Im Lichte gehäufter Missbrauchsskandale ist Datensicherheit die Trumpfkarte des Schweizer Finanzplatzes, sagt Citi-Schweiz-Chefin Kristine Braden im Interview mit finews.ch. Doch es brauche Massnahmen.


Kristine Braden, die Schweiz solle sich als internationaler Standort für Datensicherheit positionieren, sagen Sie. Warum?

Datensicherheit ist das neue Bankgeheimnis. Die Schweiz sollte ihre Tradition der Diskretion und des Schutzes der Privatsphäre hoch schätzen und bewahren. Sie ist ein klarer Differenzierungsfaktor in einer Welt, in der ein Amoklauf mit verfügbaren Personendaten stattfindet. Schauen Sie sich nur die Skandale um das riesige Sicherheitsleck bei der US-Anwaltskanzlei Equifax, bei Facebook und Cambridge Analytica an. Wir sollten in der Schweiz auf die traditionellen Stärken setzen, das Wertversprechen «Bankgeheimnis» mit «Datensicherheit und Schutz der Privatsphäre» ersetzen, um als Standort an der Spitze zu bleiben.

Welche Rolle können Banken dabei spielen?

Banken sind immer noch die Institutionen, welche das meiste Vertrauen geniessen. Diese Eigenschaft sollte nicht verloren gehen – der einfachste Weg dahin wäre ein Datenmissbrauchsskandal. Die Schweizer sind jedoch die besten der Welt, wenn es darum geht, Personendaten und -informationen mit grösster Sorgfalt zu behandeln.

«Hier sind die Guten und da die Bösen»

Wie die Schweiz diese Eigenschaft nun in ein Wertversprechen wandeln kann, indem Missbrauch ausgeschlossen würde? Der Weg dahin führt über Gesetze und Regulierung, aber auch über Diskretion und Vertrauen.

Dafür wäre auch ein technologische Infrastruktur nötig. Ist die Schweiz fähig dazu?

Das vorhandene technologische Know-how wie auch die Einrichtungen genügen vollauf. Es geht mehr darum, diese auch zielgerichtet einzusetzen. Was aus meiner Sicht in der Schweiz fehlt, ist das Zusammenspiel zwischen Öffentlichkeit und Privatsphäre. Beim Thema Cybersecurity ist es relativ einfach: Hier sind die Guten und da die Bösen, also die Betrüger und Kriminellen, die eine Bedrohung für die Finanzmärkte darstellen. Die auf der guten Seite sollten zusammenarbeiten.

Wie stellen Sie sich das in der Praxis vor?

Die einzelnen Banken, die ihrerseits für Sicherheit sorgen, sollten mit ihren Gegenparteien in Fragen der Cybersecurity zusammenarbeiten. Ich würde der Schweizer Politik und den Institutionen stark dazu raten, darüber nachzudenken, wie jede Person und jedes in der Schweiz ansässige Unternehmen geschützt werden könnte: Die Cloud-Anbieter, Datenzentren, die hier laufenden Finanzsysteme und die Transaktionsgeschäfte.

«Die Reaktionsgeschwindigkeit muss sich anpassen»

Es geht darum, Rahmenbedingungen zu schaffen, welche die individuellen Anstrengungen zur Bewahrung der Datensicherheit noch verstärken. Mit einem zusätzlichen, institutionalisierten Sicherheitsring würde das Leben für Cyber-Kriminelle sehr schwer gemacht. Ich glaube, dies wäre ein Wertversprechen für die Zukunft und ein wichtiges Standortmerkmal der Schweiz.

Die Schweiz ist nicht besonders agil, wenn es um die Umsetzung solcher Initiativen geht.

Ich denke, das ist die grösste Herausforderung: Die digitalisierte Welt droht dem traditionellen Schweizer System zu enteilen. Ein Beispiel: Im Falle eines grenzüberschreitenden Finanzbetrugs muss die Zusammenarbeit über Amts- oder Rechtshilfe organisiert werden. Dieses bürokratische Vorgehen passt einfach nicht mehr zu einer digitalisierten Welt, in der Daten oder Geld innert Minuten gestohlen und ausser Landes geschafft werden können. Die Reaktionsgeschwindigkeit muss sich anpassen.

Tut die Finanzindustrie genug im Bereich Cybersecurity?

Das kommt drauf an, wo man in der Hackordnung der Banken steht. Grosse Institute geben Milliarden von Franken für Datenschutz und Cyber-Security aus. Das Problem ist: Die Guten sind nur so gut wie ihr schwächstes Glied. In der Schweiz gibt es zahlreiche mittelgrosse und kleine Banken.

«Das müsste höher auf der Prioritätenliste stehen»

Es liegt an uns als ganzes Schweizer Finanzsystem, sich gegenseitig zu schützen. Wir sollten alle auf einer Linie stehen und zusammenarbeiten.

Wie schätzen Sie die Schweizer Politiker in Bern und ihre Reaktionsschnelligkeit ein, das Thema Cybersecurity und Finanzsystem anzugehen?

Ich weiss, dass das Thema in Bern aktuell ist und wir auf offene Ohren stossen. Die Frage ist: Wo steht das Thema auf der Liste der nationalen Prioritäten? Meiner Meinung nach müsste es ein wenig höher stehen. Wenn die Schweiz sich vom Hort der physischen Sicherheit zu einem der digitalen Sicherheit wandeln kann, hat sie attraktives Angebot.


Kristine Braden ist sei 2015 CCO der Citibank Swiss Branches, also Schweiz-Chefin der US-Grossbank. Ihre Karriere beim amerikanischen Finanzinstitut führte sie vom Handel mit Währungen und Rohstoffen auf die Philippinen als Länderchefin, zurück nach London und schliesslich in die Schweiz. Im Jahr 2016 war Braden zudem als erste Frau in den Vorstand des Verbands der Auslandbanken Schweiz gewählt worden.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.21%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
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  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
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  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.44%
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