Der Bundesrat will das Kreditverbot für die Postfinance aufheben. Damit würde einiges auf die anderen Schweizer Banken zukommen. Das sind die wesentliche Punkte.

Es klang wie ein Hilferuf, als die Postfinance vor wenigen Tagen ihre Semesterzahlen vermeldete. In einer Mitteilung beklagte die Posttocher ein «markant tieferes» Halbjahres-Ergebnis und warnte im selben Atemzug: «Die negative Entwicklung entspricht aufgrund der anhaltenden Tiefzinsphase an den Geld- und Kapitalmärkten den Erwartungen und wird sich fortsetzen.»

Am (gestrigen) Mittwoch wurde der Hilferuf anscheinend erhört. Wie auch finews.ch berichtete, kam der Bundesrat zum Schluss, der Postfinance neu zu erlauben, Hypotheken und Kredite anzubieten. Das ist der Posttochter auch nach der Erteilung der Banklizenz 2013 verwehrt geblieben. Mit Blick auf die erodierenden Gewinne vollzieht der Bund als Eigner nun eine Kehrtwende. Er lässt eine Vernehmlassungsvorlage zu einer Teilrevision des Postorganisations-Gesetzes ausarbeiten, in dem das Kreditverbot bisher zementiert gewesen ist.

Irritation macht sich breit

Die Spitzkehre bei der Postbank kommt nicht ganz unerwartet. Vergangenen Mai hatte der Bundesrat angekündigt, bezüglich der Aufstellung der Postfinance über die Bücher zu gehen. Dass die Exekutive nun so rasch zu einer so radikalen Erkenntnis gelangt ist, überrascht jedoch etliche Banker, wie finews.ch erfahren hat.

Bereits macht sich Irritation in der Branche breit, die jahrelang erfolgreich für den Erhalt des Kreditverbots lobbyiert hat. Gerade den Inlandbanken mag die Aussicht auf eine neue, grosse Konkurrentin – noch dazu ein Staatsinstitut – gar nicht bekommen. Politischer Widerstand gegen den bundesrätlichen Entscheid vom Mittwoch ist deshalb programmiert.

Die Branche muss sich dennoch an den Gedanken gewöhnen, dass sich die Schweizer Bankenlandschaft nochmals grundlegend verändern könnte. Das sind die wesentlichen Punkte:

1. Drohender Preiskrieg im Hypogeschäft

Laut dem bundesrätlichen Communiqué soll der Eintritt der Postfinance ins Kreditgeschäft «in kleinen Schritten über mehrere Jahre hinweg erfolgen». Fällt das Kreditverbot tatsächlich, ist jedoch anzunehmen, dass der Markteintritt wesentlich schneller erfolgt. Ansonsten verspricht die Massnahme kaum Entlastung für die Postbank mit ihrer Bilanzsumme von über 120 Milliarden Franken.

Laut ersten Reaktionen in der Branche wird damit gerechnet, dass der Vorstoss der Postfinance ins Hypothekargeschäft über den Preis erfolgt. Dieses Vorgehen würde den Margendruck in diesem für die Schweizer Retailbanken zentralen Markt noch erhöhen; mittlerweile tummeln sich neben den Banken auch Pensionskassen, Versicherer sowie Fintechs in dem Feld. Selbst Institute, die seit Jahrhunderten Hypotheken verkaufen, kämpfen angesichts des Wettbewerbs mit Renditeproblemen.

Gegenüber der Zeitung «Tagesanzeiger» versprach Postfinance-Chef Hansruedi Köng, die Bank werde keinen «ruinösen Preiskampf» lostreten. «Wir wollen bei unseren Kunden auch mit Service-Qualität punkten», so Köng.

2. Der Immobilienmarkt bleibt heiss

Hypothekargeschäft und Immobilienpreise hängen untrennbar zusammen. Laut Beobachtern haben sich die Preise am hiesigen Häusermarkt zwar in den letzten Monaten etwas abgekühlt. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) taxierte den Immobilienmarkt in ihrem Stabilitätsreport vom vergangenen Juni jedoch als die vordringlichste Gefahrenquelle für das hiesige Finanzsystem.

Wenn die Bank mit den meisten Kunden – rund 3 Millionen von ihnen bedient die Postfinance in der Schweiz – ebenfalls Häuser zu belehnen beginnt, ist nicht anzunehmen, dass diese Gefahrenquelle rasch versiegt. Offen bleibt, ob SNB und Bankenaufsicht eine solche Entwicklung mit noch strengeren Vorgaben für die Kreditgeber kontern.

3. Der Kapitalmarkt darf eine neue Bank begrüssen

Vergibt die – notabene systemrelevante – Postbank neu Kredite, werden die Eigenkapital-Anforderungen an sie steigen. Laut Bundesrat muss die Postfinance das nötige Eigenkapital selber beschaffen, ohne staatliche Absicherung. Ein Weg dazu führt laut dem Bund über eine Öffnung des Aktionariats. Im Prinzip ist somit ein Börsengang (IPO) der Postfinance möglich. Der Bund würde eine Mehrheitsbeteiligung, ähnlich wie beim Telekom-Riesen Swisscom, behalten.

Der Kapitalmark müsste damit neben der UBS und der Credit Suisse eine weitere Schweizer Grossbank begrüssen. Mit Blick auf das transparente Geschäftsmodell der Posttochter und das sehr gute Bonitäts-Rating von AA+ seitens der Agentur Standard & Poor's ist durchaus anzunehmen, dass ein IPO Gefolgschaft an der Börse findet.

Das würde generell zu einer Bereicherung des Investment-Angebots beitragen. Bezüglich des Kurspotenzials können indes nur Vermutungen angestellt werden. Schweizer Grossbanken-Aktien waren für Investoren in den letzten zehn Jahren ein schlechtes Geschäft; der Wert der Swisscom-Aktie legte in diesem Zeitraum um ein Viertel zu.

4. Vermögensverwalter müssen sich vorsehen

Die Postfinance will bis 2020 zum «digitalen Powerhouse» mutieren. Zumindest angedacht sind in diesem Rahmen digitale Vermögensverwaltungs-Angebote; Ende nächsten Jahres könnten sich erste Produkte manifestieren, wie finews.ch recherchierte. Angesichts der grossen Kundenbasis der Posttochter ist ein solcher Vorstoss durchaus ernst zu nehmen. Dies umso mehr, falls das Institut dank dem Wegfall der Kreditverbots mehr Luft bekommt, um sich in der Vermögensverwaltung zu positionieren.

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