Ja, das hat es schon gegeben.

Manche Banken kaufen Innovationen anstatt sie selber zu entwickeln. «Make or Buy» – wie hält es Vontobel damit?

Sie erhalten eine differenzierte Antwort: Im Unterschied zu heute bestand früher Bankentechnologie aus relativ starren Systemen, mit denen ein Kunde nie in Berührung kam, und die notabene auch heute noch teilweise in Verwendung sind.

Heute und vor allem auch in der Zukunft werden sich technologische Anwendungen aber deutlich in den Kundenbereich verschieben, so dass wir davon ausgehen, in fünf Jahren eine grössere Anzahl von Entwicklern bei Vontobel zu beschäftigen als heute.

«Künstliche Intelligenz ist keine neue Technologie»

Allein in Anbetracht der rasanten Entwicklungszyklen macht es Sinn, internes Know-how aufzubauen und IT-Personal zu beschäftigen, welches ganz nah am Bankgeschäft ist. Wir haben uns auch darum entschieden, ein Team mit Spezialisten in der Cloud, für Künstliche Intelligenz und Big Data aufzubauen.

Was uns zum Vorteil gereicht: Wir werden eine auf uns abgestimmte Anzahl von Technologien und Plattformen einsetzen, da wir uns ausschliesslich auf unser Kerngeschäft fokussieren.

Sind es die technologischen Möglichkeiten, oder sind es die Kunden, die die Banken antreiben?

Es sind immer die Kunden. Wir machen nichts, nur weil es technisch machbar ist. Technologie soll in erster Linie ein Werkzeug zur Erfüllung der Kundenbedürfnisse sein.

Zum Beispiel Künstliche Intelligenz?

Sehen Sie, Künstliche Intelligenz ist in dem Sinne keine neue Technologie oder ein Paradigmenwechsel, sondern eine lang anhaltende wissenschaftliche Entwicklung, die nun Quantensprünge vollziehen kann.

Warum?

Weil die neue Cloud-Infrastruktur bisherige technologische Restriktionen aufgehoben hat. Sie hat Performance- und Skalierungsgrenzen schlicht pulverisiert. Das ist der Paradigmenwechsel in einer beeindruckenden Geschwindigkeit...

Können Sie ein Beispiel geben?

Wenn einer unserer IT-Mitarbeiter früher eine neue Datenbank aufsetzen wollte, war das ein Prozess, der mit Antrag, Prüfung, Bewilligung und Ausführung etwa eine Woche dauerte. Ich persönlich fand das bislang jedoch recht speditiv.

In einer heutigen Cloud-Infrastruktur kann eine Datenbank aber mit einer Zeile Code erstellt werden und zwar in wenigen Minuten. Die zweite gewaltige Veränderung: Wir verfügen plötzlich über riesige Datenmengen, die mit der heutigen Rechenpower auch zu bewältigen ist.

Wo stehen mit Ihrer Absicht, Vontobel zu einem Ökosystem an Dienstleistungen zu verwandeln?

Es ist nicht unser Ziel, Kunden eine unendliche Anzahl an Technologien zur Verfügung zu stellen. Die 360-Grad-Abdeckung von Bedürfnissen eines typischen Schweizer Bankkunden kann ohnehin niemand im Alleingang erfüllen.

«Alle radikalen Ansätze für einen Kulturwandel halte ich heute für falsch»

Unser Fokus liegt mehr darauf, innerhalb dieses 360-Grad-Radius' Punkte zu finden, wo wir mit unseren Dienstleistungen konkreten Kundennutzen stiften können. Das Ziel mit dem Aufbau eines Ökosystems lautet also eher, zusammen mit ausgewählten Partnern den Kunden einen «Erfahrungsraum» bereitzustellen.

Wie bewerkstelligen Sie eine so massive Transformation in den Köpfen der Vontobel-Angestellten?

Wir werden die Art und Weise, wie wir arbeiten und wie wir uns intern organisieren, immer weiterentwickeln. So haben wir uns bereits in den vergangenen knapp 100 Jahren permanent verändert. Und trotzdem ist Vontobel immer Vontobel geblieben.

Alle radikalen Ansätze für einen Kulturwandel halte ich auch heute für falsch. Bei aller Faszination für Digitalisierung: Wir dürfen nie vernachlässigen, dass wir ein hervorragendes Unternehmen mit exzellenten Dienstleistungen sind.

«Wir investieren viel Geld in unsere Campus-Strategie»

Auch Uber nützt die beste «User Experience» nichts, wenn das Auto nach 200 Meter Fahrt einen Achsenbruch erleidet. Exzellenz ist die Basis, auf der wir intern Kooperationen schmieden, um je nach Kundengruppe Kompetenzen zu bündeln.

Dabei ist es wichtig, an effektiven Aufbauorganisationen festzuhalten und gleichzeitig informelle Räume zu schaffen, damit die Anspruchsgruppen oder Spezialisten miteinander interagieren können. Aus diesem Grund investieren wir weiterhin viel Geld in den Aufbau einer Campus-Strategie, die auch die räumlichen und kulturellen Voraussetzungen schafft, um Interaktion zu ermöglichen.

Banken betonen häufig ihre Kultur der Meritokratie – das Individuum wird für seine Leistung belohnt. Wie passt das zur Kollaborationskultur in einem Ökosystem?

Ich kann Ihnen versichern, wir setzen uns intensiv mit der Führungskultur und den Prozessen in Technologiefirmen auseinander. Wir haben auch einige Leute aus solchen Unternehmen engagiert.

Es wäre jedoch falsch zu glauben, dass im Silicon Valley alle zusammenarbeiten und lieb miteinander sind und die Welt verbessern. Individuelle Leistung und Zusammenarbeit sind kein Widerspruch. Entsprechend sind Meritokratie und Leistungsorientierung auch in einer Welt möglich, in der über verschiedene Spezialistengruppen hinweg gemeinsame Ziele verfolgt werden.


Der 50-jährige Zeno Staub arbeitet seit 2001 bei Vontobel und ist seit Mai 2011 CEO der traditionsreichen Zürcher Bank. Er studierte und promovierte an der Universität St. Gallen und arbeitete während und nach seiner Ausbildung in der Informatik. Er war unter anderem Gründungsaktionär der Firma Almafin sowie später Mitglied der Geschäftsleitung von Martin Ebners BZ Informatik.

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