Im Wettbewerb der Finanzplätze sind die Schweiz und Grossbritannien Rivalen. Doch nun öffnen die Briten ihre Arme ganz weit – was sich beim heutigen Ministertreffen zwischen den beiden Ländern wohl wieder zeigen wird.

Am heutigen Mittwoch ist es wieder Zeit für einen magistralen Video-Call zwischen der Schweiz und Grossbritannien. Über den Online-Kanal werden sich die beiden Finanzminister Ueli Maurer und Rishi Sunak (Bild unten) zu Finanzplatz-Themen unterhalten – und dabei erkennen, dass sie trotz Hunderter Kilometer Distanz immer näher zusammenrücken.

Beide Verhandlungspartner können sich gerade gut gebrauchen. Der Bund will 2021 endlich das institutionelle Rahmenabkommen mit der EU abschliessen. Der EU-Austritt Grossbritanniens stand dieses Verhandlungen in der Vergangenheit mit im Weg. Nun, da der Brexit Ende 2020 vollzogen wurde, fällt zumindest dieses Hindernis weg. Die Schweizer Diplomaten haben zudem ein Lehrstück erhalten, wie sie gegenüber der mächtigen Union vorgehen können.

Sunak 500

(Bild: www.gov.uk)

Börsen gegenseitig öffnen

Die EU bestrafte die Schweiz in der Vergangenheit für die Verzögerungen rund ums Rahmenabkommen mit dem Entzug der Börsenäquivalenz, wie auch finews.ch berichtete. Der Wegfall der Börsenvolumen aus der EU ist ein Problem, vor dem nun auch der britische Finanzplatz und «Chancellor of the Exchequer» Sunak stehen: Der Londoner City fehlen plötzlich 4,6 Milliarden Euro Handelsaufkommen – pro Tag, wie die Agentur «Bloomberg» (Artikel bezahlpflichtig) in einen Artikel vorrechnete.

Die Schweiz kann hier aushelfen. Maurer und Sunak haben bereits ausgemacht, dass Grossbritannien, das nun nicht mehr Teil der EU ist, die «Börsenäquivalenz» mit der Eidgenossenschaft wieder herstellt und den Handel mit Schweizer Wertpapieren zulässt. Dies soll auf den 3. Februar hin erfolgen, und die Schweiz wird sich wohl in gleicher Manier erkenntlich zeigen. Der Londoner Handel mit in der Schweiz gelisteten Aktien machte zuvor 1,3 Milliarden Euro pro Tag aus, kann die EU-Volumen für die Briten also nicht ersetzen.

Im Geiste von F4

Dafür ist Sunak nun geneigt, weitere Hürden zwischen dem Königreich und der Schweiz einzureissen. Die Gespräche vom Mittwoch werden sich laut «Bloomberg» auch darum drehen, wie Kosten und Hemmnisse für britische und Schweizer Finanzdienstleister im jeweils anderen Land zu senken sind. Das Augenmerk gilt dabei Banken, Versicherern, dem Fonds- sowie dem Kapitalmarktgeschäft.

Angedacht ist das schon seit 2016. Angestossen von den Brexit-Verhandlungen unternahm es in der Schweiz allen voran die Bankiervereinigung, die «F4»-Allianz globaler Finanzstandorte ausserhalb der EU zu schmieden. Die vier Standorte Schweiz, Grossbritannien, Singapur und Hongkong sollten so dereinst der globalen Konkurrenz die Stirn bieten.

Mind the Gap

Diese Pläne wurden auch von offizieller Seite her aufgenommen und 2019 weiter vorangetrieben. Unter dem Titel «Mind the Gap» wurden diverse Abkommen zwischen der Schweiz und Grossbritannien angebahnt, die nach dem erfolgten Brexit wirksam werden sollten. Dafür wäre jetzt die Zeit gekommen.

Sunak schmiedet derweil separat Pläne, um der Londoner City neues Geschäft zuzuhalten. So sollen nicht nur neue Märkte wie die Nachhaltige Finanz vorangetrieben werden – diskutiert werden Steuergeschenke und eine Deregulierung für Finanzmarkt-Akteure, wie sie zuletzt in den 1980er-Jahren von der damaligen Premierministerin Margaret Thatcher unter dem Titel «Big Bang» vorangetrieben wurden.

Interessant dürfte die Wirkung auf die Schweizer Finanzpolitik sein: Diese suchte bisher, über möglichst hohe Konformität (Äquivalenz) mit EU-Finanzrichtlinien den Zugang zum europäischen Markt zu erleichtern.

Bewunderung für Singapur

Als Vorbild wird von vielen Akteuren dabei ein weiterer F4-Finanzplatz angesehen: Singapur ist der Finanzbranche bei der Ansiedlung enorm entgegengekommen und ist Meister darin, die neuesten Finanztrends schnell umzusetzen, wobei sich Staat und Aufsichtsbehörden jeweils ungeniert als Promoter ins Zeug legen.

Das teils ungeschickte Ringen des Westens mit der Pandemie, die politischen Verwerfungen in den USA und Europa sowie Chinas Würgegriff gegen die asiatische Erzrivalin Hongkong haben dem «Singapurer-Modell« weiteren Auftrieb verliehen. Es ist kein Zufall, dass das WEF dieses Jahr physisch nicht in Davos, sondern im Mai im praktisch Corona-freien asiatischen Stadtstaat abgehalten wird.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.51%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.68%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.01%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.08%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.72%
pixel