Zahlreiche Konzerne haben sich aus Russland zurückgezogen. Wer nicht geht, gerät zusehends in die Kritik – das müssen sich auch hiesige Banken vergegenwärtigen.

Die propagierte Solidarität mit der Ukraine ist in der Unternehmenswelt riesig. Hunderte westlicher Konzerne haben sich mittlerweile als Reaktion auf die Invasion in der Ukraine aus Russland zurückgezogen oder ihre Geschäftstätigkeiten da eingestellt oder eingeschränkt – selbst wenn dies zu Umsatz- und Gewinneinbussen geführt hat.

Einer viel beachteten Auswertung der amerikanischen Yale School of Management zählen aktuell über 400 multinationale Grossunternehmen in dieses Lager.

Unterteilung in Gut und Böse

Die vom US-Forschungsteam erstellte Tabelle hat sich zu einer Art «Good-or-Bad»-Liste entwickelt. So wollen Grosskonzerne eher nicht auf der Liste der «Unternehmen, die mit erheblichem Engagement in Russland verbleiben» landen. Trotz des Exodus internationaler Gesellschaften gibt es diese «Hall of Shame», wie sich Yale-Professor Jeffrey Sonnenfeld und sein Kollege Steven Tian in amerikanischen Medien äussern.

In der Yale-Liste der Unternehmensreaktionen auf Russlands Einmarsch in der Ukraine sind damit Konzerne gemeint, die sich «Forderungen nach einem Rückzug oder einer Reduzierung ihrer Aktivitäten widersetzen».

In der schlechtesten von fünf Kategorien, in die Unternehmen eingeteilt werden, führt die renommierte US-Wirtschaftsschule unter anderem die Grossbank Credit Suisse (CS) auf. Erst letzte Woche sagte CEO Thomas Gottstein, die Grossbank habe bislang noch keine Entscheidung über ihre Aktivitäten in Russland getroffen.

Credit Suisse in Gesellschaft

Unter den europäischen Finanzinstituten steht die CS allerdings nicht allein da: Als Institute, die ihre Aktivitäten bislang nicht eingeschränkt haben, werden auch die beiden französischen Grossbanken BNP Paribas und Société Générale sowie aus Österreich die Raiffeisen International genannt.

Aus der Schweizer Unternehmenswelt rangieren neben der CS der in Zug beheimatete Rohstoff-Konzern Glencore und das Sanitärunternehmen Geberit in dieser zunehmend exponierten Kategorie. Sie befinden sich in Gesellschaft mit ausländischen Konkurrenten wie Astrazeneca, Elsevier, Renault oder Koch Industries.

Nestlé in der Kritik

Unternehmen, die weiterhin in oder mit Russland wirtschaften, geraten zusehends in die Kritik. Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski kritisierte letzte Woche explizit Nestlé dafür, dass der Westschweizer Nahrungsmittelkonzern weiterhin in Russland tätig bleibe.

In der Yale-Auswertung gehört Nestlé zu einer kleinen, aber mächtigen Liste multinationaler Unternehmen, die sich bei neuen Engagements zwar zurückhalten, aber immer noch in Russland aktiv sind. Auffallend ist, dass in dieser Kategorie zahlreiche Pharma-, Chemie- und Konsumgüterkonzerne vertreten sind, darunter Grössen wie Abott Labs, BASF, Bayer, Danone und Colgate-Palmolive.

UBS und Julius Bär weiterhin in Russland

Nicht auf der Yale-Liste aufgeführt, aber weiterhin in Russland präsent ist auch die Schweizer Grossbank UBS. Ebenso ist die Privatbank Julius Bär noch vor Ort in Moskau tätig. Sie reduziert gemäss einer Medienmitteilung aber ihre Tätigkeit vor Ort. Dies, während sich Versicherer wie Zurich oder Swiss Re zurückziehen.

Wie im Umfeld der Häuser zu vernehmen ist, lässt sich das Vermögensverwaltungs-Geschäft mit seinen zahlreichen Verträgen nicht so schnell einstellen wie etwa der Wertpapier-Handel. Auch könnte die russische Aufsicht noch ein Wörtchen mitreden wollen.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.55%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.53%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.27%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.11%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.54%
pixel