Trumps Zollpolitik, die Schweiz und die OECD-Mindeststeuer

Der Chef der Swiss-American Chamber of Commerce ist überzeugt davon, dass die USA für die Schweizer Wirtschaft auch künftig ein zentraler Markt bleiben werden – und hat dafür ein triftiges Argument. Zudem bezeichnet er die OECD-Mindeststeuer als sehr schädlich für den Unternehmensstandort Schweiz.

Wie geht es weiter mit der Beziehung der Schweiz-USA? Donald Trump hatte bekanntlich die Schweiz am «Liberation Day» (zusätzlich zum Grundzoll von 10 Prozent) mit einem Satz von 31 Prozent belegt. Nachdem die Börse und insbesondere der US-Staatsanleihenmarkt ungnädig auf die Ankündigung der hohen Zölle für fast alle wichtigen Handelspartner reagiert hatte, verkündeten die USA für 90 Tage eine Zollpause, so dass die 31 Prozent nicht greifen.

Derzeit bemüht sich die Schweiz um den Abschluss eines Handelsabkommens mit den USA. An einem von Axa Investment Managers am Dienstag in Zürich organisierten Anlass erinnerte Rahul Sahgal, CEO der Swiss-American Chamber of Commerce (die Handelskammer unterstützt die Anstrengungen für eine Einigung mit Rat und Tat), daran, dass es um mehr geht als «bloss» um Zölle.

Schwergewicht Pharma

Auch die bisher vom Zollhammer nicht erfasste Schweizer Pharmaindustrie wird von der US-Regierung nämlich kritisch beäugt: Es läuft eine Untersuchung unter Section 232, einem Passus im amerikanischen Handelsförderungsgesetz, der dem Präsidenten die Kompetenz verleiht, bestimmte Importe aus Gründen der nationalen Sicherheit einzuschränken. Fast zwei Drittel der Schweizer Exporte (2023 insgesamt etwa 57 Milliarden Franken) entfallen auf Erzeugnisse von Pharma- und Chemieunternehmen.

Zum Vergleich: Im Gegenzug importierte die Schweiz 2023 US-Waren im Wert von nur knapp 30 Milliarden Franken. Allerdings sind in dieser Statistik die Dienstleistungen nicht enthalten. Dort sieht das Bild aufgrund der vielen IT-Services made in USA ganz anders aus. 

USA sind deutlich wohlhabender und kaufkräftiger als die EU

Sahgal unterstrich, dass die USA für die Schweiz auch deshalb so bedeutend sind, weil die dortige Wirtschaft stark, dynamisch und innovativ ist. So liegt das Bruttoinlandprodukt pro Kopf in der EU 34 Prozent unter dem US-Wert. «Die USA werden weltweit der wichtigste Markt bleiben, auch für die Schweiz», hielt er fest.

Nicht nur die Schweizer Ausfuhren in die USA sind in den letzten zehn Jahren deutlich gewachsen, auch die gegenseitigeVerflechtung hat zugenommen: Die Direktinvestitionen haben in beide Richtungen stark zugelegt, wobei unser Land immer noch deutlich die Nase vorne hat. Das ist einer der Trümpfe, den die Schweiz gemäss Sahgal, der hinsichtlich der Chancen auf eine für die Schweizer Unternehmen vernünftige Lösung vorsichtigen Optimismus versprühte, in der Hand hält.

Grundlagenirrtum bei der OECD-Mindeststeuer

Dass der CEO der Handelskammer die Veranstaltung nutzte, um auch die OECD-Mindeststeuer für grosse Unternehmen zu thematisieren, war hingegen nicht unbedingt zu erwarten gewesen. Die Schweiz setzt diese Steuer bekanntlich seit Anfang 2024 um, ebenso wie die EU.

Dagegen haben sich die USA vom Abkommen zurückgezogen – und verhindern mit der Drohung von Vergeltungssteuern, dass die partizipierenden Staaten wie eigentlich vorgesehen US-Unternehmen nachbesteuern. Das Argument der Nachbesteuerung dürfte auch der Hauptgrund gewesen sein, weshalb die Schweizer Stimmbevölkerung die OECD-Mindeststeuer, die aus Sicht des Föderalismus ein Unding ist, vor zwei Jahren absegnete. Kein Wunder, dass etliche Länder, die das Abkommen unterzeichnet haben, die Umsetzung auf die lange Bank schieben. 

Experte für internationale Steuerfragen

Sahgal bezeichnete die Steuer als «sehr schädlich» für die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Schweiz. Er hegt die leise Hoffnung, dass die EU sich aus dem Vertragswerk zurückzieht, weil auch sie dadurch für Unternehmen international (noch) weniger attraktiv wird. Das wiederum würde auch der Schweiz einen eleganten Ausweg aus dem Schlamassel eröffnen. Allerdings ist er sich bewusst, dass die Widerstände gegen einen Ausstieg aus diesem Prestigeobjekt in der EU massiv sind. 

Diese Einschätzung hat durchaus Gewicht, weiss doch Sahgal durchaus, wovon er spricht. Er war von 2021 bis 2024 stellvertretender Leiter der Steuerabteilung des Staatssekretariats für internationale Finanzfragen (SIF) in Bern. Und zuvor, von 2017 bis 2021, war er als Berater für Finanz- und Steuerfragen im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) in Washington tätig gewesen.