Im Berufungsprozess in Paris berichten Ex-UBS-Banker, wie sie mit wohlhabenden Franzosen auf die Jagd gingen. Dabei hatte man bei der Grossbank offenbar mehr Angst vor den Flinten als vor dem Fiskus.

Noch bis am 24. März stehen sich die UBS und der französische Staat in einem Berufungsprozess in Paris gegenüber. Der Einsatz für die Schweizer Grossbank ist kolossal.

Es geht um 3,7 Milliarden Euro plus 800 Millionen Euro an Strafzahlungen, zu denen das Institut in erster Instanz verdonnert wurde: Im Februar 2019 hatte ein Pariser Gericht die UBS des Steuerbetrugs, der Geldwäsche und der unerlaubten Akquise von Kunden auf französischem Staatsgebiet für schuldig befunden – Vorwürfe, welche die Schweizer nun erneut und vehement bestreiten.

Berüchtigte Milchbüchlein

Am (gestrigen) Montag ging das Gericht der Frage der unerlaubten Kundenwerbung nach, und bot dazu diverse Ex-UBS-Banker auf. Diese liessen die Praktiken der Nullerjahre nochmals passieren, wie die Agentur «AFP» berichtete. Erneut war von den berüchtigten «Milchbüchlein» die Rede, Notizbüchern, in denen die Bank angeblich eine parallele Buchhaltung ihrer steuerflüchtigen Kunden geführt hatte.

Zur Sprache kamen aber auch die zahlreichen Events, mit denen die UBS zwischen 2004 und 2012 ihr Kundenbuch in Frankreich zu erweitern hoffte: Soiréen in der Oper, Golfturniere – und Jagdausflüge.

Auf zwei Partien dabei

An zwei solche Partien in den Jahr 2004 und 2005 erinnerte sich Hervé d'Halluin, vormals Bürochef der UBS in der nordfranzösischen Stadt Lille. Die Pirschen seien vom Schweizer Konzern finanziert worden, bei der Organisation sei auch ein Kundenberater aus der Schweiz involviert gewesen. Das Ziel damals: den Besitzer der Domäne, einen reichen Franzosen, zum Bankkunden zu gewinnen.

D’Halluin erklärte allerdings, dass Jagdausflüge bei der Führung der UBS Frankreich nicht sehr beliebt gewesen seien. Dort habe man sich vor Jagdunfällen gefürchtet – denn diese hätten sich nicht nur für die Betroffenen, sondern wohl auch fürs Private Banking des Schweizer Instituts verheerend auswirken können.

400 Todesopfer in zwanzig Jahren

Die Furcht war offensichtlich nicht unbegründet. Einer offiziellen Statistik aus dem Jahr 2019 zufolge kam es in Frankreich in den letzten 20 Jahren zu mehr als 2’792 registrierten Jagdunfällen mit 410 Todesopfern – die Jagd erwies sich damit im Nachbarland als eine grössere Gefahr als der Terrorismus. Dass davor auch Prominente nicht gefeit sind, erwies sich 2006 in den nicht minder Jagd-begeisterten USA: Damals schoss der Vizepräsident Dick Cheney in Texas bei der Wachteljagd im US-Bundesstaat Texas einem Jagdfreund in Gesicht und Brust, was weltweit für Schlagzeilen sorgte.

Allerdings musste sich die Schweizer Grossbank etwas einfallen lassen, wollte sie in Frankreich zu vermögenden Kunden kommen. Wie Patrick de Fayet, ehemaliger Leiter des UBS-Frontoffice im Nachbarland, am Montag vor Gericht ausführte, sei es schwierig gewesen, an das «alte Geld» heranzukommen. Denn das lag längst schon bei der einheimischen Konkurrenz.

Stattdessen mussten durch Firmenverkäufe, Erbschaften oder auch durch einen Lottogewinn reich gewordene Franzosen abgeholt werden. «Das war unser Geschäftsmodell», so de Fayet.

«Ich war nicht Zeuge davon»

De Fayet wie D’Halluin bestätigten zudem, dass UBS-Banker aus der Schweiz in Frankreich unterwegs gewesen waren. «Das ist kaum ein Scoop», sagte D’Halluin dazu am Berufungsprozess. Dass die Schweizer Kollegen dabei illegalen Praktiken nachgegangen waren, wollte er nicht bestätigen. «Vielleicht – aber ich war nicht Zeuge davon.»

Letztere Aussage ist wohl hilfreich für die UBS und ihr hauseigenes Legal-Team um UBS-Chefjurist Markus Diethelm, das in Paris zusätzlich von externen Anwälten und Beratern unter der Leitung von Anwalt Hervé Temime unterstützt wird. Das Urteil im Berufungsprozess wird erst in drei Monaten erwartet. Auch dieses Verdikt liesse sich an eine höhere Instanz weiterziehen.

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