Patrik Gisel hat zwar seinen Rücktritt als Raiffeisen-CEO bekannt gegeben – doch eine «lame duck» will er bis Ende Jahr nicht sein. Unter anderem möchte er die IT-Migration noch abschliessen.

Eines muss man Patrik Gisel lassen. Der Mann hat Sportsgeist – aufgeben gibt es für den passionierten Triathleten nicht. Auch nicht, nachdem er sich dem öffentlichen Druck beugen musste und im vergangenen Juli seinen überfälligen Rücktritt als Raiffeisen-CEO auf Ende 2018 angekündigt hat.

Am Mittwoch präsentierte Gisel zum letzten Mal Geschäftszahlen der Raiffeisen Schweiz unter hinterliess einen Eindruck, als ob bei ihm der Skandal um seinen Vorgänger Pierin Vincenz und um seine Rolle in den von der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) angeprangerten Schwächen der Corporate Governance kaum Spuren hinterlassen hat.

Gisel ist schon etwas traurig

Dem ist sicherlich nicht so. Doch Gisel hat mit dem Rückhalt der anhaltend guten Entwicklung der Raiffeisen Banken an der Telefonkonferenz eine Vorstellung gegeben, die solide und sogar von einer Aufbruchstimmung geprägt war.

Erst ganz zum Schluss räumte Gisel ein, dass es ihn auch traurig stimmte, Raiffeisen zu verlassen. Davor hatte er aber mit markigen Worten klar gestellt, dass er absolut willens sei, seinen Auftrag als Raiffeisen-CEO bis zur letzten halben Stunde – diese wolle er zum Räumen seines Büros nutzen – auszuführen.

Keine Pläne für einen vorzeitigen Austritt

«Ich bin voll im Saft», sagte Gisel. Er habe mit dem Verwaltungsrat ausgemacht, noch einmal «voll zu gehen», sagte der 56-Jährige im Jargon eines Sportlers. Ein vorzeitiger Rücktritt, wie dies verschiedentlich gefordert wurde, steht für ihn nicht zur Debatte. Es sei denn, der Verwaltungsrat wünsche dies oder präsentiere einen neuen CEO, der das Amt schon früher antreten solle.

Gisel sagte dies nicht trotzig, sondern in derselben Tonlage, mit der er bislang in der aktuellen Raiffeisen-Krise kommuniziert hatte. Gisel will weiterhin alle anhaltenden Zweifel an ihm und seiner Rolle im ganzen Raiffeisen-Skandal als Stellvertreter und Freund von Vincenz zerstreuen. Und er unterliess es nicht, erneut darauf hinzuweisen, dass der Finma-Bericht und die laufenden Untersuchungen keine direkten Vorwürfe gegen ihn vorgebracht hätten.

Raiffeisen im 21. Jahrhundert

Wie ein Sportler will Gisel also bis zur letzten Minute als Raiffeisen-CEO alles geben und referierte auch über die Zukunft der Raiffeisen nach dem Ende seiner dortigen Karriere.

Aufbruchstimmung soll bei Raiffeisen wohl wieder herrschen – auch wenn noch völlig unklar ist, wer seine Funktion übernimmt und unter welchem Verwaltungsratspräsidenten (oder Präsidentin) die in ihren Grundfesten erschütterte Genossenschaftsbank wieder auf ihren Weg gebracht werden soll.

Gisel sprach auch von einem vom derzeitigen Verwaltungsrat initiierten Programm namens «Fokus 21», das einen grundsätzlichen Erneuerungsprozess der Raiffeisen zum Ziel hat und die Bankengruppe in das – allerdings längst angebrochene – 21. Jahrhundert führen soll.

Einfluss der Raiffeisen-Banken wieder stärken

Eine Stossrichtung des Programms ist die stärkere Einbindung der Raiffeisen Banken, deren Einfluss und Mitspracherecht im Laufe der Jahre unter Vincenz zunehmend marginalisiert worden war.

Einen grossen Vorteil wird die neue Raiffeisen-Führung erben: Gisel wird eine gesunde und weiterhin wachsende Bank übergeben, die auch im ersten Halbjahr 2018 ihr hohes Niveau gehalten und im Kerngeschäft Hypothekarkredite ihren Marktanteil sogar weiter ausgebaut hat.

Die IT-Migration noch durchziehen

Das einzige offensichtliche operative Problem der Raiffeisen ist die schwierige und verzögerte Migration auf ihr neues IT-System Arizon. Gisel versicherte nun, dass bestehende Probleme behoben seien.

Vergangenes Wochenende seien weitere 13 Raiffeisen Banken migriert. Fünf weitere Termine wurden für das restliche Jahr festgelegt, an denen die übrigen Banken migrieren sollen. Er sei fest davon überzeugt, dass der Prozess noch in diesem Jahr abgeschlossen werden könne.

Gisel, der das über eine halbe Millarde Franken kostende Grossprojekt in den letzten Jahren verantwortet hatte, will diese Baustelle noch schliessen, bevor er abtritt.

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