Neobanken wie Revolut und N26 stellen für bestehende Banken eine Bedrohung dar, so die gängige Meinung. Die Entwicklung in den USA zeigt, dass die schnell wachsenden Unternehmen möglicherweise auf eine Klippe zusteuern.

Anfang Oktober nahmen mehrere US-Broker eine drastische Änderung vor: Sie schafften die Gebühren für den Handel mit Aktien, börsengehandelten Fonds und gewisse strukturierte Produkte ab, wie auch finews.ch berichtete.

Damit setzen die alteingesessenen Handelshäuser in Übersee namentlich Robinhood unter Druck. Das Startup punktete vor allem bei jüngeren Kunden mit tiefen Gebühren und finanzierte die Geschäfte über andere Einnahmequellen.

Nutzer wandern ab

Wie ein Analyst der Schweizer Grossbank UBS gegenüber dem Fernsehsender «CNBC» sagte, sei das Geschäftsmodell der jungen, schnell wachsenden Firma nun in «ernsthafter Gefahr». Ohne den Vorteil tieferer Preise würde der Kundenzuwachs einbrechen und die – im Schnitt lediglich 32-jährigen – Nutzer zur Konkurrenz abwandern, deren Angebot breiter ist, wird Brennan Hawken zitiert.

Für die Online-Bank Charles Schwab blieb die radikale Abkehr vom bisherigen Geschäftsmodell indes nicht ohne Folgen. Der Aktienpreis des Unternehmens hat sich noch nicht wieder vom Absturz nach der entsprechenden Ankündigung erholt.

Aggressivere Option

Trotzdem dürfte der Gegenschlag der Broker auch für europäische Neobanken eine Warnung sein. Die deutsche N26 wurde wie Robinhood 2013 gegründet, Revolut ist noch jünger. Beide Unternehmen haben noch mit Wachstumsschmerzen zu kämpfen.

Demgegenüber steht zum Beispiel die Credit Suisse (CS), welche hierzulande in ein besseres digitales Angebot investiert und eine Einheit geschaffen hat, welche die Zielkundschaft der Neobanken aufs Korn nimmt. Andererseits bliebe auch den Banken hierzulande die Option, im Preiskampf aggressiver vorzugehen.

Ultima Ratio

Das würde diese wohl noch etwas mehr schmerzen als die äquivalenten US-Unternehmen, da sich dort mit Zinsen auf Einlagen bei der Zentralbank Geld verdienen lässt. Sollten sich die eigentlich trägen Schweizer Bankkunden jedoch plötzlich im grossen Stil zur neuen Konkurrenz bewegen, dürfte diese Ultima Ratio schnell Wirkung zeigen.

Offenbar fühlen sich die hiesigen Banken noch nicht zum Handeln gedrängt, obwohl diese Woche bekannt wurde, dass Revolut seine Kundenzahl in der Schweiz dieses Jahr mehr als verdreifacht hat. Tatsächlich konnten es sich die Banken in der Schweiz bis letztes Jahr sogar leisten, ihre Gebühren ständig zu erhöhen, wie auch finews.ch berichtete.

Drei Jahre Zeit

Wie CS-Manager Serge Fehr diesen Monat im Interview mit finews.ch schätzte, bleiben den Banken noch drei Jahre, um auf die Bedrohung durch die Neobanken zu reagieren. Von einem verbesserten Service profitieren die Kunden dank dem Konkurrenzdruck in dieser Zeit mit ziemlicher Sicherheit.

Falls die günstigeren Startups zur ernsthaften Bedrohung werden, dürften die Banken allerdings zur Verteidigung ihrer Marktanteile auch geringere Erträge hinnehmen. Womit – ebenso wie im Kampf gegen Robinhood – neben den hohen Bewertungen der «Einhörner» auch der Aktienpreis der alteingesessenen Institute leiden dürfte.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.62%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    19.19%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.54%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.42%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.23%
pixel