Mit dem neuen Leitfaden zur Kontoeröffnung für Kryptofirmen begegnet die Bankbranche einem höchst dringlichen Problem. Doch wird das ausreichen?

Kommt ein Mann in eine Bank. Er zieht ein Strategiepapier aus seiner Mappe und sagt dem Kundenberater, er wolle jetzt ein Konto für seine Kryptofirma kriegen.

Das ist kein Witz, sondern soll sich im ländlichen Emmental tatsächlich so zugetragen haben, wie Vertreter der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) am Freitag berichteten. Der Verband informierte in Zürich zum gleichentags veröffentlichten Leitfaden, der Banken bei der Geschäftsaufnahme mit Krypto-Startups unterstützen soll.

Nicht verwirklichte Ambitionen

Dabei reagiert die Vereinigung mit zeitlichem Abstand auf ein Problem, dass sich schon vor einem Jahr abzeichnete. Vergangenen November berichtete finews.ch exklusiv, dass Startups mit Blockchain-Geschäftsmodellen bei Schweizer Banken nur mit grösster Mühe Firmenkonti eröffnen können, was ihnen die Geschäftstätigkeit hierzulande praktisch verunmöglicht.

Diese Krux hat sich seither verschäft, glaubt man führenden Exponenten der Schweizer Krypto-Branche.

Für Niklas Nikolajsen, Präsident des Zuger Krypto-Brokers Bitcoin Suisse, steht das Problem wie «ein Elefant» im Raum. «Die Schwierigkeit für Krypto-Fintechs, Bankpartner zu finden, ist der wesentliche Grund, warum die Ambitionen des Zuger Crypto Valley bisher nicht verwirklicht wurden», sagte er kürzlich gegenüber finews.ch. Entsprechend zögen die meisten Fintechs aus dem Bereich nach Liechtenstein.

Das Fürstentum macht vorwärts

Das Fürstentum hat unlängst mit der Gesetzgebung zur «Token-Ökonomie» ein eigentliches Blockchain-Gesetz in die Vernehmlassung geschickt. Mit diesem möchte das «Ländle» zum führenden Standort für das aufstrebende Blockchain-Business weltweit aufsteigen.

Im Standortwettbewerb hat die Schweiz im Wesentlichen eine vom Bund berufene Blockchain-Arbeitsgruppe vorzuweisen, die bis Ende Jahr ihren Bericht publizieren will. Letzten Februar hat die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) ihrerseits eine Wegleitung veröffentlich, die Startups wie Banken Anhaltspunkte zum boomenden Geschäft mit Erstausgaben von Kryptowährungen (ICO) gibt.

Es geht ums Prinzip

Am Freitag betonten die SBVg-Vetreter nun, die Herangehensweise von Behörden und Schweizer Finanzplatz sei Prinzipien-basiert. Man wolle kein «Technologie-Gesetz» wie in Liechtenstein, sondern bestehendes Recht auf ein neues Feld anwenden. «Der Integrität und Reputation des Finanzplatzes Schweiz kommt oberste Priorität zu», lautet dabei das Credo.

Entsprechend ist der neue Leitfaden vieles nicht: Er ist weder bindende Regulierung noch eine Garantie, dass alle der über 500 im Raum Zug und Zürich ansässigen Blockchain-Firmen eine Konto kriegen. Die Finma, hiess es, sei über die Wegleitung in Kenntnis gesetzt worden. Der Leitfaden sollte jedoch nicht als Vorbild für eine spätere Regulierung verstanden werden.

Knifflige Kontrolle

Den Mehrwert sehen die Autoren – neben der SBVg die Blockchain-Vereinigung Crypto Valley Association (CVA) – in der Aufbereitung von Informationen, die einer einzelnen Bank in der Regel schwer zugänglich sind. Aus Bankensicht als besonders heikel gelten Beziehungen zu Startups, die einen ICO mit Kryptowährungen finanzieren.

Hier muss die Bank den Firmenkunden nicht nur nach KYC-Regeln durchleuchten, sondern nach den Anforderungen des Geldwäscherei-Gesetzes auch sicherstellen, wer die wirtschaftlich Berechtigten hinter den Krypto-Assets sind. Eine knifflige Aufgabe: Das digitale Portemonnaie (Wallet) des Investors ist zwar in der Blockchain festgehalten. Der Eigentümer dahinter bleibt aber oft anonym.

Ein Ansporn für mehr Geschäft

Insofern kann der Bankenverband nur hoffen, dass der Leitfaden seine Mitglieder zu mehr Geschäft mit Kryptofirmen anspornt. Bisher bieten Nischenbanken wie Maerki Baumann, die Falcon Private Bank oder die «Hypi» Lenzburg offen Firmenkonten für diese Klientel an.

Eine weitere «Handvoll» Institute hat ebenfalls ein Angebot in der Auslage, wie es heisst. Diese Häuser wollen aber absolut anonym bleiben. Es ist eine fast schizophren anmutende Mischung aus Begeisterung und Berührungsangst, mit welcher der Schweizer Bankenplatz dem Blockchain-Thema begegnet.

Langwieriger Aufbau

Möglicherweise taugt der neue SBVg-Leitfaden nun dazu, die Berührungsängste zu mindern. Dann beginnt für die heisigen Banken erst die Knochenarbeit: Um Kryptofirmen zu verstehen und mit ihnen sicher geschäften zu können, braucht es eine Menge Prozesse und Know-how – die Aufbauarbeit dauere bis zu zwei Jahre, heisst es dazu im Liechtensteinischen.

Ohne die Geschäftskonti droht das Schweizer Crypto Valley jedoch vorzeitig auszutrocknen. In einer Wüste helfen dann auch die hehrsten Prinzipien nicht mehr viel.

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