Die angeblichen Fusionsgespräche zwischen der UBS und Credit Suisse wurden auf dem Schweizer Finanzplatz kühl aufgenommen. Es gibt aber einige Gründe, warum das Thema heiss ist, wie Finanzprofessor Teodor Cocca auf finews.ch schreibt.

Primär ist die Frage zu stellen, wie zufrieden die (Gross-)Aktionäre der beiden Grossbanken mit der Kursentwicklung ihrer Aktien sind. Besonders glücklich dürften diese mit Blick auf den Aktienkursverlauf der letzten Jahre nicht sein.

Immerhin können die UBS-Aktionäre auf eine üppige Dividendenrendite zählen. Klar, gibt es vielerlei Gründe, warum Bankaktien in letzter Zeit die Gunst der Investoren nicht gewinnen konnten. Aber dennoch: In den auf verschiedenen Kennzahlen basierenden internationalen Rankings findet man inzwischen auf den ersten 30 Plätzen oft gar keine Schweizer Bank mehr.

Was im Umkehrschluss auch heisst, dass einige Banken sehr wohl auch in den letzten Jahren beachtliche Fortschritte bei Wachstum, Rentabilität oder Effizienz erreichen konnten.

Handlungsbedarf unbestritten

Ein gewisser strategischer Handlungsbedarf lässt sich also mit Blick auf die Wertgenerierung für die Eigentümer der beiden Schweizer Grossbank in den letzten Jahren nicht abstreiten. Zwar sind die beiden Schweizer Grossbanken UBS und Credit Suisse (CS) sicherlich grundsätzlich solide und gut geführte Banken, aber die Schwierigkeit scheint darin zu bestehen, eine unternehmerisch starke Story zu entwickeln, um bei Investoren Wachstumsphantasien zu wecken.

Die in den vergangenen Jahren prominent forcierte Nutzung der Chancen der Digitalisierung ist strategisch wohl richtig, um die Konkurrenz aus dem Fintech-Bereich abzuwehren, aber als Wachstumsstory in Wahrheit wenig geeignet, das Herz der Investoren höher schlagen zu lassen.

Es ist mehr eine defensive als eine offensive Strategiekomponente geblieben. Die Nutzung von Synergien zwischen den verschiedenen Geschäftseinheiten, die eigentliche «raison d'être» einer Grossbank, bleibt weiterhin eine enorme Herausforderung mit bescheidenem Erfolg auf der Bottom-Line der Grossbanken.

Wenn Goldmann Sachs bieten würde

Mit einer Börsenkapitalisierung von 22 und 37 Milliarden sind die beiden stolzen Schweizer Grossbanken durchaus zahlbare Übernahmeziele für viele der grösseren Konkurrenten – vor allem aus Asien oder Nordamerika. Die bescheidene Marktbewertung kann man eine Zeit lang ignorieren, aber bei der Aktionärsstruktur, welche die beiden Grossbanken inzwischen haben, geht das nicht lange gut.

Der hohe Anteil ausländischer institutioneller Investoren und eine sehr breite Aktionärsstreuung erhöhen die Chancen, Ziel eines Übernahmeversuches zu werden. Ein «unfriendly takeover» ist im Banking allerdings undenkbar, Kunden und Top-Leute würden schnell abspringen.

Eine anfängliche Skepsis bei den in London, New York, Singapur und Katar sitzenden Investoren würde sich aber wohl schnell legen, wenn beispielsweise Goldman Sachs einen Preis 50 Prozent über dem aktuellen Aktienkurs bieten würde – was im Übrigen bei beiden Gossbanken immer noch einer Bewertung unter Buchwert gemessen am Price-to-book für die nächsten zwölf Monate entsprechen würde.

Perlen zum Schnäppchenpreis

Bleibt die Frage, was ein potentieller Käufer mit der UBS oder CS machen würde. Das ist die einfachste Frage, denn beide Banken haben mit dem Vermögensverwaltungs-Geschäft regelrechte Perlen für den Vertrieb von Anlageprodukten und Investment-Banking-Dienstleistungen.

Insbesondere das erfolgreiche Asien-Geschäft dürfte für manchen Konkurrenten sehr verführerisch wirken. Auch die Geldmaschine aus dem Schweizer Geschäft wäre für jede übernehmende Bank äusserst attraktiv, würde sie sich doch ideal zur Quersubventionierung von Investitionen in anderen Bereichen eignen.

