Vor einem Jahr wurde aus dem 232-Millionen-Dollar ICO von Tezos eine Schlammschlacht, welche die Krypto-Szene monatelang in Atem hielt. finews.ch weiss, wie es um das Projekt steht.

Ryan Jesperson, der Präsident der Schweizer Stiftung hinter Tezos fragte kürzlich in in Zürich einen Saal voller Zuhörer, wer von den Problemen des Projekts gehört habe. Jeder der Anwesenden hob die Hand.

Als Jesperson im Anschluss die Frage stellte, ob die Zuhörer auch wüssten, was sich seitdem getan hat, meldete sich fast niemand.

«Viele Leute sagen, ‘ich habe nicht viel von Tezos gehört’ und das ist eigentlich sehr gut so», sagte Jesperson im gut gefüllten Trust Square an der Zürcher Bahnhofstrasse. «Die Stiftung ist gut auf Kurs, wir haben uns auf die Technologie konzentriert und seitdem gab es einige wirklich unglaubliche Entwicklungen.»

Ruhe nach dem Sturm

Der 37-Jährige zog erst im April von Salt Lake City nach Zug. Zwei Monate davor war er zum Präsidenten der Tezos Stiftung ernannt worden.

Jesperson ist noch nicht sehr lange in der Krypto-Szene aktiv. Der ehemalige Spezialist für Turnarounds im Gesundheitssektor begann sich erst letztes Jahr über Blockchain und digitale Vermögenswerte zu informieren.

Er steht allerdings für die «erwachsene» Seite von Tezos und hat den klaren Auftrag, wieder Ruhe in das Projekt zu bringen. Seine Vorgänger bei der Stiftung hatten sich mit den Begründern von Tezos, Arthur und Kathleen Breitman eine erbitterte Auseinandersetzung geliefert.

Der dreifache Vater Jesperson sagte, er sei gewählt worden, um die bei Krypto-Startups üblichen Übertreibungen zu vermeiden. Stattdessen will er der Technologie zum Durchbruch verhelfen. «Wir haben uns auf die Technologie konzentriert. Letztlich ist alles andere irrelevant, wenn wir die Technologie nicht ausliefern können», sagte er mit der der ihm eigenen unerschütterlichen Ruhe.

Juristische Probleme

Diese Hürde hat er genommen: Im September ging Tezos online. Falls das Netzwerk ohne Unterbrechungen für drei Monate läuft, wird ein Verteilmechanismus ausgelöst, wie finews.ch schon letztes Jahr berichtet hat. Das bedeutet, dass den Breitmans noch vor Weihnachten ein Geldsegen ins Haus steht.

Was Jesperson überspielt, ist dass die Breitmans, die Stiftung und mehrere andere Parteien immer noch bis zum Hals in Rechtsproblemen stecken: Gegen sie wurde in den USA eine Sammelklage angestrengt. Der Investor Tim Draper und Bitcoin Suisse, die Tezos beim ICO unter die Arme gegriffen hatten, wurden davon vor drei Monaten ausgeschlossen.

Die diplomatischen Bemühungen des Stiftungspräsidenten stehen im Kontrast zu klareren Ansagen der Breitmans. Die beiden erhielten das Projekt mit eigenen Mitteln am Leben, als letztes Jahr ein Streit zwischen dem Paar und dem damaligen Stiftungspräsidenten Johann Gevers den Geldfluss unterbrach. Den beiden ist zu verdanken, dass Tezos überhaupt zum Fliegen kam, wenn auch verspätet.

Sind «Tezzies» Wertpapiere?

Gevers, der Gründer des inzwischen gescheiterten Zahlungsverkehrs-Startup Monetas, trat im Februar als Präsident der Tezos Stiftung zurück. Angeblich soll er eine Abgangsentschädigung von 400'000 Dollar bekommen haben. Das Geld kann er gut gebrauchen, auch Gevers ist Ziel der Klagen in den USA.

Die US-Gerichte haben noch nicht entschieden, ob der Tezos-Fall als Sammelklage zugelassen wird – das wäre ein Rückschlag für das Projekt – und auch die Frage, ob die Tezzie-Token ein reguliertes Anlageinstrument sind, ist noch offen.

Selbst wenn die Frage der Sammelklage im Sinne der Tezos-Exponenten entschieden wird, «könnte das für Tezos zum Nachteil werden, weil der Entscheid in anderen Fällen gegen sie verwendet werden könnte. Auswirkungen könnte das auch auf die Möglichkeit haben, bei amerikanischen Kryptobörsen als Nicht-Wertpapier gehandelt zu werden», sagte Stephen Palley gegenüber finews.ch. Der Anwalt aus Washington, D.C., ist Partner bei der Kanzlei Anderson Kill, wo er sich auf das Thema Blockchain und Krypto spezialisiert hat.

35 Millionen Dollar verteilt

Der Abgang von Gevers ermöglichte eine Verjüngung des Stiftungsrats unter Jesperson, der für den Job mit Frau und Kindern aus Utah nach Zug zog. Wie er selbst sagt, hat er bereits die Ausschüttung von 35 Millionen Dollar an die Tezos-Community eingeleitet.

Diese Mittel sollen Tezos helfen, die Lücke zwischen der Technologie und deren Anwendung in der realen Welt zu stopfen. Laut Jespersen will die Stiftung auch die eigenen Mittel breiter diversifizieren, um auch Fiat-Währungen verfügbar zu haben – im ICO nahm Tezos vor allem Ether und Bitcoin ein. «Wir wollen diese Assets wirklich diversifizieren und nicht alles in Krypto halten. Darum sind wir gerade daran, eine Risiko-Diversifizierungsstrategie umzusetzen», sagte Jesperson.

Kann man über Tezos also sagen, Ende gut, alles gut? Nicht ganz. Die Breitmans sind eindeutig mit Schlagseite aus dem Disput mit Gevers herausgekommen. «Die Schweizer Geschäftskultur ist ein Haufen Scheisse», zog Kathleen Breitman im Juni in einem Interview mit dem Magazin «Wired» vom Leder. Das Ehepaar beschrieb in diesem Artikel und in darauffolgenden Streitereien auf Twitter wie sie sich von der Nachrichtenagentur «Reuters» misshandelt fühlten. Diese hatte als erstes über den Streit zwischen den Tezos-Exponenten berichtet.

«Cool as Fucking Cucumber»

Die beiden hielten sich auch mit Seitenhieben gegen Konkurrenten wie Charles Hoskinson nicht zurück. Dieser Ethereum-Mitgründer findet sich derzeit selbst in einem Konflikt um die Stiftung hinter Cardano, eine Kryptofirma, die er letztes Jahr gründete.


In einem weiteren Interview hat Kathleen Breitman letzten Monat erklärt, sie sei anderen gegenüber während der Krise um Tezos verdammt gelassen geblieben. «Cool as a fucking cucumber», wie sie es in ihrer Muttersprache formulierte. Derweil arbeitet sie an ihrem nächsten Projekt: Ein digitales Kartenspiel, vergleichbar etwa mit «Magic: The Gathering»

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