Florence Schnydrig Moser will das Bewusstsein dafür schärfen, dass Teilzeit nicht immer funktioniert, und dass man nicht stetig neue Forderungen an die Firmen stellen kann. Die Private-Banking-Chefin der Zürcher Kantonalbank sagt im Interview mit finews.ch zudem, welche Erwartungen sie an die Zusammenarbeit mit dem künftigen CEO Urs Baumann hat.


Florence Schnydrig Moser, nachdem Sie mehr als 20 Jahren bei Grossbanken wie der Credit Suisse (CS) gearbeitet haben: Worin unterscheidet sich der Job bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB) am meisten?

Ich beginne lieber mit dem, was sich gleicht: Die ZKB ist genauso eine Universalbank mit einem ähnlichen Offering und Setup, und dies auf einem sehr hohen Niveau an Professionalität. Ein grosser Unterschied ist hingegen, dass die ZKB eine Schweizer Bank in Schweizer Hand ist und nicht an der Börse kotiert ist.

Wie äussert sich diese Swissness?

Schweizer Werte wie Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, Bescheidenheit, Ehrlichkeit, Transparenz stehen im Vordergrund. Das Interesse an Menschen, sei es an Mitarbeitenden oder Kunden, steht im Fokus.

Sie gelten als aufstrebendes Management-Talent im Swiss Banking. Nun haben Sie mit Urs Baumann einen neuen CEO vor die Nase gesetzt bekommen. Wie gehen Sie damit um?

Ausgesprochen gut. Urs Baumann bringt grosse Erfahrung in der Finanz- und Bankbranche mit und wird die Erfolgsgeschichte der Zürcher Kantonalbank weiterführen.

«In der ersten und zweiten Führungsebene sind wir noch nicht dort, wo wir gerne sein möchten»

Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit mit ihm – insbesondere im Bereich Nachhaltigkeit, da dies ein sehr wichtiges Thema für unsere Kundinnen und Kunden ist und die Zürcher Kantonalbank diesbezüglich beste Voraussetzungen mitbringt.

Haben Sie sich für den CEO-Job beworben?

Nein. Ich habe meine jetzige Funktion im Mai angetreten und möchte in den nächsten paar Jahren das Private Banking der ZKB weiterentwickeln und in diesem Bereich einen «Impact» für die Bank generieren.

Bei der CS galten Sie als «Produkte-Frau». Wie finden Sie sich nun im Private Banking zurecht?

Der Kreis hat sich gewissermassen geschlossen: Im Rahmen meiner Produkte-Verantwortung war ich früher oft zusammen mit den Kundenberatern bei Privatkunden unterwegs. Alles, was der Kunde von einer Produkte-Strategie braucht, kann ich nun aus der anderen Perspektive verstehen und anwenden – und somit auch besser steuern.

Sie waren bei der CS eine von mehreren weiblichen Führungskräften. Nun sitzen Sie als einzige Frau in der Geschäftsleitung der Bank. Wie pflegen Sie Ihr Netzwerk hier?

In der ersten und zweiten Führungsebene sind wir noch nicht dort, wo wir gerne sein möchten. Aber wir arbeiten aktiv daran. Ich habe mich schnell stark engagiert und behaupte von mir, die Top-Frauen in der Bank bereits zu kennen. Wir unterstützen einander. Das ist vielleicht von aussen her nicht so sichtbar.

Was würden Sie jungen Frauen mit Blick auf eine Karriere im Banking raten?

In der Schweiz ist man sehr stolz auf die Möglichkeit der Teilzeitarbeit. Diesbezüglich fordere ich jüngere Frauen auf, sich eine Sportlerin vorzustellen, die an die Olympischen Spiele möchte. Reicht es, wenn sie nur zu 50 Prozent trainiert, wenn ihre Konkurrenten zu 100 Prozent trainieren?

Ein rhetorische Frage. Teilzeit ist also ein Hindernis für die Karriere?

Ich will lediglich das Bewusstsein dafür schärfen, dass Teilzeit nicht immer funktioniert, und dass man nicht stetig neue Forderungen an die Firmen stellen kann.

«Ich sage den Frauen: Überlegt gut, wie lange, wie viel, und wieso gerade Ihr Teilzeit arbeitet»

Wenn Frauen zu oft und zu lange Teilzeit arbeiten, verlieren sie Arbeitserfahrung in den relevanten Jahren, in denen Frauen wie Männer die beruflichen Schritte vorwärts machen.

Was ist die Lösung, wenn Betreuungsangebote in der Schweiz fehlen?

Ich sage den Frauen: Überlegt gut, wie lange, wie viel, und wieso gerade Ihr Teilzeit arbeitet – und nicht der Partner. Wieso legen sich nicht beide auf 80 Prozent fest? Oft vergessen geht auch, dass wer Karriere macht und beruflich aufsteigt, damit auch mehr Freiheit hat, seine Agenda selbst zu gestalten.

ZKB-Chef Martin Scholl ist bekanntlich kein Fan von flexiblen Arbeitsmodellen.

