Marco Illy, der bekannteste Investmentbanker der Schweiz, hat seit vergangenem Jahr keinen Job mehr. Recherchen von finews.ch zeigen nun, dass er auf dem Genfer Finanzplatz den nächsten Deal aufgegleist hat.

Mit noch nicht 59 Jahren ist Marco Illy zu jung, um sich aufs Altenteil zu setzen. Der letzte Karriereschritt als künftiger Chef der UBS Investmentbank in der Schweiz blieb dem bekanntesten Dealmaker hierzulande zwar verwehrt – nach einem inzwischen beigelegten Streit mit seiner langjährigen Arbeitgeberin Credit Suisse (CS) trat Illy seine Stelle beim Konkurrenten nicht an.

Untätig blieb er seither aber nicht. Wie Recherchen von finews.ch ergeben haben, will der Investmentbanker in Genf eine Privatbank übernehmen. Dabei handelt es sich um die Banque Degroof Petercam (Suisse).

Due diligence ist durch

Illy sei zusammen mit einer kleinen Gruppe von Investoren im Kaufprozess weit fortgeschritten, sagt ein Kenner der Vorgänge auf dem Genfer Bankplatz gegenüber finews.ch.

Bei einem der Co-Investoren handelt es sich um eine kleine Finanz-Boutique. Ein weiterer Insider bestätigte den laufenden Verkaufsprozess. Die letzte Phase der «due diligence»-Prüfungen sei durchgeführt. Zur Vertragsunterzeichnung könnte es in Kürze kommen, hiess es. 

Verkaufsabsichten bestanden schon länger

Auf Anfrage von finews.ch sagte Illy, er kommentiere keine Marktgerüchte. Das gleiche Statement kam aus Brüssel, wo das Stammhaus Degroof Petercam domiziliert ist.

Dass die belgische Finanzgruppe ihre Schweizer Privatbank abstossen möchte, kursiert in Bankkreisen schon länger. Dem Vernehmen nach wollten die belgischen Besitzer zunächst aber nur einen Minderheitsanteil von rund 30 Prozent verkaufen, was im Markt aber nicht auf sonderliches Interesse stiess.

Illy hat das Schweizer Management auf seiner Seite

Illy trat mit einem Plan auf, der vor allem das Genfer Management von Degroof Petercam überzeugte: Vollständige Kontrolle bei gleichzeitiger Unabhängigkeit. Damit bliebe die Kontinuität im Geschäft der Privatbank gewährleistet, das Management um CEO Cédric Roland-Gosselin bliebe an Bord und würde auch dafür sorgen, die Kunden bei der Bank zu halten.

In Brüssel sei dieses Angebot zunächst nicht auf Gegenliebe gestossen, heisst es. Das Stammhaus hätte einen Verkauf an eine andere Schweizer Bank vorgezogen. Das Risiko, dadurch Management und Kunden zu verlieren, habe aber zu einem Umdenken geführt.

Klein, aber profitabel

Degroof Petercam ist mit 1'400 Angestellten und 63 Milliarden Euro verwalteten Vermögen (Asset Management und Private Banking) die grösste unabhängige Finanzgruppe in Belgien. Auf dem Schweizer Finanzplatz ist sie in erster Linie als Asset Manager bekannt.

Die Privatbank Degroof Petercam Schweiz ist klein, aber profitabel. Ende 2018 verwaltete sie rund 1 Milliarde Franken Kundengelder und schrieb einen Gewinn von 1,3 Millionen Franken.

Nachdem Degroof und Petercam im Jahr 2015 fusioniert hatten, herrschte in Genf noch Aufbruchstimmung. Die Schweizer Einheit solle das dritte Standbein der Gruppe neben Brüssel und Luxemburg werden, hiess es.

Es kam anders als geplant

CEO Roland-Gosselin sagte im September 2016, im Gegensatz zu anderen Auslandsbanken in der Schweiz wolle sich Degroof Petercam verstärken. Mittel dazu würde die Rekrutierung von Personal sein, und man wolle aktiv am Konsolidierungsprozess teilnehmen.

Es kam anders. Die Bank beschäftigt weniger als zwei Dutzend Mitarbeiter und erlitt 2018 Geldabflüsse, die nicht nur marktbedingt waren. Die Einnahmen schrumpften unter anderem beträchtlich, weil die Bank vom Verkauf hauseigener Fonds keine Retrozessionen mehr erhielt.

Immerhin ist die Banque Degroof Petercam (Suisse) noch profitabel, was wohl auch dem gut laufenden Immobiliengeschäft geschuldet ist.

Reiz und Interesse sind da

Das Interesse an Schweizer Privatbanken, die innerhalb von grösseren Finanzgruppen den Rückhalt der Aktionäre verloren haben, scheint jedenfalls erheblich zu sein. Wie finews.ch vor kurzem berichtete, will die Zürcher Bellevue Gruppe ihre Bank an die Luxemburger KBL-Gruppe unter dem neuen CEO Jürg Zeltner verkaufen.

Nun steht Illy offenbar kurz davor, einen ähnlichen Deal abzuschliessen. Der Reiz für ihn als Investmentbanker, selber Mitbesitzer einer Bank zu werden, scheint die absehbaren Schwierigkeiten und Anstrengungen zu überwiegen, im gegenwärtigen Umfeld eine erfolgreiche Wealth-Management-Organisation aufzubauen.

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