seit der globalen Finanzkrise ihre Goldreserven erhöht haben. Ein Auslöser ist das gestiegene Bedürfnis, sich gegen wirtschaftliche und geopolitische Risiken abzusichern.

Vor allem Reservemanager von Notenbanken in Schwellenländern erhöhen den Anteil der in Gold gehaltenen Währungsreserven. Die Autoren identifizieren 14 «aktive Diversifizierer». Das sind Länder, die Gold gekauft und ihren Anteil an den Gesamtreserven in den letzten zwei Jahrzehnten um mindestens 5 Prozentpunkte erhöht haben.

Bei den aktiven Gold-Diversifizierern handelt es sich ausschliesslich um Schwellenländer. Staaten wie Kasachstan, Weissrussland, Türkei, Usbekistan, Ungarn, Irak, Argentinien und Katar haben beispielsweise seit Ende 1999 mindestens 1 Million Feinunzen Gold gekauft.

Sorge vor Sanktionsrisiko

Die Entscheidung der G7-Länder, Russlands Devisenreserven als Reaktion auf die Invasion in der Ukraine einzufrieren, dürfte ebenfalls dazu beigetragen haben, dass die Schwellenländer einen grösseren Teil ihrer Reserven in einer Form halten, die besser vor Sanktionen geschützt ist. Die von den Vereinigten Staaten, Grossbritannien, der Europäischen Union und Japan gleichzeitig verhängten Finanzsanktionen haben laut der Studie zu einem Anstieg des Volumens und des Wertes der Goldreserven geführt.

«Es gibt Anzeichen dafür, dass multilaterale Sanktionen dieser und anderer Länder einen stärkeren Einfluss auf den Anteil der in Gold gehaltenen Reserven haben als unilaterale Sanktionen», heisst es in der Studie. Letztere liessen Spielraum für die Umschichtung von Reserven in Währungen anderer Länder, die keine Sanktionen verhängten.