Wackelt die Marktführerschaft der Credit Suisse im eigenen Heimmarkt? In die Hackordnung des Schweizer Investmentbanking ist jüngst Bewegung geraten – denn das Business mit hiesigen Firmen ist begehrt.

Die Ansage hat im Schweizer Investmentbanking für einige hochgezogene Augenbrauen gesorgt. Die grösste US-Bank J.P. Morgan verkündete dieser Tage, dass sie hierzulande die Marktführerin Credit Suisse (CS) überholt habe. Dies, wenn man die Gebührenerträge im Jahr 2022 über das ganze Spektrum von Investmentbank-Diensten hinweg betrachte.

Gegenüber finews.ch bestritt die CS den Anspruch auf den ersten Platz umgehend – und rechnete ihrerseits vor, dass sie selber weiterhin die Führung innehabe.

Ein empfindliches Thema

Dazu muss man wissen, dass Investmentbanker bezüglich der brancheninternen Hackordnung, den so genannten League Tables, sehr sensibel sind. Im leistungsorientierten Metier sind die Rankings mit viel Prestige verbunden, und niemand sieht sich da gerne im Abstieg begriffen. Anderseits lassen sich die Daten, die traditionell vom Analysehaus Dealogic stammen, zum jeweiligen Zweck in Szene setzen. «Ich kann ihnen sofort eine League Table zusammenstellen, bei der meine Bank die beste ist», sagt ein Branchenveteran im Vertrauen zu finews.ch.

Hingegen passt der vermeintliche Abstieg der Lokalmatadorin CS in das Bild, welches deren Investmentbank global abgibt: Die Einheit produziert hohe Verluste in Serie und wird nun unter Konzernchef Ulrich Körner um- und zurückgebaut. Das Firmenberatungs- und Kapitalmarktgeschäft, bei dem die Bank in der Schweiz führend ist, wird im Ausland als CS First Boston mittelfristig an Dritte verkauft. Ebenfalls müssen massiv Stellen gestrichen werden. Langjährige Kader warten dies gar nicht erst ab. Sie haben in den vergangenen Wochen und Monaten in Scharen die CS-Investmentbank verlassen.

Globaler Einbruch

Regelrecht weggebrochen sind offenbar auch die weltweiten Einnahmen. Gemäss einer neuen, vom britischen Branchenportal «Financial News» (Artikel bezahlpflichtig) veröffentlichten Globalschätzung, haben sich die Gebührenerträge bei der CS im Vergleich zu 2021 um mehr als 58 Prozent auf noch 1,8 Milliarden Dollar reduziert. Damit hat die Schweizer Bank mehr verloren als alle anderen Top-Konkurrenten. Diese, das darf nicht unterschlagen werden, mussten aber ebenfalls bluten. Sowohl bei der obengenannten J.P. Morgan sowie bei den Wallstreet-Häusern Citigroup und Morgan Stanley haben sich die Einnahmen zum Vorjahr halbiert.

In einem äusserst schwierigen Umfeld schnitten die amerikanischen Investmentbank Goldman Sachs, die Bank of America sowie die kanadische RBC noch am besten ab.

Dennoch sehen Branchenkenner die CS-Investmentbank in der Schweiz keineswegs auf dem Rückzug. «Der Chef Jens Haas wird alles daran setzen, um die Position zu erhalten», sagt die Quelle. Und überhaupt sei es kontraproduktiv, sich auf Kosten der Konkurrenz zu profilieren. Denn hiesige Investmentbanker arbeiten immer wieder zusammen, etwa bei syndizierten Transaktionen, bei denen mehrere Geldhäuser gleichzeitig mittun.

Gemeinsam Abverkauf der CS-Aktien garantiert

In der Folge stehen die Akteure fast täglich im Austausch mit der Konkurrenz, um dem Kunden einen guten Deal zu liefern. Und wenn die Klientel zufrieden ist, sprudeln auch die Gebühren.

Der Anreiz zur Zusammenarbeit zeigt sich sinnigerweise auch an der jüngsten Kapitalerhöhung der Credit Suisse (CS). Dort haben neben der CS selber 19 Institute dafür garantiert, dass alle neu ausgegebenen Aktien auch verkauft werden – darunter auch praktisch alle in der Schweiz aktiven Investmentbanken. Da es sich aufgrund der Verfassung der Bank um einen «Hochrisiko»-Deal handelte, dürften alle Teilnehmenden an der Transaktion bestens verdient haben.

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