Amerikanische Milliardäre warnen zunehmend vor sozialen Unruhen in der Welt. In diesem Zusammenhang versucht die Schweizer Grossbank UBS, ihre reichsten Kunden zu einer verstärkten Zusammenarbeit zu bewegen. Kann das Erfolg haben?

Die Zahl der Milliardäre nahm im vergangenen Jahr leicht ab: Ende 2018 gehörten noch 2'101 Personen zu diesem erlauchten Kreis. Gleichzeitig sanken ihre kombinierten Vermögen um 400 Milliarden Dollar auf 2,1 Billionen Dollar, wie einer am Freitag präsentierten Studie der Schweizer Grossbank UBS und der global tätigen Beratungsfirma PWC zu entnehmen ist. Der Absturz der internationalen Aktienmärkte im vierten Quartal 2018 traf namentlich superreiche Chinesen besonders hart.

Trotzdem geht es den Milliardären immer noch prächtig, wie aus dem Bericht weiter hervorgeht. Ihre – privat gehaltenen – Firmen sind profitabler als solche, die an der Börse sind. Auch Firmen, die kotiert sind und dennoch von einem reichen Mehrheitseigner kontrolliert werden, rentieren besser als solche, deren Aktionariat breit gestreut ist. 

Feindselige Stimmung

Eine weitere Erkenntnis aus der neusten Studie: Viele Milliardäre sorgen sich um die ungleiche Verteilung des Reichtums in der Welt – und sehen sich einer zunehmend feindseligen Stimmung ausgesetzt. «Sie werden missverstanden», sagte Josef «Joe» Stadler an einem kürzlichen Medienanlass in Zürich. Er ist der oberste Private Banker der UBS für sehr wohlhabende Kunden.

Aufgrund ihrer Vermögen und Privilegien würden mittlerweile viele Vermögende einen Aufstand von links befürchten. Befeuert werden solche Entwicklungen noch dadurch, dass Reiche mehr Steuern bezahlen sollen, wie dies beispielsweise in Grossbritannien der Fall ist, wo der Oppositionsführer Jeremy Corbyn von der Labour Party jüngst ankündigte, den Reichen auf die Pelle zu rücken.

Milliardäre in Sorge

Die grossen Unterschiede zwischen arm und reich sind indessen auch immer mehr ein Thema unter Milliardären selber. Hedgefonds-Gründer Ray Dalio oder Jamie Dimon, Chef der US-Grossbank J.P. Morgan, sowie der Grossinvestor Warren Buffett haben sich dazu schon verschiedentlich geäussert. Allerdings ist Buffett bislang der einzige dieser drei, der auch versprochen hat, mindestens die Hälfte seines Vermögens für gute Zwecke zu spenden.

Laut Stadler machen sich auch viele seiner Kunden grosse Sorgen – allerdings nicht über die Tatsache der Ungleichheit per se, sondern über die Einseitigkeit der Diskussion: «Die Gespräche (mit Kunden) drehen sich darum, ob es moralisch in Ordnung ist, so grosse Unterschiede zu haben», sagte Stadler. «Dabei wird allerdings ausgeklammert, wie diese Leute ihre Milliarden verdient haben, welche Risiken sie eingingen, welche Fehler sie machten, und was sie aushalten mussten.» 

Als Schnorrer verunglimpft

Leon Cooperman (siehe Video unten), der ebenfalls einen Hedgefonds betreibt, hatte sogar Tränen in den Augen, als er kürzlich zu den Plänen demokratischer Bewerber für die US-Präsidentschaft befragt wurde. Er sei es leid, als «Schnorrer-Milliardär verunglimpft» zu werden. 

Zwar haben manche Philanthropen wie die Stiftung von Bill und Melinda Gates in Nischenbereichen bereits erfolgreiche Partnerschaften lanciert. Doch andere Leute schreckten vor der «Drecksarbeit» zurück, die für solche Erfolge notwendig sei, so Stadler. «Alle wollen helfen. Doch da sind viele aufgeblasene Egos, die vor allem ihren Namen auf einem Projekt sehen wollen», erklärt der UBS-Banker. Das Resultat sei ein bruchstückhafter, unkoordinierter Ansatz: 500 Löcher im Boden, statt einem Tunnel mit Strom und funktionierender Infrastruktur. 

Betriebswirtschaftliche Prinzipien

Für solche Probleme hält die UBS eine Lösung bereit: eine kapitalistische Herangehensweise an gemeinnützige Spenden. Die Zeiten, in denen es lediglich um das Verteilen von Geld ging, seien vorbei, betonte Stadler. «Wer ist besser in der Lage, das eigene Gerüst, die eigenen KPI (Key Performance Indicators) erfolgreich auf Philanthropie anzuwenden, als diejenigen, die schon einmal ein Imperium aufgebaut haben?», fragte er im Rahmen des kürzlichen Medienanlasses. «Viele wohlhabende Menschen haben ihr Können in der Geschäftswelt bewiesen. Und dieses Wissen soll nun in gemeinnützige Aktivitäten mit hohem Wirkungsgrad übergehen, denen betriebswirtschaftliche Prinzipien zugrunde liegen.»

In diesem Zusammenhang stellt sich Stadler ein Netzwerk vor, über das Milliardäre einander helfen, ihr Geld auf «intelligente Weise» zu verschenken. Für die UBS ist der Schwenker zu einem kollaborativen Ansatz allerdings auch eine Herausforderung. Denn das Ziel dabei sei nicht unbedingt, die ungleiche Vermögensverteilung auf der Welt zum Verschwinden zu bringen. Sondern es gehe darum, mit unternehmerischen Mitteln die sieben Billionen Dollar jährlich zusammenzubringen, die zum Erreichen der Entwicklungsziele der Uno bis 2030 nötig seien, erklärt Stadler. 

Mit Bill Gates an die Börse?

«Unlängst fragte ein Kunden, ‹Warum bringt Bill Gates seine Stiftung nicht an die Börse?», so Stadler und erklärte weiter: «Wir müssen Mechanismen finden, wie wir solche Pläne der Öffentlichkeit zugänglich machen können. Das wäre ein grosser Fortschritt.»

Ein solcher Fortschritt stellt allerdings auch die Rolle der UBS als grösste Vermögensverwalterin in Frage, da sie gleichzeitig ihren eigenen Aktionären verpflichtet ist, die nach wie vor eine möglichst hohe Rendite erwarten. Bisher bewegen sich die philanthropischen Vermögen der Bank in einem bescheidenen Rahmen: Die Bank will nächstes Jahr auf 100 Millionen Dollar kommen, während sie insgesamt 2,1 Billionen Dollar für ihre schwerreichen Kunden verwaltet. 

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