Die Privatbank ist im Rahmen ihres Vermögensverwaltung-Geschäft ein Kreditengagement von mehr als einer halben Milliarde Franken eingegangen. Nun ist deswegen nochmals mit Rückstellungen zu rechnen – Julius Bär steht damit überraschend tief im Risiko.

Auch die neue Woche beginnt für Kunden, Mitarbeitende und Aktionäre von Julius Bär mit schlechten Neuigkeiten. Nachdem das Zürcher Traditionshaus vergangenen Montag Rückstellungen von 70 Millionen Franken auf einem Kredit angekündigt hatte, hiess es nun zum Wochenauftakt, dass das gesamte Einzelengagement nominal 606 Millionen Franken beträgt – und das bei Bedarf weitere Wertberichtigungen vorgenommen werden.

Einmal mehr verzichtete Julius Bär, den Schuldner zu nennen. Es hiess lediglich, dass es sich um ein «europäischen Konglomerat» handelt und das Gesamtengagement gegenüber dieser Kundengruppe durch mehrere Sicherheiten-Pakete im Zusammenhang mit Geschäftsliegenschaften und Luxus-Detailhandel abgesichert seien.

Präzise Spekulationen

Damit verdichten sich jedoch die Indizien, dass es sich bei den Schuldnern um Firmen aus dem Umkreis der Signa-Holding des österreichischen Investors René Benko handelt. Die Gruppe bekundet akute Zahlungsnöte und musste bereits einen Sanierer einsetzen.

Bereits zuvor war in den Medien kolportiert worden, dass das Zürcher Traditionshaus gegenüber Signa-Firmen rund 600 Millionen Franken ausstehend habe. Jene Spekulationen erweisen sich nun als präzise. An der Börse gab der Aktienkurs von Julius Bär am (heutigen) Montag zeitweilig noch leicht nach. Am vergangenen Montag hatten die Titel innert Tagesfrist 12 Prozent an Wert verloren. Im Wochenvergleich notieren die Aktien rund 17 Prozent tiefer.

Aus Zeiten des Globus-Deals?

In Zusammenhang mit der neuerlichen Kommunikation liess die Privatbank auch durchblicken, wie das Einzelengagement – immerhin mehr als eine halbe Milliarde Franken – zustande gekommen ist.

Julius Bär bietet Private Debt als eine strukturierte Finanzierungslösung ausschliesslich im Rahmen der «ganzheitlichen Vermögensverwaltung für superreiche Privatkunden» an. Mit Blick auf die Indizien dürfte der flamboyante Immobilien-Unternehmer Benko also mindestens seit dem Verkauf des Kaufhauskette Globus in der Schweiz an Signa und die thailändische Central Group im Jahr 2020 zur Private-Banking-Kundschaft der «Bären» gehört haben.

Kein Pappenstiel

Dass eine Privatbank im Rahmen eines Gesamtpakets Kredite spricht, ist an sich nicht ungewöhnlich. Ebenfalls haben die Bär-Banker laut der Meldung vom Montag auch Liegenschaften als Sicherheit gegen die Millionen genommen. Dennoch verstärkt sich nun der Eindruck, dass die Finanzprofis mit Blick aufs Risiko hart am Wind gesegelt sind.

So sind die 606 Millionen Franken das mit Abstand grösste Einzelengagement in einem Private-Debt-Buch von 1,5 Milliarden Franken; dieses nimmt sich wiederum mit gut 3,6 Prozent des Gesamtkreditbuchs von 41 Milliarden Franken – vorab Lombardkredite und Hypotheken – nicht wie eine Pappenstiel aus.

Noch mehr grosse «Tickets»

Wie sich weiter zeigt, waren die Bär-Verantwortlichen bereit, im Bereich Private Debt auch andere grosse «Tickets» zu sprechen. Das zweitgrösste Engagement beläuft sich auf immerhin 216 Millionen und das drittgrösste auf 140 Millionen Franken; keiner der beiden Kredite, so die Bank, stehe mit dem Immobiliensektor in Verbindung.

Angenommen, Schuldner des Kredits sind tatsächlich Firmen aus dem Benko-Imperium, hätte sich Julius Bär auch im Vergleich mit anderen, internationalen Banken relativ weit aus dem Fenster gelehnt. Einer Zusammenstellung der Agentur «Bloomberg» zufolge wird nur bei den deutschen Banken Helaba, Nord LB und Bayern LB vermutet, dass sie ebenfalls dreistellige Millionenbeträge bei Signa-Firmen offen haben. Dabei handelt es sich aber im Gegensatz zur Zürcher Privatbank um Landesbanken, die von ihrer DNA her im Firmenkundengeschäft tätig sind.

Auf dem Prüfstand

Die Exkursion ins Corporate-Business wird nun intern bei Julius Bär zu reden geben: Bankchef Philipp Rickenbacher persönlich kündigte an, das Private-Debt-Geschäft und den Rahmen, in dem es betrieben wird, zu überprüfen.

Mit Blick auf die Gesamtbank stellt sich derweil die Frage, ob sich das Institut wegen seines Risikoappetits künftig noch gröber verschlucken könnte. So steht weiterhin die Ambition im Raum, bis ins Jahr 2030 die verwalteten Vermögen auf 1’000 Milliarden Franken zu verdoppeln. Ohne Zugeständnisse an die reiche Kundschaft, wie sie die ganzheitliche Vermögensverwaltung für UHNW Kunden noch erfordern könnte, ist das wohl nicht zu schaffen.

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