Jason Chandler ist der stille Aufsteiger im Wealth Management der UBS und der wichtigste Banker im Team Khan/Naratil. Eigentlich wollte er Fussballer und Lehrer werden. Heute umwirbt er die reichsten Menschen Amerikas.

Jason Chandler ist einer der mächtigsten Private Banker der Welt: Der USA-Chef im UBS Wealth Management gebietet über 6'500 hoch bezahlte Kundenberater und verantwortet mehr als 1,2 Billionen Dollar an Kundengeldern – rund die Hälfte aller Assets der UBS.

Seit 17 Monaten leitet Chandler die Geschicke der mit Abstand grössten Geschäftseinheit im Global Wealth Management der UBS – aber hierzulande nimmt man den 49-Jährigen kaum wahr.

In den USA werden wie in Asien

Im Team unter der Co-Wealth-Management-Spitze mit Tom Naratil und Iqbal Khan ist Chandler derzeit der wichtigste Mann: Er ist Dreh- und Angelpunkt der Absicht der UBS, nach Asien auch in den USA die Bank der Superreichen zu werden.

Chandlers Karriereplan sah zunächst anders aus: Nachdem er die High School in einem Vorort von Denver im US-Bundesstaat Colorado abgeschlossen hatte, erhielt er ein Fussball-Stipendium an der Universität von Richmond in Virginia. Wie eigentlich alle in seiner Familie, habe auch er vorgehabt, Lehrer zu werden, sagte Chandler kürzlich gegenüber dem US-Finanzmagazin «Barron's».

Anstatt Fussballtraining ein Wirtschaftsstudium

Weil sein Stundenplan sich aber nicht mit dem Fussballtraining vereinbaren liess, musste er sein Studium mehr in Richtung Betriebswirtschaft ausrichten – was sich als wegweisende Entscheidung entpuppte.

Ein Angebot von Paine Webber als Trainee nahm er an, und blieb dem Unternehmen treu (wie sein Chef Naratil), als es von der UBS aufgekauft wurde. Mit der Anfang 2018 erfolgten Zusammenlegung des US-Geschäfts mit dem übrigen globalen Wealth Management der UBS sollte auch eine Vereinheitlich der Strategie erfolgen. Das war in der Praxis deutlich schwieriger als auf dem Papier.

Mehr Beratungsgebühren

Doch die Vereinheitlichung nimmt nun Formen an. Wie in Asien, in Lateinamerika oder in der Schweiz will die UBS in den Vereinigten Staaten die Bank der Superreichen und Unternehmerfamilien werden, die auch Dienstleistungen aus der Investmentbank beziehen.

Das Vorhaben der UBS rechtfertigt sich umso mehr im lukrativsten Wealth-Management-Markt der Welt: Die USA sind Heimat der meisten Milliardäre überhaupt und das Wachstum der Vermögen der Superreichen lag bis anhin im oberen einstelligen Prozentbereich.

Es liegt nun an Chandler, der Vater von drei Teenager-Mädchen ist, zu beweisen, dass die rund 6'500 UBS-Advisors nicht nur mit Brokerage Umsatz scheffeln, sondern auch Gebühren durch Beratungsdienstleistungen einnehmen können.

Wie Robert McCann

«Wealth Management ist ein dauerhaftes Geschäft», sagte Chandler im vergangenen Jahr in einem Interview mit der Nachrichtenagentur «Bloomberg». «Ich glaube nicht, dass es Amazon-ed, Uber-ed oder Airbnb-ed werden kann.» Es sei ein Geschäft, in dem die Kundenbeziehung zähle sowie die spezifische und individiuelle Beratung.

Chandler erinnert in seinem Kommunikationsstil und mit seinem Charisma an Robert «Bob» McCann, dem heutigen Chairman von UBS Americas. 

Angesichts des schweren konjunkturellen Rückschlags in den USA durch die Coronapandemie sind die Herausforderungen für ihn noch höher, die seit Khans Antritt bei der UBS verfeinerte Wealth-Management-Strategie umzusetzen.

Die Konkurrenz verdient deutlich mehr

Der wunde Punkt im US-Geschäft der UBS ist die Profitabilität – und diese wird im laufenden Jahr massiv leiden. Zu Beginn des Jahres wollte Chandler die Umsatzziele erhöhen, welche die Kundenberater für eine bestimmte Auszahlungsquote erreichen müssen. Doch die Corona-Pandemie machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Die Anpassung erfolgt nun frühestens im kommenden Herbst.

Auch wenn Chandler zuletzt die Cost-Income-Ratio in seiner Einheit senken konnte, lag sie nach dem ersten Quartal 2020 noch immer bei 83,1 Basispunkten – deutlich höher als die 72,4 Basispunkte im gesamten Wealth Management der UBS. Chandlers grösster Konkurrent im US-Markt, Morgan Stanley, erreichte im ersten Quartal ebenfalls 73 Basispunkte, was heisst, dass die Grossbank 27 Cents auf einen Dollar Umsatz verdient.

Personalrochaden für den Superreichen-Push

Chandler war seine ganze Karrriere im US-Markt tätig. Nur für kurze Zeit war er Co-Leiter der inzwischen aufgelösten Einheit Investment Products and Solutions (IPS). Diese war der erste Versuch der UBS gewesen, Produkte aus der Investmentbank auch an Vermögensverwaltungskunden zu verkaufen.

Seit der Auflösung von IPS und der Etablierung des Global Family Office hat die UBS weitere personelle Rochaden vorgenommen, um den US-Vorstoss ins Superreichen-Geschäft zu unterstützen.

So wechselte vor rund fünf Monaten mit Reinhardt Olsen ein Top-Investmentbanker in New York ins Wealth Management. Zu Beginn des Jahres erhielt der Top-Technologie-Investmentbanker der UBS in San Francisco, Paul Crisci, die Leitung einer neuen Einheit, in der Privatmarkt-Anlagen der Klientel zugänglicher gemacht werden soll.

Lending komplementär zur Beratung

Im Lending, also bei Kreditgeschäften mit vermögenden Privatkunden, ist Chandler ebenfalls aggressiver geworden. Das Kreditbuch wuchs in den vergangenen zwei Jahren um 5,5 Milliarden Dollar – was immer noch ein tiefes Niveau ist. Etwas mehr als 5 Prozent der US-Kunden der UBS haben auch Kredite offen.

Chandler hält diesen Ausbau komplementär zur Beratung. «Unsere vermögende Kundschaft will Flexibilität: Wenn sie etwas kaufen wollen, sollen sie es kaufen können», sagte Chandler. «Der Zugang zu Krediten ermöglicht diese Flexibilität.»

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