Nicht nur Siri und Alexa hören auf Frauennamen. Auch die Finanzbranche setzt auf Chatbots mit weiblichen Stimmen und Avataren – was durchaus heikel ist.

«Schöne Frau, die zum Sieg führt»: Das bedeutet der Namen Siri in der Sprache der alten Wikinger. Der Chatbot Siri, der heute millionenfach auf Fragen der Nutzer von Apple-Geräten antwortet, spricht zumindest mit weiblicher Stimme. Das ist Programm in der Tech-Branche, wo Siri auf Schwestern wie Alexa (Amazon) und Cortana (Microsoft, Namensgeberin ist eine Figur aus dem Computer-Game Halo) trifft – und färbt auch aufs Fintech-Fach ab.

So setzt die in der Schweiz aktive britische Neobank Revolut im Kundenkontakt auf Chatbot Rita, während bei der Grossbank Credit Suisse (CS) seit 2018 Amelia unter anderem Kundenberatern mit Fachwissen aus der Patsche hilft. Der Avatar der Roboter-Dame ist dabei blond und im adretten Deux-pièce dargestellt – just so, wie man(n) sich eine Empfangsdame bei der Bank vorstellt.

Halo 500

(Bild: Cortana im Game Halo, Werbung)

Stereotyp des Dummchens

Für das Rollenverständnis von Frauen in der Finanzwelt sind die femininen Bots problematisch, wie das britische Finanzportal «Financial News» (Artikel bezahlpflichtig) feststellt. Der Bericht verweist dabei unter anderem auf einer wissenschaftlichen Studie im Auftrag der Uno-Organisation für Erziehung, Wissenschaft und Kultur Unesco aus dem Jahr 2019. Diese gelangte zum Schluss, das «weibliche» Chatbots das Bild vermitteln können, Frauen seien stets glücklich, gefügig und würden nichts lieber tun, als Wünsche zu erfüllen.

Das Vorgehen der Algorithmen hinter den Bots kann zudem das Stereotyp des weiblichen Dummchens zementieren. Die Chatbots arbeiten sich von ganz einfachen Fragen zu komplexeren Sachverhalten hoch und vermitteln damit teils gleich zu Anfang der Interaktion völlige Unwissenheit.

Männer entwickeln Chatbots für Männer

Sinnigerweise ist die Tech- gleich wie die Fintechwelt von Männern dominiert. Auch in der Schweiz nutzen meist Männer die trendigen Finanz-Apps, und in der Fintech-Szene sind Frauen rar. Laut einer Ergebung des Magazins «Sifted» vom vergangenen Mai ist nur jedes fünfte Geschäfstleitungs-Mitglied von europäischen Fintechs weiblich. In der Schweiz dürften die Verhältnisse ähnlich aussehen.

Im hiesigen Banking sind die Verhältnisse noch prekärer. In einer aktuellen Erhebung stellte die Hochschule Luzern fest, dass von 74 untersuchten Schweizer Regionalbanken nur zwei eine weibliche CEO aufweisen. Bei der Amelia-Nutzerin CS beträgt das Verhältnis im Management und Verwaltungsrat 9:3 und 10:3 zugunsten der Männer.

Mit anderen Worten: Männer nutzen digitale Finanz-Angebote von Männern, die aber in Gestalt von Frauen daherkommen. Wobei fairerweise anzumerken ist, dass es mit Jennifer Hewit eine Frau gewesen ist, die Amelia CS-intern mit propagierte.

Machbarkeit im Vordergrund

Die Erklärungen, warum Chatbots so oft weiblich sind, überzeugen dabei wenig – sie sind es einfach, basta. finews.ch befragte 2018 den Amelia-Entwickler Chetan Dube zu seiner Schöpfung, die er nach der US-Flugpionierin Amelia Earhart benannt hatte. Der Mathematikprofessor hielt das Geschlecht des Avatars für nebensächlich. Ihm geht es um die Interaktion zwischen Mensch und Maschine: «Wenn Menschen das Gefühl haben, dass Amelia sie wirklich versteht, und sei keine Umleitung zu einem Menschen mehr brauchen: dann haben wir unser Ziel erreicht», so Dube damals.

Wenn aber die Machbarkeit im Vordergrund steht und die Beförderung von Stereotypen einfach hingenommen wird, muss sich die Branche nicht wundern, wenn sie unter Sexismus-Verdacht gerät.

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