Übers Osterwochenende nimmt die Postfinance ihre neue Kernbanken-Software in Betrieb. Damit wird sie bezüglich IT auf einen Schlag die modernste Schweizer Bank – doch es kann auch einiges schief gehen.

«Hase» Hansruedi Köng liefert zu Ostern ein Ei der Extraklasse aus. Wie der Chef der Postfinance am Montag vor Journalisten ausführte, wird das Institut über die Feiertage ihr neues Kernbankensystem in Betrieb nehmen. Ein gewaltiges Vorhaben, über dem die Post-Tochter seit dem Jahr 2011 brütet – und bei dem es kein Zurück gibt.

Entsprechend laufen die Vorbereitungen bei der Postbank auf Hochtouren. Rund 400 Mitarbeiter werden während vier Tagen rund um die Uhr in den Wechsel involviert sein. Die Osterferien, präzisierte Köng, sind für viele IT-Spezialisten gestrichen. Auch seine eigenen übrigens, denn als oberster Lenker des Instituts muss er bei Schwierigkeiten den letzten Entscheid fällen.

Fahrstunde auf der Autobahn

Dazu kann es durchaus kommen, wie die mit der Migration beauftragten Manager unumwunden zugaben. Denn die Migration auf die Software TCS Bancs des indischen Produzenten Tata Consultancy Services (TCS) ist mit rund 1 Milliarde betroffener Datensätzen so umfassend, dass sich niemals alle Eventualitäten berücksichtigen lassen.

«Wir haben uns auf Instabilitäten vorbereitet», versicherte Köng am Montag. Im selben Atemzug verglich er die neuen IT mit einem nagelneuen Auto, das gleich als Erstes auf die Autobahn gelenkt wird.

Dass dannzumal die Hände am Steuer und die Fahrer hellwach sind, dafür probt die Postfinance seit Monaten. 3'200 Mitarbeiter durchlaufen seit vergangenem Dezember eine Ausbildung und üben auf einem Schulungs-System. Hinzu kommen vier «Hauptproben», in denen die Migration komplett durchgespielt wird – inklusive Alarmanruf beim CEO. Zwei solche «dress rehearsals» sind schon durch, zwei weitere folgen noch.

150 Millionen Franken abschreiben

Das sei alles Standard-Prozedere bei Banken-IT-Migrationen, hiess es bei der Postfinance. Doch auch der beste Plan ist nicht sicher vor dem Zufall. Der Einsatz ist für die Postfinance gewaltig: Es geht um die Buchungsdaten von Privat- und Firmenkunden, rund 3 Millionen in der Schweiz. Nicht auszudenken, würden etwa Kontoinformation vertauscht und Zahlungen falsch verbucht. Der Entrüstungssturm nach der Datenpanne bei der Bank Coop im Jahr 2014 wäre in laues Lüftchen dagegen.

Dies nicht zuletzt, weil die Postfinance im letzten Jahr mit einer Reihe von Pannen in ihrem Online-Banking für Schlagzeilen sorgte. Beim wichtigsten Zahlungsverkehr-Dienstleister der Schweiz schaut die Öffentlichkeit ganz genau hin. Immerhin: Mit der neuen Kernbankensoftware sollen auch fehleranfällige Komponenten ausgewechselt werden.

Dann ist da der finanzielle Einsatz. Anfänglich auf 50 Millionen Franken veranschlagt, hat die Postbank mittlerweile rund 150 Millionen Franken für die Ablösung der IT bilanziert. Diese Summe wird von 2018 an über zehn Jahre hinweg abgeschrieben.

Zum Quartalsrapport bei der Finma

Vor allem aber ist die Postfinance, was die meisten anderen Schweizer Banken nicht sind: Systemrelevant. Entsprechend genau schaut die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) hin bei der Migration. Die IT-Verantwortlichen mussten der Behörde schon weit im Vorfeld vierteljährlich über das Projekt berichten.

Einiges auf dem Spiel steht auch für die beiden wichtigsten Partnern des Mammut-Projekts. So die Beratungsfirma Accenture, die gegen 100 Spezialisten dafür abgestellt hat, und die Software-Lieferantin TCS. Letztere ist mit 37 der rund 500 Schweizer Mitarbeiter am Berner Postfinance-Hauptsitz fix vor Ort und hat in Indien nochmals mehr als 100 Experten für das Unterfangen abkommandiert.

TCS, die in der Schweiz unter anderem die Börsenbetreiberin SIX, diverse Privatbanken sowie die UBS und die Credit Suisse bedient, wird künftig am Postfinance-Job gemessen werden. Im Guten wie im Schlechten.

Schub für die digitale Vermögensverwaltung

Im Guten hiesse, dass die Migration den Ansprüchen der Postfinance gerecht wird. Mit der neuen IT als Basis will sich die Postfinance als «digitales Powerhouse» etablieren und bis im Jahr 2020 die führende digitale Bank der Schweiz und unter den Top 10 der digitalen Banken Europas sein.

Zu Ostern würde die Postfinance ausserdem die anderen vier Schweizer Grossbanken technisch überholen. Diese werkeln an ihren eigenen Kernlösungen – oder setzen die Migration wie im Fall Raiffeisen in Abschnitten durch, was mehr Zeit in Anspruch nimmt.

Tatsächlich könnte der IT-Wechsel der Postbank die grossen Konkurrenten gar doppelt schmerzen. Die neue Software soll nämlich die Lancierung einer digitalen Vermögensverwaltung beschleunigen – und damit den Vorstoss ins Gärtchen von UBS & Co.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.63%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    19.2%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.54%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.41%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.22%
pixel