Unter Chef Martin Scholl hat sich die Zürcher Kantonalbank gründlich gewandelt. Die Generaldirektion ist allerdings kein Abbild dieser Emanzipation. Eine Frage lautet: Geht Scholl nicht zu früh?

Martin Scholl tritt Ende August 2022 als CEO der Zürcher Kantonalbank (ZKB) zurück. Der am vergangenen Dienstagabend angekündigte Entscheid hat sich – rein altershalber, Scholl hat Jahrgang 1961 – abgezeichnet. Und doch lässt sich konstatieren: Scholls Rücktritt kommt möglicherweise zu früh.

Der Grund für diese Feststellung, die teilweise auch ZKB-intern geteilt wird: Die potenziellen internen Kandidatinnen und Kandidaten für den CEO-Posten sind dünn gesät. Bleibt der Bankrat bei der verankerten Tradition, primär eine interne Nachfolgelösung anzustreben, kommen gemäss ZKB-Kennern in erster Linie zwei Personen in Frage: IT-Chef Remo Schmidli und Florence Schnydrig-Moser, Leiterin Private Banking. Weniger Chancen werden Jürg Bühlmann, der seit Anfang 2020 das Firmenkunden-Geschäft leitet, für den Job gegeben.

Promotion ohne Bewährungsfrist?

Doch Schmidli – und vor allem die Idealkandidatin Schnydrig-Moser – haben einen gemeinsamen Makel: Sie sind in der Generaldirektion Youngsters, Schmidli erst seit 2019 Mitglied und Schnydrig-Moser offiziell seit dem vergangenen 1. Mai.

Eine Promotion würde ohne die notwendige Bewährungsfrist erfolgen, die einige Jahre dauern sollte. Andere Kandidaten aus der Generaldirektion auf den CEO-Posten zu heben, wäre für den Bankrat schwer zu begründen.

Alle anderen werden demnächst 60

Denn abgesehen von Schmidli, Schnydrig-Moser und Bühlmann nähern sich die anderen Mitglieder im neunköpfigen Gremium dem Ende ihrer aktiven Karriere: Stephanino Isele, Leiter Institutionals & Multinationals, Daniel Previdoli, Products, Services & Directbanking, sowie Risikochef Roger Müller sind alle nur ein Jahr jünger als CEO Scholl. Finanzchef Rudolf Sigg ist gleich alt.

Insofern hat Bankpräsident Jörg Müller-Ganz zwei Probleme zu lösen: Die Nachfolge von Scholl zu regeln, sowie den Generationenwechsel in der Geschäftsleitung der ZKB durchzuführen. Begonnen hat dieser bereits mit den Rücktritten von Heinz Kunz (Firmenkunden) und Christoph Weber (Private Banking).

«Ganzheitliche Nachfolgeplanung»

Die ZKB kommentiert dies gegenüber finews.ch mit der Aussage, das Alter der Geschäftsleitungs-Mitglieder sei bekannt. Es gehöre zur Kernaufgabe des Präsidenten und des Bankrats, sich vorausschauend mit der langfristigen Nachfolge für Schlüsselpersonen zu beschäftigen.

Dass für den CEO-Posten eine interne Kandidatur vorgezogen würde, lässt die ZKB so nicht stehen. Die Nachfolgeplanung müsse in einer Branche, die sich schnell wandle, ganzheitlich erfolgen. Dazu gehöre die Sicht nach innen wie nach aussen.

Grössere Veränderungen überfällig

Klar, dass sich die ZKB hier nicht in die Karten blicken lässt. Doch angesichts des Generationenwechsels in der Generaldirektion bietet sich dem Bankrat die Möglichkeit, grössere und überfällige Veränderungen vorzunehmen, welche den Wandel der Schweizer Grossbank auch repräsentieren würden.

Denn die Zusammensetzung der Geschäftsleitung und die den Mitgliedern zugeteilten Bereiche stimmen mit den relevanten Geschäftsaktivitäten nicht mehr überein. Allein schon die Bezeichnung Generaldirektion ist ein Anachronismus.

Anders gesagt: Die ZKB ist keine Spar- und Leihkasse mehr, wie sie in der Öffentlichkeit teilweise noch wahrgenommen wird. Der Wirkungskreis und die Geschäftsaktivitäten der Staatsbank haben die Kantonsgrenzen längst gesprengt. Die ZKB ist eine Schweizer Universalbank, mit internationalem Charakter. Den Hauptteil der Erträge und Gewinne steuern längst nicht mehr die 57 Filialen und das klassische Zinsgeschäft bei.

Charakter einer Grossbank

Mit der im Jahr 2015 erfolgten Übernahme des Asset Managers Swisscanto hat sich der Anteil des Kommissionsgeschäfts am Ertragsmix auf 32 Prozent erhöht. Der Handel der ZKB, im Prinzip das Investmentbanking, steuert inzwischen 18 Prozent bei.

Das breit diversifizierte Geschäftsmodell der ZKB, ihre Stärke im Schweizer Investmentbanking, das starke Wachstum im Anlagegeschäft und der tiefer gewordene internationale Fussabdruck (Private Banking Österreich, Brokerage in London, Repräsentanzen in Sao Paolo, Peking, Singapur und Mumbai) sind Scholls Verdienst.

Das findet auch Anerkennung bei den Rating-Agenturen, welche die ZKB auch aufgrund ihrer Diversifikation zu den sichersten Banken der Welt zählen.

Ein politischer Bankrat

Aber als CEO, der seit 2007 die Geschicke dieser Bank leitet, hat es Scholl verpasst, diese Diversifikation in seiner Geschäftsleitung abzubilden. Mit Segmentsleitungen wie Products und Services oder Firmenkunden ist die ZKB eher noch das Abbild einer Spar- und Leihkasse – nicht das einer Schweizer Grossbank.

Das Festhalten an dieser altbackenen Struktur ist nicht alleine Scholl anzulasten, obwohl es an ihm gewesen wäre, so wichtige Geschäfte wie das Asset Management und Investmentbanking in der Geschäftsleitung auch zu repräsentieren.

Solche Schritte würden auch in der Kompetenz des Bankrates liegen – doch der vertritt mit seiner starken politischen Prägung zumindest in Teilen noch die Aussensicht auf die ZKB, die ehemalige Spar- und Leihkasse des Kanton Zürich.

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