Markus Gygax hat dem Lockruf aus St.Gallen widerstanden: Statt ins Raiffeisen-Präsidium wechselt der Valiant-CEO in den Verwaltungsrat «seiner» Bank. Im finews.ch-Interview blickt er auf seine Zeit als Chef zurück.


Herr Gygax, nächste Woche geben Sie den Chefposten ab und wechseln aller Voraussicht nach in den Verwaltungsrat der Bank Valiant. Wie fühlen Sie sich?

Ein bisschen Wehmut schwingt schon mit. Aber die Freude überwiegt. Über die letzten Jahre kann ich eine positive Bilanz ziehen, und jetzt kommen neue Rollen auf mich zu, als Verwaltungsrat und ab 2020 hoffentlich als Präsident. Ich darf also mit Valiant verbunden bleiben.

Aber so einfach war Ihre Zeit als CEO nicht, oder? Sie mussten erst den Turnaround der angeschlagenen Regionalbank bewerkstelligen und anschliessend die Modernisierung forcieren. Erlebten Sie die sechs Jahre als Chef nicht als permanente Feuerwehrübung?

Nein, nein. Der Anfang war schon recht gäch, wie man auf Züritüütsch sagt. Wir mussten am Anfang rasch unser Profil schärfen und entscheiden, welche Geschäfte wir machen wollen – und, am Allerwichtigsten: welche nicht. Das ist uns schnell gelungen, auch weil ich mit Präsident Jürg Bucher schon bei der Postfinance viel diskutiert hatte, wie die ideale Schweizer Retailbank aussehen müsste.

Haben Sie dieses Ideal mit der Valiant erreicht?

Wir sind ziemlich nahe dran, finde ich. Wir wissen jetzt, dass unser Geschäftsmodell im Retail- und KMU-Segment funktioniert. Das hat sich nun auch im ersten Jahresviertel gezeigt, wo sich die Expansionsstrategie erstmals richtig positiv im Wachstum und auch beim Ergebnis bemerkbar machte.

«Intern sind wir noch viel zu wenig effizient»

Und es waren nicht die grossen Einzelgeschäfte, welche das Resultat antrieben, sondern die vielen kleinen und mittleren Kredite.

Also haben Sie alle Ihre Ziele als CEO erreicht?

Natürlich hatten wir auch viel Glück. Wir erlebten keine Rezession in der Schweiz, und die viel herbeigeredete Immobilienkrise hat nicht stattgefunden. Selbst mit den Negativzinsen sind die Retailbanken nicht schlecht gefahren – darüber darf die Branche also nicht jammern. Was wir unterschätzt haben, ist der starke Druck auf die Zinsmargen. Das hat uns einen Strich durch unser Gewinnziel von 150 Millionen Franken gemacht.

Gibt es Dinge, die Sie als Chef gerne angepackt hätten, aber schlicht nicht dazu gekommen sind?

Die Mitarbeitenden von Valiant stehen wieder hin und sind stolz, für dieses Unternehmen zu arbeiten. Die Bank wächst organisch und kann die Zinsmarge verteidigen. Das ist alles tiptop. Wir haben uns jedoch auf die Fahne geschrieben, eine einfache Bank zu sein. Das sind wir heute höchstens nach aussen hin. Intern sind wir noch viel zu wenig effizient. Diese Pendenz übergebe ich jetzt an meinen Nachfolger.

Beim Stichwort Effizienz läuten beim Personal immer die Alarmglocken. Bauen Sie nicht nur Komplexität, sondern auch Stellen ab?

Im Vertrieb wollen wir 20 neue Stellen pro Jahr schaffen. Die Ressourcen im rückwärtigen Bereich bleiben gleich oder werden eher abgebaut. Jedes Projekt, das die Effizienz verbessert, kann auch Stellen kosten.

Sie selber bleiben der Bank wohl noch Jahre erhalten – es hätte aber auch anders kommen können. Sie waren als Kandidat fürs Raiffeisen-Präsidium im Gespräch. Hat Raiffeisen Sie angefragt?

Das Gespräch dauerte nur 30 Sekunden, wenn ich mich richtig erinnere.

«Was wir nicht brauchen, ist eine weitere Staatsbank»

Ich hatte mein Commitment schon Valiant gegeben, als sich dort die Nachfolge im Präsidium ergab. Ich glaube wirklich, dass Valiant und meine Persönlichkeit perfekt zusammenpassen, und dass die Bank noch viel Potenzial hat.

Dabei sind Sie kein Valiant-Eigengewächs, sondern haben vorher bei der Waadtländer Kantonalbank und der Postfinance Karriere gemacht. Die Postbank ringt um eine Gesetzesänderung, damit sie ins selbständige Kreditgeschäft einsteigen kann. Ist das eine gute Idee?

Was wir nicht brauchen, ist eine weitere Staatsbank mit den entsprechenden Vorteilen bei der Refinanzierung. Aber ökonomisch gesehen gibt es keinen Grund, warum die rund 100 Milliarden Franken Kundengelder der Postfinance nicht am Schweizer Kreditmarkt eingesetzt werden können.

Warum?

Das Geschäft würde sich nicht fundamental ändern. Die Margen sind sowieso unter Druck und werden weiter sinken, insbesondere im einfachen Hypothekargeschäft, das die Postfinance wohl anstrebt. Ob sie damit ihr Kernproblem mit der Rentabilität löst: dessen bin ich mir nicht sicher.

Doppelter Konjunktiv: Falls das Kreditverbot für die Postfinance fallen sollte, bräuchte sie im Kreditgeschäft schnell mehr Volumen. Eine Übernahme wäre deshalb naheliegend. Valiant arbeitet im Hypogeschäft bereits mit der Posttochter zusammen – wäre eine engere Allianz denkbar?

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