Für die Fintech-Branche sind die Boom-Jahre vorerst vorbei. Dafür schlägt wieder die Stunde der traditionellen Banken, wie Goldman Sachs in sechs Trends beschreibt.

Massiv weniger Finanzierungen und tiefere Bewertungen von Fintech-Vermögenswerten: Die Aussichten für die Erneuerer der Finanztechnologie haben sich in diesem Jahr stark verdüstert. Der Wandel im Fintech-Umfeld eröffnet demgegenüber traditionellen Banken die Chance, verlorenes Terrain wieder gutzumachen.

Die Umwälzungen sind dabei so fundamental, dass die US-Investmentbank Goldman Sachs diese mit dem Begriff «Fintech 2.0» überschreibt. Auf die Gestaltung der neuen Fintech-Landschaft in Europa wirken demnach sechs Kräfte.

  1. Höhere Zinssätze kippen das Gleichgewicht
    Zum ersten Mal seit Jahren werden die Ertragsschätzungen bei den Banken nach oben korrigiert. Die Geldhäuser finden sich in einer besseren finanziellen Lage, während der Zugang zu Kapital für neue Wettbewerber erschwert wird.
  2. Die Banken sind nicht mehr abgelenkt, unterkapitalisiert und unrentabel
    Die Finanzkrise von 2008 ist gut verdaut, so dass die Banken jetzt gut kapitalisiert und rentabel sind. Deshalb können sie eine viel aktivere Rolle bei der Entwicklung der Fintech-Branche in Europa zu spielen, und zwar über eine Vielzahl von Kanälen, einschliesslich ihrer eigenen Ausbaupläne.
  3. Kapitalknappheit führt zu einem Strategiewechsel
    Ein stark kapitalintensives Wachstum auf Pump ist für viele Fintechs keine praktikable Strategie mehr. Stattdessen sind nun Kostensenkungen und eine Neuausrichtung auf Kerngeschäftsfelder an der Tagesordnung. Noch grösser ist der Druck auf solche Massnahmen in grossen, konsumorientierten Märkten, in denen hohe Kundenakquisitionskosten das Wachstum bei zugleich hohem Kapitalverbrauch hemmen.
  4. Technologische Möglichkeiten erleichtern die Produktinnovation
    Die europäischen Banken können ihre eigenen Neobanken auf der Grundlage bewährter Technologiepakete schnell einführen. Gleichzeitig ermöglicht die Breite und Tiefe der Banken, die auf Software as a Service (SaaS) ausgerichtet sind, einen gesunden Wettbewerb und Produktinnovation. So dürfte ein Verdrängungswettbewerb ausbleiben.
  5. Die europäischen Banken treiben ihre eigenen Neobank-Strategien voran
    Das Tempo beschleunigt sich, mit dem die europäischen Banken ihre eigenen Neobanken aufbauen. Die lancierten Unternehmen bieten Effizienzgewinne, indem sie auf einer vollständig digitalisierten Basis operieren – unbelastet von einem grossen physischen Zweigstellennetz oder einer ineffizienten alten IT-Infrastruktur.
  6. Die Regulierung bei den Fintech nimmt zu
    Die Aufsichtsbehörden werden sowohl neue Marktteilnehmer, aufkommende Geschäftsmodelle als auch die digitale Infrastruktur der etablierten Banken genauer unter die Lupe nehmen.

Entlang diesen Veränderungen erwarten die Experten von Goldman Sachs im Jahr 2023 drei neuen Entwicklungen. Erstens werden vor allem die zinsempfindlichen Banken, darunter die Commerzbank, einen Teil des Ertragspotenzials aus höheren Zinsen reinvestieren.

Zweitens dürfte das niedrigere Bewertungsniveaus für Fintechs in Verbindung mit ihrem anhaltenden Bedarf an externem Kapital zu einer höheren Anzahl von Fintech-Übernahmen führen. Als möglicher Käufer genannt wird dabei die französische BNP Paribas.

Drittens erwarten die Autoren, dass beim Ausbau der eigenen Neobank-Angebote vor allem Intesa (mit Isybank), Société Générale (Boursorama) sowie BBVA (BBVA Italien) hervorstechen werden.

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