Der Schweizer Finanzplatz scheint auf dem richtigen Weg zu sein. Doch die jüngsten Razzien bei der Credit Suisse in Europa werfen Fragen auf, die auch Finma-Chef Mark Branson beschäftigen.

Iqbal Khan, der Chef der internationalen Vermögensverwaltung (IWM) der Credit Suisse (CS), zeigte sich gegenüber der Nachrichtenagentur «Bloomberg» über das Timing der Razzien von vergangener Woche überrascht, welche die Strafbehörden in drei europäischen Ländern in Büros der zweitgrössten Schweizer Bank durchgeführt haben.

Ähnlich war die Gefühlslage auch bei Mark Branson, dem Direktor der Finanzmarktaufsicht Finma, als er von der CS über den Vorgang informiert wurde. «Rechtzeitig», wie Branson am Dienstag in Bern an der Finma-Jahrespressekonferenz betonte.

Denn eigentlich hatte Branson gehofft, über positivere Themen zu sprechen als einen erneuten mutmasslichen Fall von Steuerbetrug mit Hilfe einer Schweizer Grossbank.

«Niemand mag negative Schlagzeilen»

In der Tonalität seiner Kommentare zum Fall «Credit Suisse» blieb der oberste Bankenaufseher der Schweiz verständlicherweise zurückhaltend: «Wir können nicht allzu viel zum Einzelfall sagen», war seine Einstiegsformulierung auf entsprechende Fragen der Journalisten. Vielleicht auch, weil die Schweizer Behörden nicht allzu viel wissen?

Jedenfalls wurde die Finma, wie auch die Bundesanwaltschaft nicht im Voraus von den Behörden in den Niederlanden, Frankreich und Grossbritannien über die Razzien informiert. Dies hätte im Falle der Finma auch verwundert, da die Strafverfolgungsbehörden den Regulator nicht automatisch  über ihre Ermittlungsaktivitäten in Kenntnis setzen, wie auch Branson zu bedenken gab.

Gleichwohl sagte er: «Niemand mag negative Schlagzeilen. Sie zeigen, dass die Aufarbeitung der Vergangenheit in der Vermögensverwaltungsbranche noch andauert.»

Rückschlag oder Fehlverhalten der Kundschaft?

Damit wollte Branson aber nicht gesagt haben, dass es ein Fall aus der Vergangenheit ist, welcher nun zu den Razzien geführt hat. «Ich kann das weder bestätigen noch verneinen», so der Direktor der Finma.

Die Ermittlungen der internationalen Steuerfahnder, welche Hinweisen auf Schwarzgeldkonten nachgehen, sind jedenfalls schnell zu einem Thema «Reputation des Finanzplatzes Schweiz und der Credit Suisse» geworden, ja unter dem Stichwort «Rückschlag» subsummiert worden.

Düstere Vergangenheit

In Erwartung von genaueren Erkenntnissen der Ermittlungsbehörden stehen drei Interpretationen im Raum:

1. Der Fall gehört zur «düsteren» Vergangenheit, als die Schweizer Privatbanken ihren Kunden keine Fragen zu stellen pflegten. In diesem Falle stünde die CS schlecht da, weil sie bei den Aufräumarbeiten diesen Fall übersehen hat oder die Compliance von eigenen Mitarbeitern düpiert worden ist.

2. Die Fälle sind trotz der Bemühungen der CS, nur «sauberes» Geld zu verwalten, aufgetreten. Dieser Fall wäre noch schlimmer für die CS. Hat sie doch wiederholt bekräftigt, dass sie nur versteuertes Geld von Kunden annimmt. Falls die Vorwürfe zutreffen, hätte die CS ein massiveres Compliance-Problem. Dies könnte auch die Finma dann plötzlich interessieren.

3. Die von ausländischen Medien und den rivalisierenden Finanzplätzen bevorzugte Variante: Es hat sich gar nie etwas geändert in der Schweiz. Die Regulierungsbemühungen sind ein Feigenblatt und die Banken horten schmutziges und unversteuertes Geld wie eh und je. Der unwahrscheinlichste wäre der schlimmste aller Fälle – ein Super-GAU für den Finanzplatz.

Paradigmenwechsel vollzogen

Finma-Direktor Branson ist denn auch überzeugt, dass der dritte Erklärungsversuch aus der Luft gegriffen ist und dass das Schweizer Private Banking die Umstellung sowohl auf dem Papier, als auch von der Einstellung her geschafft hat: «Wir haben den Paradigmenwechsel vollzogen, unter anderem mit dem automatischen Informationsaustausch AIA.»

Dennoch: Weder Umstellung noch Einstellung in den Schweizer Banken haben sich komplett geändert. Davon zeugen die Geldwäscherei-Aktivitäten von Schweizer Banken im Zusammenhang mit dem Korruptionsskandal um den malaysischen Staatsfonds 1MDB.

Drei Fälle – BSI, Falcon Private Bank und Coutts – hat die Finma im vergangenen Jahr erledigt und die Banken zur Verantwortung gezogen. Vier Untersuchungen sind laut Branson noch pendent. der Direktor der Finma weiss diese Vergeheneinzuordnen: «Diese Fälle aus der jüngsten Vergangenheit schaden dem Finanzplatz und seiner Reputation.»

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