Die UBS und die Credit Suisse setzen sich ehrgeizige Klimaziele. Ein Grund dafür sind Risiken in ihren Bilanzen. Kommt im Juni das CO2-Gesetz an der Urne durch, ist der Rest des Swiss Banking gefordert.

Der Zweck besteht darin, Menschen für eine bessere Welt miteinander zu vernetzen. Ans Klima muss dabei immer zuerst gedacht werden – überhaupt ist es die oberste Aufgabe, den Pfad zu mehr Nachhaltigkeit voranzugehen.

Wer denkt, dieses Bekenntnis stamme aus dem Leitbild des WWF, liegt weit daneben: Es findet sich in einer Präsentation, die UBS-Chef Ralph Hamers anlässlich der Quartals-Konferenz vom vergangenen April hielt. Darin skizzierte der neue CEO erstmals die Grundzüge seiner Strategie für die grösste Schweizer Bank.

Mehr als Marketing?

Die Verpflichtung zu den UN-Zielen für nachhaltigen Entwicklung (SDG), der Finanzierungs-Stop für Klimaschädlinge wie Kohle, das Null-Emissionsziel bis 2025: Dies alles unterschreibt nicht nur die UBS, sondern auch deren Erzrivalin Credit Suisse (CS). Beide Grossbanken verfügen inzwischen über hoch im Konzerngefüge angesiedelte Nachhaltigkeits-Komitees. Bei der CS ist seit letztem Sommer mit Lydie Hudson die Nachhaltigkeit auch in der Geschäftsleitung vertreten.

Dass die Grossbanker aus reinem Gutmenschentum der Umwelt, der Gesellschaft und der guten Geschäftsführung (ESG) so viel Beachtung schenken, nehmen ihnen Umweltaktivisten nicht ab: Beide Schweizer Grossbanken wurden in der Vergangenheit zum Ziel von Protestaktionen. Und wiederholt monierten NGO, das Banking wandle sich bei weitem nicht schnell genug.

Andere Kritiker vermuten in den Bemühungen der Institute derweil reines Marketing.

Bis jetzt noch freiwillig...

Wenig Beachtung finden dabei die inneren Zwänge, welche die Banken zu mehr Nachhaltigkeit treiben. Wie sich zeigt, haben UBS und die CS ein reges Interesse daran, Klimarisiken aus ihrer Bilanz zu bugsieren. Noch tun sie dies auf freiwilliger Basis; sie folgen darin den Empfehlungen der Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD), einer internationalen Arbeitsgruppe zur Klima-Berichterstattung, die dem einflussreichen Finanzstabilitäts-Rat (FSB) angehört.

Doch die Empfehlungen und Vorgaben haben in den letzten Monaten an Zahl und Verbindlichkeit gewonnen – mittelfristig dürften auch kleinere Geldhäuser sich der Entwicklung nicht mehr entziehen können.

Bund sichert offizielle Unterstützung zu

«UBS und Credit Suisse berücksichtigen bei der Bewertung ihrer Bilanzen seit 2019 auch Klimarisiken», sagt Hans-Ruedi Mosberger, Leiter Asset Management & Sustainability bei der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg). «Insofern sind Klimarisiken bereits eine relevante Grösse für die Kapitalisierung der beiden Grossbanken.»

Bei Mosberger laufen die verschiedenen Fäden der Nachhaltigkeit-Bemühungen in der Branche zusammen. Wobei die «Sustainability» mittlerweile fast sein ganzes Pensum in Anspruch nimmt. Denn auch in der Schweiz hat sich mit der Coronakrise der Trend zu mehr Nachhaltigkeit beschleunigt.

So sagte der Bund im vergangenen Januar der Arbeitsgruppe zur Klimaberichterstattung TCFD die offizielle Unterstützung zu. «Die Offenlegung von ESG-Faktoren kommt, das trifft die Banken genauso wie die Realwirtschaft», blickt Mosberger in die Zukunft.

Relevante Positionen gesunken

Dereinst müssen nicht nur die UBS und CS genau wissen, was sich an Klimarisiken in ihren Bilanzen und bei ihren Geschäftspartnern verbirgt. Die beiden Grossbanken publizieren bereits detaillierte Nachhaltigkeits-Reports für jedes Bilanzjahr, in denen sie diesen Posten Rechnung tragen. Ein Sprecher der UBS hält auf Anfrage fest, die Grossbank habe keine signifikanten Klima-bezogenen Risiken festgestellt. Der Anteil an CO2-relevanten Vermögenswerten in der Bilanz sei mit 5,4 Milliarden Dollar gering und sei Ende 2020 auf 1,9 Prozent gesunken – nach 2,3 Prozent Ende 2019 und 2,8 im Jahr zuvor.

