Wegen explodierender Energiepreise steht die Europäische Zentralbank unter Druck, die geldpolitischen Zügel stärker als angekündigt zu straffen. Das würde besonders Italien in einem ungünstigen Moment treffen.

An der regulären Sitzung des Rats der Europäischen Zentralbank (EZB) an diesem Donnerstag will die Notenbank die Leitzinsen erstmals seit elf Jahren wieder erhöhen. In Aussicht gestellt wird dabei eine Zinserhöhung von 0,25 Prozentpunkte, wie auch finews.ch berichtete.

Angesichts beunruhigender Entwicklungen an der Teuerungsfront mehren sich die Stimmen, welche die angekündigte geldpolitische Straffung nicht mehr für ausreichend ansehen. Statt der geplanten Erhöhung des Leitzinses um 0,25 Prozentpunkte halten viele Auguren eine Erhöhung um mindestens 0,5 Punkte als angemessen.

Was passiert mit Nord Stream 1?

Das Drängen zu einem schnelleren Anziehen der geldpolitischen Stellschrauben ist nicht unberechtigt. In weiten Teilen der Welt verzeichnen die Inflationsraten Rekordmarken. Die Finanzierungsmassnahmen, die während der Pandemie zur Stützung der Konjunktur ergriffen wurden, wirken nun inflationstreibend. Sie ziehen die Preise in Verbindung mit den überhitzten Kursen für Energieträger insgesamt nach oben.

Die Notenbanker dürften bei ihrem Zinsentscheid die geopolitische Lage diesmal besonders genau beobachten, denn gleichentags sollen die Wartungsarbeiten an Nord Stream 1 beendet werden. Wird der planmässige Betrieb nicht wieder aufgenommen werden, könnten die Energiepreise vor einem weiteren Teuerungsschub stehen.

Kampf gegen Lohn-Preis-Spirale

Damit sich die galoppierende Teuerung nicht in den Köpfen festsetzt, müsste die EZB jetzt stärker auf die Bremse treten. Damit könnte sie verhindern, dass sich private Haushalte und Unternehmen auf dauerhaft höhere Inflationsraten einstellen. In diesem Szenario könnte sich die Lohn-Preis-Spirale zu drehen anfangen, was an der Inflationsfront zu schwer zu bekämpfenden Zweitrundeneffekten führen würde.

Es gibt aber grössere Zweifel am Markt, ob sich die EZB mit ihrer Präsidentin Christine Lagarde wirklich in diesem Ausmass der Preisstabilität verpflichtet oder nicht eher einzelnen verschuldeten Staaten aus dem Euroraum höhere Zinsen ersparen will.

Dabei macht in der EZB der Begriff «Fragmentierungsrisiken» die Runde. Gemeint ist damit ein plötzlicher Bruch in der Beziehung zwischen der Rendite von Staatsanleihen und den Fundamentaldaten. Diese Wortwahl der EZB drückt im Grunde nichts anderes aus als die Sorge vor einer neuen Eurokrise.

Turbulenzen in Rom

Derzeit ziehen gerade in Italien dunkle Wolken auf. Nach der Rücktrittserklärung des italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi ist unsicher, ob sich die Koalitionspartner nochmals zusammenraufen oder bald Neuwahlen anstehen. Ob dieser Verunsicherung haben sich die Renditen der zehnjährigen italienischen Staatsanleihen von 1 Prozent zum Jahresbeginn auf zeitweise über 4 Prozent erhöht.

Im historischen Vergleich sind die Kapitalkosten für den italienischen Staat allerdings weiterhin niedrig. Trotzdem läuten die Alarmglocken, weil sich der Zinsabstand zwischen italienischen und deutschen Staatsanleihen in den letzten Monaten deutlich ausgeweitet hat. Damit könnten sich auch die Kreditkosten für die italienischen Unternehmen und Haushalte verteuern. Ausserdem könnte die Situation aus dem Ruder laufen, wenn Sorgen über die italienische Staatsverschuldung auf die italienischen Banken übergreifen, die noch immer einen Grossteil dieser Kredite in ihren Büchern halten.

Schwacher Euro

Das Beispiel Italien zeigt, auf welcher Gratwanderung sich die EZB bewegt. Sie muss die derzeit grossen Inflationsängste mit weiteren Zinserhöhungen bändigen, ohne die Konjunktur in Italien oder anderen Ländern an der Peripherie weiter zu gefährden.

Ein Indiz für die verhaltenden Konjunkturaussichten ist der schwache Euro, der gegenüber dem Dollar auf das tiefste Niveau seit 19 Jahren gesunken ist. Die massiv gestiegenen Energiepreise wirken nach Ansicht von Ökonomen ähnlich wie der Ölpreisschock in den 1970er Jahren, zumal Europa stärker von Energieimporten abhängt als die USA.

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