Wenn die beiden Schweizer Grossbanken wieder wachsen wollen, müssen sie andere europäische Institute übernehmen. Doch das Top-Management fährt eine Strategie der Besitzstandswahrung. Darum braucht es neue Chefs mit mehr Mut zum unternehmerischen Risiko.  

Mindestens zwei Auffälligkeiten hat der Jahresabschluss 2019 der UBS am (gestrigen) Dienstag offenbart: Erstens, die grösste Schweizer Bank hat ein akutes Wachstumsproblem; zweitens, der Rückstand zu den US-Finanzinstituten wird immer grösser. Dass die Bank nun ihre Renditeziele auf dem Eigenkapital zurückgeschraubt hat, mutet wie ein Eingeständnis dieser Schwierigkeiten an. 

Ersteres Problem zeigt sich daran, dass die UBS 2019 weniger Ertrag und Gewinn als im Vorjahr erzielt hat. Belief sich das Ergebnis 2018 noch auf 4,5 Milliarden Dollar, so figurieren für 2019 nur noch 4,3 Milliarden Dollar unter dem Strich. Das ist insofern erstaunlich, als 2019 ein sehr gutes Börsenjahr war, was sich eigentlich auch für die UBS hätte positiv auswirken müssen. Doch das war ganz offensichtlich nicht der Fall. Mit einem geringen Plus von 0,2 Prozent waren die UBS-Papiere 2019 die zweitschwächsten im Swiss Market Index (SMI).

Rechnung geht nicht auf

Mit anderen Worten: Das Geschäftsmodell, das UBS-Chef Sergio Ermotti vor bald acht Jahren initiiert hat und den Fokus auf die Vermögensverwaltung richtet, während das Investmentbanking eine Zuliefer-Funktion übernimmt, greift nicht. Das ist bedenklich, zumal sich die UBS als die grösste Vermögensverwalterin der Welt profiliert und vor allem im Segment der sehr wohlhabenden Kunden, also der Milliardäre, die Marktführerschaft für sich beansprucht.

Doch ganz offensichtlich geht die Rechnung nicht auf: Viele begüterte Kunden vertrauen ihr Vermögen zwar der Schweizer Bank an, aber ihre Investments tätigen sie über andere Anbieter und Kanäle. Damit mutiert die UBS von einer Vermögensverwalterin zu einer Vermögensverwahrerin und als Folge davon sind die Erträge rückläufig.

Steigende Kosten, verschärfte Konkurrenz von Digitalbanken, zunehmende Regulierungshürden sowie anhaltende Tiefstzinsen setzen der Bank gleichzeitig auf der Aufwandseite zu, so dass unter dem Strich tatsächlich immer weniger übrig bleibt. Viele Investoren haben das längst erkannt – allein am Dienstag verlor die UBS-Aktie gut 4,5 Prozent an Wert. 

Grosse Diskrepanz

Das zweite grosse Problem – die Übermacht der US-Finanzinstitute – nimmt mittlerweile ein Ausmass an, das beängstigend ist. Die US-Bank J.P. Morgan erzielte im vergangenen Jahr einen Gewinn von 36,4 Milliarden Dollar, gut achtmal soviel wie die UBS.

Mit dieser Diskrepanz steht die Schweizer Bank indessen nicht alleine da, sondern die meisten europäischen Institute haben es in den vergangenen zehn Jahren verpasst, sich strategisch so zu positionieren, dass sie der US-Konkurrenz paroli bieten könnten. Eklatantestes Beispiel dafür ist die Deutsche Bank, die mittlerweile weit abgeschlagen noch immer nach der richtigen Ausgestaltung für die Zukunft sucht.

Die Dominanz der US-Häuser ist auf verschiedene, vor allem strukturelle Faktoren zurückzuführen. Der amerikanische Markt ist homogener als Europa, die Regulierung ebenfalls, ausserdem brachte sich US-Zentralbank nach der Finanzkrise wesentlich energischer ein, damit die Banken wieder auf Kurs kamen, und last but not least verstanden es die amerikanischen Institute, mit Übernahmen Skalenerträge zu erzielen und so zu wachsen und damit die Kosten im Griff zu behalten.

Auch Ermotti lieferte am Dienstag eine Erklärung dazu ab und verwies dabei auf die Finanzkrise vor mehr als zehn Jahren. Die US-Behörden hätten damals richtig reagiert, indem sie Zusammenschlüsse unter den grossen Banken forciert oder bewilligt hätten, während die hiesigen Banken durch die verschärften Eigenkapitalvorschriften zur Schrumpfung des Geschäfts gezwungen worden seien. «Nun muss die Konsolidierung in Europa kommen», folgerte er.

Warten auf die Bankenunion

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