Die Börsenbetreiber in der Schweiz und in Spanien haben schon länger ein gutes Verhältnis zueinander. Trotzdem hat die SIX Konkurrenz bei der angestrebten Übernahme der BME in Madrid. 

Für die Börsenbetreiberin SIX ist es ein Coup: Mit dem Anfang Woche erfolgten 3,1-Milliarden-Franken-schweren Übernahmeangebot für die spanische Börse Bolsas y Mercados Españoles (BME) sind die Schweizer nicht nur weit vorgeprescht, sondern können auch mit viel Goodwill in Madrid rechnen.

Und dennoch: trotz monatelanger Verhandlungen und mehrerer Reisen nach Madrid gab es zum Schluss eine unerfreuliche Überraschung – BME ist nämlich auch mit der SIX-Konkurrentin Euronext in geheimen Gesprächen gewesen. 

Beim Börsenkonzern mit Sitz in Amsterdam ist es Strategie, sich einen kleineren Konkurrenten nach dem anderen einzuverleiben. Seit der Entstehung des Unternehmens aus französischen, belgischen und niederländischen Börsen kamen so etwa noch die Handelsplätze in Oslo und Dublin dazu. 

Tiefe Taschen

Dementsprechend rechnen die Investoren mit einem Übernahmekampf zwischen SIX-Chef Jos Dijsselhof und seinem ehemaligen Chef, Euronext-CEO Stephane Boujnah. Bereits jetzt werden die BME-Aktien 4 Prozent über dem Angebotspreis der Schweizer von 34 Euro pro Anteil gehandelt. Die Investoren lechzen nach mehr – und sehen ihre Fantasie durch Presseberichte über weitere Interessente wie die Deutsche und die Hongkonger Börse beflügelt.

Dass die Taschen der europäische Börsengruppe tief genug sind, um mit der SIX mithalten zu können, steht dabei ausser Zweifel. Dies, obwohl das Angebot 50 Prozent über dem Preis der BME-Aktien zum Handelsschluss letzte Woche liegt. 

Kein Zugang zu den BME-Büchern

Die Frage ist deshalb vielmehr, ob es für Euronext Sinn ergibt, der SIX die spanische Braut vor der Nase wegzuschnappen. Immerhin geniessen letztere die Unterstützung von Management und Verwaltungsrat der BME. 

«Es geht nicht nur um den Preis: Kultur, Philosophie, die Ähnlichkeit der Struktur und die bestehende Beziehung spielen eine grosse Rolle», sagte eine mit den Vorgängen vertraute Person. Die Übernahme ist der Höhepunkt des zweijährigen Strategiewandels bei der SIX, der mit dem Verkauf der Bezahl-Sparte begann und zu welchem auch der Aufbau der Blockchain-Börse SDX gehört. 

Auch die SIX geht bei der möglichen Übernahme allerdings grosse Risiken ein. Weder die Börsenbetreibern, noch die Grossbank Credit Suisse, welche sie berät, haben bisher vollen Zugang zu den Büchern der BME bekommen. Die Logik hinter dem Angebot seien die Umsatzsteigerung und Infrastruktur-Synergien zwischen den beiden Unternehmen, heisst es bei den Schweizern. 

Den alten Arbeitgeber überholen

Sollte der Plan des SIX-Präsidenten und früheren CS-Bankers Romeo Lacher aufgehen, steigt die SIX unter die drei grössten Börsen Europas auf, gemessen an Umsatz und Profit. Die Deutsche Börse und die LSE in London wären weiterhin grösser, Euronext würde allerdings einen Platz einbüssen. Bei diesem Vorhaben kann Lacher auf die Unterstützung Dijsselhofs zählen, der vor seinem Wechsel nach Zürich Chief Operating Officer und sogar stellvertretender Chef von Euronext war. 

Die beiden haben mit ihren Ambitionen gute Chancen: Die Börsen in Zürich und Madrid haben ähnliche Strukturen, welche Handel und Abwicklung untern einem Dach vereinen. Zudem kommt es in Spanien bei Politikern und Regulatoren gut an, dass die Schweizer die Börse nicht zu filetieren planen. 

Weitere Wachstumsmöglichkeiten

Die Unabhängigkeit der BME soll gewahrt bleiben. Damit bleiben auch die Marke, die Aktivitäten, das Hauptquartier und die Strategie intakt. Doch unabhängig davon, ob die SIX oder Euronext den Zuschlag bekommt, wird es in Europa danach noch 19 Börsen geben. Genug also, dass beide Börsenbetreiber das Rennen um Grösse fortsetzen können. 

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