Selbst wenn die Regeln und Szenarien noch nicht ausgearbeitet sind, ist doch offensichtlich, dass auch die Bankenwelt nicht umhinkommt, das Metaverse zu berücksichtigen, schreibt Gianluca Gerosa in seinem Beitrag für finews.first.


In dieser Rubrik nehmen Autorinnen und Autoren Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen.


Der Erste, der von Metaverse sprach, war kein Computerfreak, sondern der Science-Fiction-Autor Neal Stephenson. In seinem Buch «Snow Crash» beschreibt er das Metaverse als eine parallele Realität.

Diese wird von Avataren bevölkert, die sich anstelle von echten Menschen in einem dreidimensionalen Raum bewegen, Erfahrungen austauschen und miteinander interagieren können. Keine schlechte Erkenntnis, die vor mehr als 30 Jahren für etwas formuliert wurde, das sich nun als die neue Grenze sozialer Beziehungen herauskristallisiert.

Das Interesse am Metaverse nahm während der Corona-Pandemie zu, da die Menschen während der Lockdowns viel Zeit in geschlossenen Räumen verbrachten und dadurch das Bedürfnis nach Nähe und Interaktion zwischen räumlich entfernten Personen entstand.

«Grosse Investitionen von Big Tech werden als Multiplikator wirken»

Der eigentliche Anstoss zur Gründung des Metaversums kam aus der Videospielbranche, die weltweit zwei Milliarden Nutzer und stetig wachsende Umsätze aufweist. Die Beschleunigung der Digitalisierung, insbesondere die Fortschritte in der Blockchain-Technologie, die auch den Kryptowährungen zugrunde liegt, hat die Spieleprogrammierer dazu veranlasst, immer komplexere Spieleplattformen zu entwickeln. Diese bilden die Keimzelle für künftige Metaverse. Millionen von Menschen greifen auf diese Plattformen zu und interagieren mit ihnen. Sie können einzigartige Avatare von sich selbst erstellen, um zu spielen, Kontakte zu knüpfen, zu erkunden, einzukaufen und Zahlungen zu tätigen.

Während der Pandemie lag es nahe, sich vorzustellen, diese Möglichkeiten der sozialen Beziehung auf andere Bereiche des täglichen Lebens zu übertragen: offene, virtuelle Welten zu schaffen, in denen die Nutzer wie in der physischen Welt agieren können. Nach Recherchen von Bloomberg Intelligence könnte der globale Metaverse-Markt in den nächsten drei Jahren die Marke von einer Trillion Dollar überschreiten. Grosse Investitionen von Big Tech werden als Multiplikator wirken. Microsoft könnte zum Beispiel sein Metaverse Vortex mit einer Funktion namens Mash in die Teams-Plattform integrieren, die es den Nutzern ermöglicht, über ihren Avatar an Meetings teilzunehmen.

«Auch für Banken wird der Erfolg von der Fähigkeit abhängen, ein digitales Kundenerlebnis zu bieten»

Wenn man bedenkt, dass es für die Generationen Y und Z, also die zwischen 1980 und 2005 Geborenen, ganz selbstverständlich ist, im Metaverse überall einzukaufen, ihre digitale Identität auf jede Plattform zu übertragen und an jedem Treffen teilnehmen zu können: Welche Herausforderungen und Chancen ergeben sich dann in naher Zukunft für den Bankensektor, um seinen Marktanteil zu verteidigen und diese Zielkundschaft anzuziehen?

Auch für Banken wird der Erfolg von der Fähigkeit abhängen, ein digitales Kundenerlebnis zu bieten, das die Erwartungen künftiger Kunden vorwegnimmt und erfüllt. Banken, die das Metaverse nutzen, werden in der Lage sein, das Kundenerlebnis durch Virtual Reality oder Augmented Reality zu verbessern. Dies, indem sie gezielt Beratung und Schulung in virtuellen Lounges anbieten, um ihre Kunden zu binden und die mit dem Generationswechsel verbundenen Risiken zu minimieren, da sie den neuen Kundengenerationen gute Anlagegewohnheiten beibringen.

Für die meisten Geschäftsbanken wird der Einstieg darin bestehen, Kryptowährungen und, sofern verfügbar, CDBCs (Central Bank Digital Currency) in ihr Finanzdienstleistungsangebot zu integrieren. Die meisten Metaverse-Plattformen fördern bereits die Verwendung von Kryptowährungen, nicht-fungiblen Token (NFTs) und anderen digitalen Vermögenswerten, die bald die wichtigste Form des Wertaustauschs im Metaversum werden könnten.

Bis dahin müssen die Banken den Umtausch traditioneller Währungen in Kryptowährungen zulassen und sich darauf vorbereiten, Transaktionen im Metaversum durch Kredite zu finanzieren – beispielsweise für den Erwerb virtueller Grundstücke auf Decentraland, dem Metaversum, das auf der Ethereum-Blockchain basiert.

«NFTs könnten zu einer Anlageklasse in der Vermögensverwaltung werden»

Im Investmentbereich haben NFTs, die sich auf digitale Kunstwerke beziehen, enorme Preise erreicht. In Zukunft könnten NFTs zu einer Anlageklasse in der Vermögensverwaltung oder zum Anlageobjekt von Investmentfonds werden, die der digital versierten Kundschaft angeboten werden. Um die Sicherheit der Transaktionen zwischen den Nutzern und ganz allgemein die Zuverlässigkeit des Metaverse zu gewährleisten und es vor Betrug und Kriminalität zu schützen, müssen gemeinsame Normen festgelegt werden: Dies betrifft die Datenverwaltung, die digitale Identität, die Verfolgung von Transaktionen und die Bekämpfung der Geldwäscherei. Zudem gilt es, die für die Überwachung zuständigen Behörden zu bestimmen.

Selbst wenn die Regeln und Szenarien noch nicht ausgearbeitet sind, so ist doch offensichtlich, dass auch die Bankenwelt nicht umhinkommt, das Metaverse bei der Festlegung ihrer Strategie zu berücksichtigen. Das Metaverse ist nicht nur für die Gewinnung neuer Generationen von Kunden bedeutsam. Es könnte auch «nachhaltige» Wachstumsmöglichkeiten bieten, die sich die reale Welt, die durch die Verfügbarkeit von Offline-Ressourcen und die Priorität des Klimawandels begrenzt ist, nicht mehr leisten kann.


Gianluca Gerosa ist Head of Asset Management, Reyl Intesa Sanpaolo.


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