Und dies alles bei einem in der Summe äusserst robusten Kreditportfolio und einer soliden bis sehr soliden Eigenmittelausstattung. Auch Teile des Investment Bankings sind ohne Zweifel attraktive Ziele  (M&A-Beratung, Aktienhandel und Fixed Income) und würden vor allem bei potentiellen Käufern mit bereits starkem Investment Banking etliches Synergiepotential eröffnen.

Too-Small-To-Compete?

Als Hemmnis einer grösseren Transaktion wird immer wieder das regulatorische Umfeld auf dem europäischen Kontinent genannt. Hintergrund ist eine gewisse Obsession der Regulatoren mit der «Too-Big-To-Fail»-Thematik, welche durchaus begründet ist, aber der Schaffung eines europäischen Champions wohl im Wege steht. Je länger je mehr scheint sich auch eine europäische «Too-Small-To-Compete»-Thematik zu ergeben.

Wenn vor allem regulatorische Belange einen strategisch sinnvollen Zusammenschluss verhindern, ist die Sinnhaftigkeit des aufsichtsrechtlichen Rahmens in Frage zu stellen. Es wird sich am konkreten Beispiel zeigen, welchen Weg die involvierten Aufsichtsinstanzen bei einem europäischen Deal verfolgen werden. Auch wäre die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) im besonderen Ausmasse herausgefordert, wenn ein Deal über die Schweizer Grenzen hinweg Realität würde.

Bremst das Top-Management?

Bemerkenswert ist, dass die Initiative für die Suche nach Übernahmepartnern von der UBS und von ihrem Präsidenten Axel Weber ausgeht. Die UBS ist die noch attraktivere Braut als die CS, da sie das grösste Vermögensverwaltungs-Geschäft der Welt führt und somit für viele Bankkombinationen besonders attraktiv erscheint (keine andere Bank der Welt hat einen solchen Zugang zu einer vermögenden Kundschaft weltweit). Allerdings würde sich dies wohl auch in einem höheren Preis für einen potentiellen Käufer ausdrücken.

Das Top-Management hält sich mit öffentlichen Stellungsnahmen dieser Tage zurück. Das ist nachvollziehbar, da Fusionen primär in den Kompetenzbereich des Verwaltungsrates fallen. Andererseits muss eine Übernahme immer mit einer strategischen Vision verbunden sein, welche vom Top-Management zumindest mitgetragen werden muss.

Dies scheint noch ein offener Punkt zu sein, insbesondere auch unter dem neuen UBS-Chef Ralph Hamers. Inwieweit die Interessen des Top-Managements in einer solchen Frage mit den Interessen des Verwaltungsrates und der Aktionäre übereinstimmen, ist eher kritisch zu sehen. Das kann ein sehr wichtiger Knackpunkt sein.

Global Swiss Champion als Lösung?

Der Glaube, dass die beiden Schweizer Grossbanken eigentlich ganz gut unterwegs sind, ist genau der Grund, warum ihre Selbständigkeit gefährdet ist. Zwei gute Banken zu einem tiefen Preis machen die UBS und die CS geradezu zu idealen Übernahmekandidaten.

Vielleicht sollte man die mögliche Fusion zwischen den beiden Schweizer Grossbanken aus dieser Optik neu bewerten: Die Schaffung eines «Global Swiss Champion» wäre sicherlich noch nicht die Lösung aller Wachstumsprobleme, aber verbunden mit einer starken unternehmerischen Vision, wäre das aus Sicht des Schweizer Finanzplatzes zurzeit die bessere Strategie als zu konkreten Übernahmezielen zu werden.


Teodoro D. Cocca ist seit 2006 Professor für Asset und Wealth Management an der Johannes Kepler Universität Linz. Davor war er einige Jahre bei der Citibank sowohl im Investment- als auch im Private Banking tätig, forschte an der Stern School of Business in New York und lehrte am Swiss Banking Institute in Zürich. Zudem ist der Schweizer mit italienischen Wurzeln assoziierter Professor für Private Banking am Swiss Finance Institute (SFI) in Zürich und beratend für Finanzunternehmen und Behörden im In- und Ausland tätig. Von 2011 bis 2020 war er Mitglied des Verwaltungsrats der VP Bank in Vaduz und leitete dort den Strategie- und Digitalisierungsausschuss.

 

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