Für Markus Winkler ist Vietnam der beste «Investment Case» überhaupt, wie er auf finews.first schreibt. Selbst der Handelskrieg zwischen den USA und China habe einen positiven Einfluss auf das Land.


Dieser Beitrag erscheint in der Rubrik finews.first. Darin nehmen Autorinnen und Autoren wöchentlich Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen. Die Texte erscheinen auf Deutsch und Englisch. Die Auswahl der Texte liegt bei finews.ch.


Schon seit einigen Jahren ist der Trend zur Verlagerung von Produktionskapazitäten von China nach Vietnam zu beobachten, weil dort viele Arbeitskräfte besser ausgebildet und erst noch viel günstiger sind. Der eskalierende Handelskrieg zwischen China und den USA veranlasst inzwischen noch mehr internationale Unternehmen – darunter selbst chinesische Konzerne – einen Teil ihrer Produktion ebenfalls nach Vietnam zu verlagern.

Gleichzeitig hat sich das Land durch zahlreiche Freihandelsabkommen sehr geschickt positioniert und ist deshalb auch aus dieser Sicht ein höchst attraktiver Produktionsstandort. Dies schlägt sich in (welt-)rekordhohen ausländischen Direktinvestitionen (FDI) nieder. Seit Januar wurden FDI im Wert von 19,67 Milliarden Dollar genehmigt und 13,25 Milliarden Dollar ausgeführt.

«Anleger dürfen noch Jahre mit einem anhaltenden Wirtschaftswachstum rechnen»

Die Investitions-Pipeline von bereits mehr als 160 Milliarden Dollar wächst also munter weiter. Sie sichert über die kommenden zehn Jahre neue Arbeitsplätze sowie ein steigendes Einkommen und damit eine höhere Kaufkraft in der Bevölkerung.

Die soeben publizierten Wirtschaftszahlen für das dritte Quartal und die ersten neun Monate 2018 zeigen, dass die positive Einschätzung der Aussichten gerechtfertigt ist: Vietnams Bruttoinlandprodukt (BIP) verzeichnete in den zwölf Monaten bis Ende September ein Wachstum von 7 Prozent, was eine der höchsten Wachstumsraten weltweit ist.

Da die zwei wichtigsten Wachstumstreiber, Demografie und ausländische Direktinvestitionen, unverändert positiv sind, dürfen Anbleger noch Jahre mit einem anhaltenden, überdurchschnittlichen Wirtschaftswachstum rechnen.

«Weil die Kapitalverkehrsbilanz traditionell stark positiv ist, stiegen die Währungsreserven an»

Auch die übrigen makroökonomischen Schlüsselzahlen sind unverändert günstig. Die Exporte wuchsen in den ersten neun Monaten um 15,4 Prozent und die Importe um 11,8 Prozent, so dass sich der Handelsbilanzüberschuss auf 5,4 Milliarden Franken ausweitete. Weil die Kapitalverkehrsbilanz traditionell stark positiv ist, stiegen die Währungsreserven an.

Die Inflation ist weiterhin unter Kontrolle: Infolge höherer Energiepreise und einer Erhöhung der Schulgebühren im September stieg die Jahresteuerung zwar auf 4 Prozent. Die Kernteuerung, also ohne die volatilen Energie- und Nahrungsmittelpreise, liegt aber immer noch bei 1,6 Prozent. Damit hat die vietnamesische Zentralbank keinen Anlass, ihre Geldpolitik zu ändern.

«Im April 2018 begann die überfällige Kurskorrektur – was sehr gesund war»

Seit 2016 ist Vietnam eine der attraktivsten Börsen weltweit. Die Spekulation auf eine baldige Aufnahme von Vietnam in den MSCI Emerging Market Index hat im Oktober 2017 zu einem Ausbruch aus dem Trendkanal nach oben und einem eigentlichen Höhenflug geführt. Im April 2018 begann dann die überfällige Kurskorrektur, die den Index wieder in den langfristigen Trendkanal zurückführte – was sehr gesund ist.

Nachdem die Gewinne der Publikumsgesellschaften im ersten Halbjahr 2018 im Schnitt um 29 Prozent gewachsen sind, wäre nach der sechsmonatigen Korrektur und Konsolidierung eine Fortsetzung der Aufwärtsbewegung in diesem Trendkanal zu erwarten.

Die hohen Bewertungen und die steigende Nervosität an den «Major Markets» könnten dem Land allerdings einen Strich durch die Rechnung machen. Auch wenn die Situation in zahlreichen Schwellenländern – und ganz speziell in Vietnam – anders ist, könnte sich die vietnamesische Börse einer globalen Aktienbaisse nicht entziehen. Weil die wirtschaftlichen Aussichten aber weiterhin exzellent und die Börsenbewertungen weniger als halb so hoch wie in den vergleichbaren Tiger-Ländern sind, würde dies nur zu einer Verschiebung auf der Zeitachse führen.

