Guy Lachappelle ist wie erwartet neuer Verwaltungsratspräsident von Raiffeisen Schweiz. Er startet seinen Job ohne richtigen CEO. Von Patrik Gisel ist man in der Genossenschaftsbank nun enttäuscht.

Ohne Gegenkandidat war Guy Lachappelle (Bild unten) zur Wahl zum Raiffeisen-Verwaltungsratspräsidenten angetreten. Entsprechend haben 163 Delegierte der Raiffeisenbanken am Samstag an ihrer ausserordentlichen Versammlung in Brugg den ehemaligen CEO der Basler Kantonalbank mit überwältigendem Mehr gewählt, wie Raiffeisen mitteilte.

Guy Lachappelle

In den Raiffeisen-Verwaltungsrat haben die Delegierten zudem die bereits nominierten Karin Valenzano Rossi, Andrej Golob, Thomas A. Müller und Beat Schwab gewählt. Damit hätten die Delegierten ein klares Votum für die Erneuerung abgegeben, so Raiffeisen.

Einer kam gar nicht

Da an der Wahl Medien nicht zugelassen waren, lässt sich sagen, ob diese für Raiffeisen so wichtige Versammlung ohne grosse Misstöne vonstatten gegangen ist.  Einer, der diese Misstöne hätte provozieren können, liess sich am Samstag nicht mehr blicken: Patrik Gisel hatte noch am späten Freitagabend seinen sofortigen Rücktritt als CEO eingereicht. Eigentlich hätte er bis Ende Jahr bleiben wollen.

Doch seine verheimlichte Liebschaft mit Laurence de la Serna, sie war diesen Sommer als Raiffeisen-Verwaltungsrätin zurückgetreten, war schliesslich zu viel des Guten gewesen. Pascal Gantenbein, der sein Interims-Präsidentenamt nun Lachappelle überlässt, sagte vor Journalisten, man sei von Gisels Verhalten enttäuscht.

Geschäftsleitung leert sich

Lachappelle ist nun Präsident in einem Haus, das zurzeit keinen echten Chef hat. Denn der stellvertretende CEO Michael Auer, der für Gisel nun einspringt, wird Raiffeisen verlassen, sobald ein neuer Vorsitzender der Geschäftsleitung gefunden ist.

Der frisch gewählte Präsident sagte: «Ich werde meine Führungsaufgabe mit aller Konsequenz wahrnehmen und alles daransetzen, die Raiffeisen Gruppe in eine erfolgreiche Zukunft zu führen.» Der 57-Jährige wird das letzte Wort haben, wenn es um die Bestimmung des neuen operativen Chefs geht. Offenbar ist das Feld der möglichen Kandidaten bereits eng begrenzt.

Neues Team zusammenstellen

Was das Personal betrifft, ist die die Bereinigung von Altlasten aus Ära von Ex-CEO Pierin Vincenz somit weit fortgeschritten: Präsident und Verwaltungsrat sind bestimmt, Gisel mit seiner vorbelasteten Vergangenheit hat den Chefposten geräumt, sein Stellvertreter, der sieben Jahre lang unter Vincenz gearbeitet hatte, wird dies auch tun. Lachappelle wird ein neues operatives Führungsteam zusammenstellen müssen.

Die Delegiertenversammlung fand somit ganz im Zeichen eines Neubeginns statt. Raiffeisen hat nicht nur durch die möglicherweise gesetzwidrigen Handlungen von Vincenz einen erheblichen Reputationsschaden erlitten. Die Genossenschaftsbank ist in ihrem Zusammenhalt stark erschüttert, nachdem durch den Enforcementbericht der Finma deutlich geworden ist, wie gross das Versagen des Verwaltungsrates und der Geschäftsleitung bezüglich Corporate Governance und der Beaufsichtigung und Kontrolle von Vincenz war.

Reformieren, modernisieren

Nun will sich die Raiffeisen Gruppe reformieren und modernisieren. Es wird einerseits darum gehen, die operative Macht der Raiffeisen Schweiz wieder vermehrt an die Banken und Verbände zu delegieren.

Zudem dürfte Raiffeisen Schweiz sich wohl in eine Aktiengesellschaft wandeln. Ein Traktandum an der Delegiertenversammlung war auch das Vergütungssystem des Verwaltungsrates. Die Revision sieht nun Pauschalen anstatt der Sitzungsgelder und Spesen vor. Dadurch resultiert ein rund 25 Prozent tieferes Salär für die Verwaltungsräte – und Lachappelle dürfte für sein 100-Prozent-Pensum rund 750'000 Franken verdienen.

Wenig Neues hatte Bruno Gehrig, der Chef der laufenden internen Untersuchung, den Delegierten zu berichten. Seine bisherigen Untersuchungsergebnisse würden die Beurteilung der Finma bestätigen. Weitere Details machte Gehrig nicht öffentlich, was offenbar der Wunsch der Zürcher Staatsanwaltschaft war, welche das Strafverfahren gegen Vincenz führt.

 

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