Droht diese Woche ein grösserer Rückschlag an den Börsen? Nicht nur ein Entscheid aus Washington stellt die Nerven der Investoren auf die Zerreissprobe.

Am morgigen Dienstag tagt erneut die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) zur Geldpolitik. Angesichts der schnell zunehmenden Teuerung in den Staaten muss damit gerechnet werden, dass die Falken unter den amerikanischen Zentralbankern den Tarif durchgeben: Eine Zinserhöhung im März sowie zwei weitere Schritte bis zum Jahresende werden an den Finanzmärkten derzeit erwartet.

Insofern kann das Herzflattern der Anleger nicht allein an der sich immer deutlich abzeichnenden Zinswende liegen. Dass die Nerven zum Zerreissen gespannt sind, daran lassen die Kurse allerdings keinen Zweifel.

Tiefrote Tableaus

Zum Wochenauftakt präsentieren sich die Tableaus der westlichen Aktienbörsen tiefrot; der US-Technologie-Index Nasdaq hatte noch am vergangenen Freitag gegen 3 Prozent eingebüsst und steht seit Jahresbeginn 11 Prozent im Minus. In der Schweiz gab der Bluechip-Index SMI am Montag zeitweilig mehr als 2 Prozent nach. Wie das deutsche «Handelsblatt» (Artikel bezahlpflichtig) berichtete, rechnen einige Beobachter bereits mit einem zweistelligen Kursrutsch.

Für die Banken und Vermögensverwalter könnte sich damit nochmals die Hektik des Krisenjahres 2020 wiederholen, die sich für den Handel der Institute als so einträglich erwies. Trotzdem lauert nun noch so manche Gefahr: Das «Lending» mit Lombard-Krediten auf Wertschriften ist zuletzt forciert worden. Bei einem Börseneinbruch könnten nun reihenweise Margen reissen. Und im Gegensatz zum Corona-Crash vom vorletzten März sind die Notenbanken nicht so ohne Weiteres mit unterstützender Liqudität zur Stelle. Vielmehr müssen sie den Märkten Geld entziehen, um der Inflation entgegenzutreten.

Vor allem droht aber an den Märkten viel heisse Luft zu entweichen, die sich in den vergangenen Monaten angestaut hatte. Wehe dem, der da mit den falschen Wetten erwischt wird. Das sind die grössten Gefahrenherde:

1. Wenn niemand den «Dip» kaufen will

Aktien bei fallenden Kursen zu kaufen und so das Portefeuille auszugleichen, gehört zu den erfolgreichsten Taktiken der vergangenen Jahre – schliesslich befanden sich die Anleger seit der Finanzkrise in einem Bullenmarkt, der einfach nicht abreissen wollte. Doch diesmal könnte es anders sein: Die jahrelange Hausse war von billigem Notenbank-Geld getrieben, und die Inflation blieb völlig abwesend. Seit mit der Corona-Krise die Teuerung zurück ist, sind die Zentralbanken gehalten, den Geldhahn zuzudrehen.

Insofern könnten sich die aktuellen Kursverluste nicht mehr als «Dip», als blosse Delle, sondern als fallendes Messer erweisen. Diese Vorahnung macht nun bei Investoren die Runde.

2. Kriegsgefahr wird konkreter

Schon seit Monaten zieht Russland Streitkräfte an der Grenze zur Ukraine zusammen. Doch seither hat sich die Kriegsgefahr schrittweise verschärft; nun haben die USA Weisungen erlassen, die Familien des Botschatspersonals in Kiew auszufliegen. Ein Konflikt, bei dem Russland direkt und die Vereinigten Staaten als Unterstützer der Ukraine indirekt involviert wären, droht damit in nächste Nähe zu rücken. Erstmals seit langen Jahren wären damit auch die «politischen Börsen» wieder bestimmend für die Finanzmärkte.

3. Öl ins Feuer der Inflation

Die Sorgen über einen Konflikt im Kaukasus haben den Ölpreis bereits in die Höhe klettern lassen. Gepaart mit den Tiefständen in den Tanklagern und der gedrosselten Produktion seitens der ölfördernden Staaten zeigt der Trend nun klar nach oben. Für Ipek Ozkardeskaya, die leitende Analystin der Schweizer Online-Bank Swissquote, ist es deshalb nur noch eine Frage der Zeit, bis die Ölnotierungen auf 100 Dollar je Fass klettern (aktuell kostet ein Barrel der Sorte Brent mehr als 87 Dollar). Steigenden Energiepreise würden hingegen die Inflation zusätzlich befeuern.

4. Schlaflos wegen Netflix

Die Netflix-Jahreszahlen haben sich als wahrer Horror für Anleger erwiesen: Vergangenen Freitag ist der Kurs des amerikanischen Streaming-Dienstes an der Technologie-Börse Nasdaq um mehr als 20 Prozent eingebrochen. Dies, nachdem Netflix für das erste Jahresviertel nur mit der Hälfte der Zahl an Neukunden rechnete, welche der Markt sich gewünscht hätte. Nun geht unter den Anlegern von gehypten Tech-Aktien die Angst um – der Resultate-Reigen der Internet-Riesen wie Amazon, Meta oder Alphabet steht erst noch an.

5. Der Heissluft-Ballon hat ein Loch

Dass Investoren bei den Internet-Unternehmen vor allem die Aussicht auf Umsatzwachstum kaufen und die Gewinnkraft sekundär bleibt, ist bekannt. Doch enttäuschen die Umsätze nun, drohen die auf abenteuerliche Höhen gekletterten Firmenbewertungen einzubrechen. Umgangssprachlich liesse sich sagen: Es entweicht viel heisse Luft.

Anzeichen dazu zeigen sich auch in anderen Marktbereichen, die in den letzten Monaten viel Geld angezogen haben: Die Spac-Mantelgesellschaften etwa, und sehr prominent bei Krypto-Anlagen. Nach den jüngsten Korrekturen von Bitcoin & Co kommen haben Analysten der Grossbank UBS hier schon von einem neuen «Krypto-Winter» gesprochen.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.55%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.91%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.01%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.54%
pixel