Die Schlagzeilen rund um den Präsidenten der Credit Suisse reissen nicht ab. Ganz offensichtlich tut sich António Horta-Osório schwer mit Schweizer Begebenheiten. Damit zeichnet sich erneut ein Muster ab bei der Grossbank, findet finews.ch.

Ein neuer Tag, ein neuer Nadelstich gegen António Horta-Osório. Nach den Enthüllungen über den Quarantäne-Verstoss des Präsidenten der Credit Suisse (CS) und seines Zwischenstopps auf den Malediven stellt nun das Boulevard-Blatt «Blick» die Frage, ob der Top-Banker in der Schweiz ein Scheindomizil vorschiebt. Derweil berichtete die britische Zeitung «Financial Times», dass der hochrangige CS-Banker Eric Varvel das Institut verlassen könnte – dies auch wegen des «Stils» seines Präsidenten.

Der «City» verbunden

Die Demontage von «AHO», wie manche bei der CS den obersten Aufseher nennen, ist demnach in vollem Gang – zuungunsten des Unternehmens selber, wie finews.ch kürzlich bemerkte. Unweigerlich fühlt man sich als Beobachter an das Geschick des vormaligen CS-Chef Tidjane Thiam erinnert, der nach fünf Jahren im Amt Anfang 2020 bei der zweitgrössten Schweizer Bank ausschied. Mit Horta-Osório hatte er das Los des Aufräumers gemein, der von aussen her zum Institut stösst, der Schweiz merkwürdig fremd bleibt und unter mediales Trommelfeuer gerät.

Thiam wie Horta-Osório stiessen von einem britischen Finanzkonzern zur CS. Sie beide – Thiam ein gebürtiger Ivorer, Horta-Osório stammt aus Portugal – fanden in der Londoner «City» eine neue Heimat. Beide sind der Finanzmetropole an der Themse stark verbunden geblieben, selbst als sie schon längst die noblen Büros am Zürcher Paradeplatz bezogen hatten. Der CS-Präsident wurde dieses Jahr von der britischen Queen zum Ritter geschlagen und zeigte sich zum Investorentag vom vergangenen November (in London) mit Mohnblume am Revers, wie es sich für Briten gehört.

Mit Zweispitz am Umzug

In der Schweiz, wo er mit viel Vorschusslorbeeren empfangen wurde, tut er sich offensichtlich schwerer mit kulturellen Eigenheiten. Auf der Höhe der fünften Corona-Welle im Land gegen die Quarantäne-Pflicht zu verstossen, ist ein unverzeihlicher Fauxpas. Auch Unklarheiten um den Wohnsitz kommen in der von intensivem Steuerwettbewerb geprägten Eidgenossenschaft nicht gut an. «Scheindomizile tolerieren wir nicht», zitierte der «Blick» den Leiter des Amts für Wirtschaft des Kanton Schwyz.

Auch Thiam weckte bei seiner Ankunft bei der CS im Jahr 2015 hohe Erwartungen; er machte sich unverzüglich an die Transformation der Grossbank, er radebrach auf Deutsch und parlierte gewandt mit den Romands; zum Sechseläuten in Zürich setzte er sich einen Zweispitz auf (Bild unten) und spielte mit dem Gedanken, Schweizer zu werden. Gleichzeitig umgab er sich aber mit einem Zirkel von Getreuen aus seiner Londoner Zeit und schien sich angesichts diverser Rückschläge zusehends vom hiesigen Finanzplatz zu entfernen.

Die Verheimlichungen im Spygate-Skandal und der versuchte Aufstand gegen den CS-Verwaltungsrat besiegelten schliesslich das Ende seiner Karriere bei der Bank.

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(Bild: Keystone)

Pushback aus der Investmentbank?

Der Ex-CEO wie der aktuelle CS-Präsident schienen und scheinen mit ihrem Verhalten «Zwischen den Welten» in der Schweiz zu sein, um den bekannten Film von Sofia Coppola mit Bill Murray in der Hauptrolle zu zitieren. Dies notabene, während ausländische Finanzprofis wie UBS-Präsident Axel Weber oder Zurich-Chef Mario Greco trotz Ecken und Kanten nie solche Mühen bekundeten.

Natürlich: Thiam wie nun auch Horta-Osório brachen und brechen bei der CS alte Strukturen auf und treten dabei so manchem auf die Füsse. Die neue Strategie des Präsidenten wirbelt das Institut durcheinander. Wo neue Posten vergeben werden, wird auch so manche und mancher übergangen. Wie der Bericht der «Financial Times» anklingen lässt, könnte erneut ein «Pushback» aus der Investmentbank kommen, dem alten Machtzentrum der CS, dessen Geschäfte nun nochmals zurückgestutzt werden.

Neues Verständnis für Eigenheiten

Eifrig spekuliert wird in der hiesigen Finanzszene auch darüber, ob die scheinbare Konterkampagne gegen AHO von ausserhalb der Bank orchestriert wird.

Doch es gibt mittelfristig Hoffnung auf Entspannung rund um ausländische Top-Banker am Schweizer Finanzplatz. So stossen nun auch Personen in Schlüsselpositionen vor, die an angelsächsisch geprägten Finanzzentren Karriere machten, aufgrund ihrer Herkunft aber ein gutes Gespür für europäische (und Schweizer) Eigenheiten erhoffen lassen. Bei der UBS ist dies etwa der designierte Präsident Colm Kelleher, ein Ire mit Wall-Street-Vergangenheit, sowie die französisch-amerikanische designierte Finanzchefin Sarah Youngwood. Bei der CS ist jüngst der Österreicher Christian Meissner an der Spitze der Investmentbank bestätigt worden.

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