Die ZKB hatte bereits vor der Pandemie flexible Arbeitsmodelle und die Möglichkeit von Homeoffice. Trotzdem: wir sind der Meinung, dass unsere Kultur es verlangt, nahe bei den Menschen zu sein – bei Kunden wie Mitarbeitenden.

Wo kann das Private Banking der ZKB wachsen?

Der Bereich umfasst bei uns ein weites Spektrum. Dieses beginnt ab 100’000 Franken Vermögen und ist nach oben offen. Das heisst, Retail-, Affluent- Private-Banking- und UHNWI-Kunden werden alle aus dem gleichen Bereich bedient. Hinzu kommen die externen Vermögensverwalter.

«Wir werden die Kundenbetreuung stärker zentrieren»

Das grösste Wachstum stammt allerdings von den UHNWI-Kunden, von den Externen Vermögensverwaltern und vom Private Banking.

Wie behalten Sie da den Überblick?

Wir werden die Betreuung stärker zentrieren, indem wir Berater für die Private-Banking und UHNWI-Segmente unter eine Führung nach Zürich bringen. Die Beratung findet allerdings immer dort statt, wo die Kundschaft das wünscht.

Was erhoffen Sie sich dadurch?

Die Kunden werden künftig öfter von einem ganzen Team abgedeckt, statt nur von einem einzelnen Kundenberater. Im Team hat man beispielsweise einen Anlage-Experten zur Verfügung, oder Hypothekar- und Kredit-Expertise. Dadurch lässt sich mehr Wachstum realisieren.

Welches sind Ihre Ziele im Private Banking?

Wir überarbeiten diese derzeit in Zusammenhang mit der erwähnten Fokussierung. Nächstes Jahr werden wir definieren, wie viel Wachstum an Vermögen, Ertrag und an Marktanteilen wir erzielen möchten.

Wie differenziert sich das Angebot der ZKB?

Unsere Value-Proposition gibt es nicht erst ab einem Vermögen von 50 Million Franken, sondern schon viel früher. Hinzu kommt, dass wir sehr schnelle Entscheidungswege haben: Wir sind nicht so gross, nah beieinander und arbeiten eng im Team.

Wenn ein Berater eine hohe Kreditlinie bewilligt haben will, ist er schnell bei mir, ich wiederum beim CEO Martin Scholl und dieser dann beim Präsidium.

Welches ist die strategische Bedeutung des Private Banking innerhalb der ZKB?

Mit etwa einem Drittel der verwalteten Vermögen sind Firmen- und Privatkunden sehr relevant für die Bank. Das Privatkunden-Geschäft ist ein wichtiger Ertragspfeiler. Es ist im Zins- und Anlage-Geschäft breit aufgestellt, was wertvoll ist für die Diversifizierung der gesamten Bank.

Wie wollen Sie Kunden ausserhalb des Kantons Zürich ansprechen?

Sicher nicht mit physische Filialen. Wir erreichen dies vor allem mit digitalen Kanälen und unserem Beziehungsnetz im Wirtschaftsraum und darüber hinaus.

«Das ist ein Thema, an dem wir arbeiten»

Unsere Firmenkunden-Einheit etwa ist schweizweit tätig. Hier gibt es ganz viele Kader, die potenzielle Privatkunden sind. Auch die Säule-3a-App Frankly ist ein gutes Beispiel dafür, wie die ZKB schweizweit wachsen kann.

Welchen Stellenwert haben die Auslandstöchter der ZKB?

Auch wenn die Niederlassungen der ZKB-Privatbank Österreich in Wien und Salzburg einen kleinen Anteil des Gesamtgeschäfts ausmachen, geniessen sie einen hohen Stellenwert. Es ist mir gleichzeitig ein Anliegen, dass wir gerade als Kantonalbank im Auslandsgeschäft kein Risiko eingehen.

Zudem profitieren wir von der Expertise vor Ort und erhalten Zugang zum deutschen Markt – der relevanteste und am schnellsten wachsende ausländische Markt der ZKB.

Wo sehen Sie in Ihrer Sparte den grössten Aufholbedarf in Sachen Digitalisierung?

Heute sind noch immer sehr viele Informationen allein in den Köpfen der Kundenberater gespeichert. Ich möchte, dass wir mehr datenbasiert und auf den Kunden hin orientiert arbeiten.

Sprich, dass wir dem richtigen Kunden das richtige Angebot zum richtigen Zeitpunkt zur Verfügung stellen. Dafür braucht man ein gutes Daten-Management – das ist ein Thema, an dem wir arbeiten.


Florence Schnydrig Moser wurde Anfang 2021 Mitglied der Generaldirektion der ZKB und ist seit 1. Mai 2021 Leiterin der Geschäftseinheit Private Banking beim Staatsinstitut. Zuvor leitete die 49-jährige Walliserin Swisscard AECS, die Kreditkarten-Tochter der CS. Ab dem Jahr 2000 war Schnydrig Moser bei der Grossbank in verschiedenen Funktionen im Private Banking und im Ausland tätig. Als Produktechefin der CS Schweiz verantwortete sie die Entwicklung und Vermarktung der Produkte für Privatkunden. Schnydrig Moser studierte Mathematik an der EPFL in Lausanne und absolvierte die Ausbildung zum Chartered Financial Analyst (CFA).

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