«Damit wir die Vermögenswerte vor klimabedingten Risiken schützen, begrenzen wir unsere Risikobereitschaft im Zusammenhang mit CO2-relevanten Vermögenswerten und evaluieren die Anfälligkeit der Aktivitäten von UBS gegenüber den Risiken des Klimawandels», heisst es bei der Grossbank weiter.

Kredite an Energiebranche um 2 Milliarden Dollar reduziert

Die CS beziffert im Nachhaltigkeits-Bericht von 2020 ihr potenzielles «Exposure» gegenüber Kilma-sensitiven Branchen gemäss TCFD-Standard auf 4,5 Prozent, gemessen an der gesamten Kreditvergabe. Das Engagement im Bereich Öl und Gas ist laut dem Institut seit 2015 tendenziell rückläufig, von 9,1 Milliarden Dollar im vierten Quartal 2015 auf 7,1 Milliarden Dollar im vierten Quartal 2020.

«Die Finanzierungs-Einschränkungen für die Kraftwerkskohle-Förderung und den Kohlebergbau sowie die Anwendung der Client Energy Transition Frameworks auf diese Schwerpunktbranchen wird das Engagement in CO2-intensive und klimasensible Unternehmen weiter reduzieren», heisst es bei der CS.

Angst vor unverkäuflichen Investments

Wenn etwa die Finanzierung im Bereich der Kohleförderung- und -kraft indirekt mit mehr Eigenkapital hinterlegt werden müssen, trage dies dem Umstand Rechnung, dass solche Branchen mit Blick auf den Klimwandel risikoreicher sind, sagt Mosberger. «Eine entsprechende Beurteilung der Positionen in der Bilanz hilft den Banken, nicht auf ‹Stranded Assets› sitzen zu bleiben.»

Sinnigerweise bekundet derzeit die CS im Greensill-Debakel liebe Mühe, Geld zurückzuholen, das von ihren Fonds an Stahlwerke und Kohleförderer verliehen wurde.

Aufsicht mit Klimaziel

Solche Positionen interessieren zunehmend auch die Aufsicht. Wie auch finews.ch berichtete, berücksichtigt die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) Klimarisiken seit letztem Jahr in ihrer Aufsichtstätigkeit und hat ein Klimaziel in der Strategie für die Periode bis ins Jahr 2024 festgelegt.

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) wiederum ist 2019 der Zentralbanken-Gruppe Network for Greening the Financial System (NGF) beigetreten. Das Netzwerk setzt sich insbesondere mit dem Einfluss des Klimawandels auf die Finanzstabilität auseinander.

Banken stellen sich hinter CO2-Gesetz

Den nächsten Dreh an der Aufsichtsschraube kommt für die Schweizer Banken wohl am 13. Juni. Dannzumal kommt die Revision des so genannten CO2-Gesetzes zur Abstimmung, das eine weitere Senkung des Treibhausgas-Ausstosses der Schweiz vorsieht. Bei einer Annahme wird gemäss Artikel 66 des Gesetzeswerkes auch die Überprüfung von klimabedingten finanziellen Risiken durch die Finma und die SNB festgelegt.

Die Banken-Lobby, die Regulierungsvorhaben gegenüber zumeist skeptisch eingestellt ist, setzt sich für ein Ja an der Urne ein. «Das CO2-Gesetz schafft eine erste und notwendige Voraussetzung, um die vollständige Transformation weg von den fossilen Energien zu begleiten», argumentiert die SBVg. Der Verband folgt damit dem Anliegen der breiten Schweizer Wirtschaft.

Grüne Hypotheken

Bei der SBVg denkt man dabei nicht nur an den internationalen Standort-Wettbewerb, in dem Gross- und Privatbanken die Schweiz als Hub für nachhaltige Investments positionieren möchten. Wie Mosberger beteuert, birgt die Entwicklung auch Chancen fürs Retailbanking im Inland. «So sind etwa die Kantonalbanken aufgrund ihrer lokalen Verankerung und ihres Leistungsauftrags in einer guten Position, das Banking nach ESG-Kriterien voranzutreiben.» Und im Zinsengeschäft mit Hypotheken lasse sich über die Förderung von klimafreundlichen Bauten viel bewegen, glaubt der Verbandsmann.

Kurz: «Die ESG-Thematik ist auch als Opportunität für den Finanzplatz zu begreifen.»

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
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