Die Schweizer Grossbank steht laut für Randgruppen und LGBT-Angehörige ein. Ein Investmentbanker berichtet nun über sein persönliches Coming-out bei der Credit Suisse.

Philip und Pippa teilen sich den Job als Leiter Core Engineering Integration Components genau 50/50. Allerdings wissen die Kollegen nie genau, welcher der beiden morgens in den Büros der Investmentbank der Credit Suisse (CS) in London auftaucht, der Mann oder die Frau. Das entscheidet sich nämlich nicht nach einem ausgefeilten Stundenplan – sondern vor dem Kleiderschrank.

CS-Banker Pips Bunce schlüpft dann entweder in Anzug und Schlips – oder aber in Kleid und Pumps (siehe Bild unten; Quelle: «Financial News). «Ich besitze mehr High-heels als meine Frau und meine Tochter zusammen», erklärte der Finanzprofi freimütig auf dem britischen Branchenportal «Financial News».

So normal wie die Kleider wechseln

Bunce bezeichnet sich selber als «gender fluid». Als jemanden also, der fliessend zwischen den Geschlechtern zu wechseln versteht. Je nach Präferenz, so wie man die Kleider wechselt oder die Haare kämmt.

Den Begriff Transvestit hört er hingegen nicht so gerne. Dieser sei durch alte Vorurteile viel zu schwer belastet, findet er.

Und belastet, das fühlt sich der CS-Banker durch seine Identität gerade nicht. Er ist seit 22 Jahren verheiratet. Seine Frau und seine erwachsenen Kinder unterstützen ihn jederzeit, berichtet Bunce.

Cmingout 502

Toleranz in Grossbuchstaben

Doch was ist mit der Arbeit? Gerade im Banking zählen Form und Förmlichkeit immer noch viel. Nicht wenige Häuser führen zudem rigorose Bekleidungsvorschriften.

Vor dreieinhalb Jahren hatte Bunce sein «Coming-out» bei der Bank. Einer Bank notabene, die offen mit ihrem Engagement für Mitarbeitende und Kunden aus der Lesben-, Schwulen-, Bi- und Transgender-Szene (LGBT) wirbt. 2013 wurde die CS (zusammen mit der Erzrivalin UBS) als bester LGBT-Arbeitgeber ausgezeichnet, wie auch finews.ch berichtete.

Dieses Jahr hätte die Grossbank wegen eines skurrilen Streits um die Toiletten-Benutzung im US-Bundesstaat North Carolina beinahe eine grosse Stellenverlagerung abgeblasen. Nach aussen hin schreibt die CS also Toleranz mit Grossbuchstaben. Und nach innen?

Freunde als Rückendeckung

Bunces Erfahrungen sind beinahe schwärmerisch. Sein ganzes Arbeitsumfeld habe ihn getragen, sein Vorgesetzter von Anfang zu ihm gehalten, berichtet der Banker. Und sein Netz an Freunden im Unternehmen habe ihm den Rücken gedeckt, falls jemand Anstoss an seinem Auftritt nahm.

Sicher habe auch seine Kaderposition geholfen, erklärt Bunce. Deshalb setzt er sein Gewicht nun für die Anliegen anderer LGBT-Mitarbeitenden bei der Bank ein. Dazu gehören etwa «town hall»-Meetings vor versammelter Belegschaft oder die aktive Kontaktaufnahme mit der LGBT-Szene.

Das wird auch ausserhalb der CS wahrgenommen. Von der gewichtigen britischen Zeitung «Financial Times» wurde der Banker gar zu den Top 50 weiblichen Champions von Frauenkarrieren gekürt.

Personalausweis liess auf sich warten

Wenn Philip und Pippa in ihrer Mission etwas im Weg steht, dann ist es höchstens die Adminstration des Finanzgiganten. So mussten die Diversitäts-Verantwortlichen bei der CS erst begreifen, was gender fluid bedeutet. Der Personalausweis mit beiden Identitäten auf einer Karte liess gar mehrere Monate auf sich warten.

Alles in allem ist sich Bunce jedoch sicher: Das Coming-out bei der CS war «eine wunderbare Sache» – das er dringend weiterempfehlen will.

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