Mein Bankberater, der Chatbot – ist das bald Realität? Schweizer Banken sollten die Chatbot-Technologie offensiver angehen, wünscht sich Aniello Bove, Partner der Technologieberatung Capco, im Gespräch mit finews.ch.

Seit dem Start des Chatbot ChatGPT im vergangenen November haben sich Millionen von Menschen von der Leistungsfähigkeit künstlicher Intelligenz (KI) überzeugt.

Bis vor kurzem konnte KI zwar lesen und schreiben, aber keine kontextbezogenen Inhalte verstehen. Tools wie ChatGPT des US-Startups OpenAI ändern dies und bieten mit ihrer Fähigkeit, natürliche Sprache zu verstehen, enorme Vorteile.

Zahlreiche Vorteile

Auch im Bankensektor werden KI und maschinelles Lernen immer wichtiger. Einer der häufigsten Einsatzbereiche von KI ist gegenwärtig der Kundenservice. Ein anschauliches Beispiel dafür sind Chatbots für Banken und Versicherungen.

«Im digitalen Service können KI-Assistenten vor allem den Kundensupport und -kontakt im Banksektor verbessern», sagt Aniello Bove, Partner bei der internationalen Management- und Technologieberatung Capco mit Fokus auf die Finanzindustrie.

Im externen Kundenkontakt bieten sie Vorteile wie schnellere Klassifizierung der Kundenanfrage und Triage oder Unterstützung rund um die Uhr. Dies führt letztlich zu einem besseren Kundenerlebnis. Aber auch intern können Chatbots die eigenen Bankmitarbeiter sowohl in der Beratung als auch im Support unterstützen.

Hin zur intelligenten Automatisierung

In ihren Anfängen hätten KI-Assistenten vor allem einfache Arbeitsprozesse wie FAQ-Abfragen übernommen und so zur Steigerung der operativen Effizienz beigetragen. «Heute sehen wir zunehmend einen Trend zur intelligenten Automatisierung», betont Bove.

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Aniello Bove (Bild: Capco)

Schnittstellen in der Kundeninteraktion werden mit der Bot-Technologie kombiniert, um Prozesse besser zu steuern, intelligent zu sortieren und so auch komplexere Arbeitsschritte zu automatisieren.

Konversation im Fokus

Im Kundenkontakt stehe jetzt zunehmend der Dialog im Mittelpunkt des Austauschs zwischen Bank und Kunde, erklärt der Capco-Experte. «Was will der Kunde, welches Produkt passt, wie kann ich helfen?»

Dabei kommt den Bots in einer digitalen Bankenlandschaft auch die Aufgabe zu, «Digital Natives» zu gewinnen und zu binden. «Angesprochen werden vor allem jüngere Generationen, die mit mobilen Geräten, dem Internet und sozialen Netzwerken aufgewachsen sind».

Bequeme und vertraute Art der Kommunikation

Für junge Menschen seien Chatbots eine bequeme Art der Kommunikation, zumal sie mit Messaging-Plattformen wie WhatsApp vertraut seien. «Ob Text oder Sprache, Bots werden im Conversational Banking immer wichtiger», sagt der Capco-Partner mit Blick auf künftige Entwicklungen und Trends im digitalen und mobilen Banking.

Mein Bankberater, der Chatbot – ist das bald Realität? «Die Entwicklung hat begonnen», meint Bove. In drei bis fünf Jahren werde der digitale Bot-Berater im Bankalltag der jüngeren Generationen Realität sein.

Hybrides Beratungsmodell ist wichtig

Wichtig sei, dass die Banken ein hybrides Beratungsmodell verfolgten, das den persönlichen Kontakt und digitale Kanäle umfasse und kombiniere. So stellt Bove unter anderem fest, dass sich auch konservative Privatbanken zunehmend mit dem Thema digitaler Bank-Assistenten auseinandersetzen, zumal sie die Bedürfnisse der jüngeren Kundschaft nicht ignorieren können.

Kundinnen und Kunden erwarten von ihrer Bank kompetente Beratung und schnelle Reaktion, Anfragen zur Vorsorge oder zum Anlegen sind teilweise komplex. Chatbots böten sich als Ergänzung zum persönlichen Austausch an, ist Bove überzeugt.

Unterstützung für Bankfachleute

«Nicht alle Probleme und Aufgaben erfordern die Hilfe oder die Zeit eines Bankmitarbeiters», meint er. «Bots bieten Unterstützung und helfen, die Produktivität der Bankmitarbeiter zu steigern». Denn sie können den Kundenberatern viel administrative Arbeit abnehmen, wie Bove darlegt.

Der Einsatz von Chatbots kann einen Teil der Mitarbeiterkapazitäten freisetzen und die Kundenbetreuung effizienter gestalten, was wiederum die Kundenzufriedenheit erhöht. «Bankfachleute können sich auf die wichtigen Dinge konzentrieren, auf komplizierte Fälle und dringliche Probleme, die nicht von KI gelöst werden können».

Trotz zahlreicher Vorteile auch Risiken

Bei allen Vorteilen und Vorzügen von KI-Assistenten gibt es aber auch Bedenken und Risiken. «Daten und Datenschutz sind sehr wichtige Aspekte», sagt Bove. Bei einer Beratung etwa müsse auf das persönliche Profil, das Portfolio und die Bedürfnisse eingegangen werden können, sonst drohe der Prozess ins Leere zu laufen und komplett am Ziel vorbeizuschiessen.

«Der sichere Umgang mit persönlichen Daten in Echtzeit und in Kombination mit allgemein verfügbaren Informationen aus verschiedenen Quellen ist eine der grössten Herausforderungen.»

Zudem stelle sich die Frage, wer die Verantwortung bzw. Haftung beispielsweise für Handelsaufträge im Wertpapiergeschäft übernehme. In der persönlichen Beratung gebe es eine klare gesetzliche Grundlage im Umgang mit Finanzprodukten, bei der Bot-Technologie müsse diese noch verbessert werden, weshalb Banken teilweise noch zurückhaltend gegenüber Chatbots seien.

Schweizer Banken zögern noch

«Im Schweizer Banking werden öffentliche Bots bisher verhältnismässig wenig eingesetzt – und schon gar nicht flächendeckend über alle Dienstleistungen hinweg», beobachtet Bove. Angelsächsische und vor allem asiatische Finanzinstitute seien beim Einsatz von Banking-Chatbots deutlich weiter.

«Im Zuge des globalen Wettbewerbsdrucks wird die Chatbot-Technologie auch die international tätigen Schweizer Banken immer mehr durchdringen.» Wer beispielsweise in Asien aktiv sei, komme nicht umhin, solche Lösungen zu unterstützen. Generell sollten Schweizer Banken die Chatbot-Technologie offensiver und innovativer angehen, wünscht sich Bove.

Erst am Anfang

In Zukunft könnten Bots auch selbstständig lernen und Muster erkennen, indem sie grosse Datenmengen einbeziehen, erklärt er. Wie das Beispiel ChatGPT zeige, sei die Technologie inzwischen besser verfügbar, kostengünstiger und einfacher zu bedienen.

«Wir stehen erst am Anfang – KI hat noch einen weiten Weg vor sich», ist Bove vom Potenzial der Technologie überzeugt.

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