«Der Indexanbieter MSCI gerät unter Zugzwang, den gleichen Schritt zu unternehmen»

Leider hat es MSCI im vergangenen Juni verpasst, Vietnam auf die Liste der Kandidaten für eine Aufnahme in den MSCI Emerging Markets Index zu setzen und damit für die vietnamesische Regierung einen zusätzlichen Anreiz zur Umsetzung verschiedener Reformen und Liberalisierungen zu schaffen. Nun hat aber FTSE Russell das Land auf die Kandidatenliste für eine Einbeziehung in den FTSE Russell Emerging Markets Index gesetzt. Dies bringt einerseits Regierung und Parlament bezüglich weiterer Privatisierungen sowie Ergänzung des Wertpapiergesetzes auf Trab.

Anderseits gerät jedoch auch der Indexanbieter MSCI unter Zugzwang, den gleichen Schritt zu unternehmen, will man die Führungsposition bezüglich Indizes für die Lancierung von börsengehandelten Indexfonds (ETF) nicht schwächen. Das Wertpapiergesetz wird noch in diesem Monat im Parlament beraten und soll im Mai 2019 verabschiedet werden. Im Hinblick auf die nächste Entscheidungsrunde von MSCI (Juni 2019) sowie FTSE Russell (September 2019) könnte das Wertpapiergesetz also gerade noch rechtzeitig verabschiedet werden

«Das grösste Risiko geht von der ultra-expansiven Geldpolitik der wichtigsten Zentralbanken aus»

Vietnam bleibt meines Erachtens die beste «Macro Story» und der interessanteste «Investment-Case» weltweit. Das grösste Risiko geht – aufgrund von zehn Jahren ultra-expansiver Geldpolitik der wichtigsten Zentralbanken – von den hoch bewerteten «Major Markets» aus. Sollten diese «Luft ablassen», werden auch günstig bewertete Märkte wie Vietnam darunter leiden. Weil die Bewertungen allerdings schon jetzt vergleichsweise tief sind, dürften sich die Aktienkurse viel schneller wieder erholen.


Markus Winkler gründete nach seinem Studium an der Universität St. Gallen (HSG) und der Ausbildung bei zwei Schweizer Grossbanken die VGZ Vermögensverwaltungs-Gesellschaft Zürich, die er bis heute präsidiert. Über die Jahre hat er sich als Anleger zu einem der profundesten Kenner Vietnams entwickelt. Erstmals besuchte er das Land 1994, im Jahr 2001 begann er dort zu investieren und hat seither gemäss eigenen Angaben umgerechnet mehr als eine Milliarde Franken ins Land gebracht. Er bereist das Land regelmässig während mehrerer Monate. Nicht zufällig trägt er den Übernamen «Mr. Vietnam».  


Bisherige Texte von: Rudi BogniOliver BergerRolf BanzWerner VogtWalter WittmannAlfred Mettler, Robert HolzachCraig MurrayDavid ZollingerArthur BolligerBeat KappelerChris RoweStefan GerlachMarc Lussy, Nuno FernandesRichard EggerDieter RuloffMarco BargelSteve HankeUrs Schoettli, Maurice PedergnanaStefan Kreuzkamp, Oliver BussmannMichael BenzAlbert Steck, Andreas BrittMartin DahindenThomas FedierAlfred MettlerBrigitte Strebel, Mirjam Staub-Bisang, Thorsten PolleitKim IskyanStephen DoverDenise Kenyon-RouvinezChristian DreyerKinan Khadam-Al-JameRobert HemmiAnton AffentrangerYves Mirabaud, Hans-Martin KrausGérard GuerdatDidier Saint-GeorgesMario BassiStephen ThariyanDan SteinbockRino BoriniBert FlossbachMichael HasenstabGuido SchillingWerner E. RutschDorte Bech VizardAdriano B. LucatelliKatharina BartMaya BhandariJean TiroleHans Jakob RothMarco MartinelliBeat WittmannThomas SutterTom KingWerner PeyerThomas KupferPeter Kurer, Arturo Bris, Frédéric Papp, James Syme, Peter Hody, Dennis Larsen, Bernd Kramer, Ralph Ebert, Marionna Wegenstein, Armin JansNicolas Roth, Hans Ulrich Jost, Patrick Hunger, Fabrizio QuirighettiClaire Shaw, Michael A. WeltiPeter FanconiAlex Wolf, Dan Steinbock, Patrick Scheurle, Sandro OcchilupoClaudia Kraaz, Will Ballard, Michael Bornhäusser, Nicholas Yeo, Claude-Alain Margelisch, Jean-François Hirschel, Jens Pongratz, Samuel Gerber, Philipp Weckherlin, Anne Richards, Antoni Trenchev, Benoit Barbereau, Pascal R. Bersier, Shaul Lifshitz, Ana Botín, Michel Longhini, Martin Gilbert, Jesper Koll, Ingo Rauser, Carlo Capaul und Claude Baumann.  

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