Vor drei Jahren verstärkte die Finanzmarktaufsicht die Bekämpfung von Geldwäscherei. Nun zeigt sich an der Serie von Enforcement-Verfahren, wie tief der Sumpf im Swiss Banking ist. 

Enforcement-Verfahren der Eidgenössischen Finanzmarkaufsicht (Finma) finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Auch nach Abschluss der Verfahren bleiben die gemassregelten Banken anonym – ausser, die Behörde will mit der Nennung von Namen gezielt eine Wirkung in der Branche erzielen.

Das ist bei der Banca Credinvest der Fall. Am Dienstag unterrichtete die Finma über den Abschluss des Enforcement-Verfahrens, das die Aufsicht bereits im November 2018 gegen das Tessiner Institut eingeleitet hatte.

Damit findet im laufenden Jahr die Serie von Geldwäscherei-Verfahren der Aufsicht ihre Fortsetzung: Vergangenen Februar stellte die Aufsicht bei der Zürcher Bank Julius Bär schwere Mängel in diesem Bereich fest. Es folgte letzten September eine Rüge gegen die Genfer Bank Syz. Und nun also gegen Credinvest.

Die Aufsicht führt dabei scheinbar einen gegen eine Hydra. Ist ein Kopf des Ungeheuers abgeschlagen, wächst er doppelt nach.

Die Hoffnung der Aufseher

2017 hatte die Finma die Geldwäschereibekämpfung zum strategischen Ziel erkoren und den Fokus aufs Meldewesen sowie das Risikomanagement der Institute verstärkt. Die Hoffnung der Bankenaufseher damals: «Wenn kriminelle Marktteilnehmer davon ausgehen, dass Finanzinstitute verdächtige Gelder mit hoher Wahrscheinlichkeit der Meldestelle für Geldwäscherei (MROS) melden, werden sie weniger kontaminierte Mittel in die Schweiz bringen.»

Drei Jahre später stellt die Behörde fest, dass der Schweizer Finanzplatz in internationalen Korruptionsfällen wie Petrobras, Odebrecht, 1MDB, Panama Papers, Fifa oder PDVSA stark exponiert gewesen ist. Das galt offensichtlich auch für Credinvest: Wie finews.ch berichtete, war das Bankhaus mit Filialen in Lugano und Zürich wie zahlreiche andere Schweizer Geldhäuser in den mutmasslichen Korruptionsfall rund um den venezolanischen Ölkonzern PDVSA verwickelt.

Gegen Pflichten verstossen

Zu den Aktionären des Tessiner Bank zählt der Venezolaner Alejandro Betancourt. Betancourt ist gemäss der amerikanischen Zeitung «Miami Herald» einer der von der US-Justiz nicht namentlich genannten Haupttäter im PDVSA-Korruptionsskandal. Seine Beteiligung an der Credinvest ist im Zuge des Finma-Verfahrens bekannt geworden.

Die Finma stellte nun am Dienstag fest, dass die Geldwäscherei-Abwehr und das Risikomanagement der Bank ungenügend gewesen waren. Insbesondere im Zeitraum 2013 bis 2017 habe die Bank gegen die Sorgfaltspflichten im Bereich der Geldwäschereibekämpfung verstossen, rügte die Aufsicht.

Von Kunden aus Venezuela trennen

Gewinne wurden keine eingezogen; zur Wiederherstellung des ordnungsgemässen Zustandes verfügte die Behörde aber verschiedene Massnahmen, deren Umsetzung von der Bank bereits eingeleitet worden ist. Neben organisatorischen Veränderungen muss die Credinvest alle ihre Private-Banking-Kunden überprüfen, um mögliche erhöhte Geldwäschereirisiken zu identifizieren und angemessen zu begrenzen. Die Tessiner Privatbank verwaltet rund 2,1 Milliarden Franken Kundengelder.

Zudem hat sie den Ausstieg aus allen Kundenbeziehungen mit einem Bezug zu Venezuela rasch zu vollziehen und darf während mindestens drei Jahren keine neuen Kunden mit erhöhten Risiken (etwa politisch exponierte Personen PEPS) aufnehmen.

Ob dies auch den Ausstieg von Aktionär Betancourt bedeutet, geht aus der Mitteilung nicht hervor. Die Bank bestätigte am Dienstag den Abschluss des Verfahrens und beteuerte, die Weisungen der Finma umzusetzen.

Gewaltiger Sumpf

Im Zuge der Meldung betonte die Finma nochmals, dass sie die Geldwäschereigefahr weiterhin als ein Hauptrisiko des Finanzplatzes betrachte und das Thema entsprechend als Schwerpunktthema ihrer Aufsichtstätigkeit betrachtet. Doch ob das genügt, um international agierende Kriminelle abzuschrecken?

Im PDVSA-Komplex hat die Behörde bereits die Credit Suisse, Julius Bär und nun die Credinvest zur Rechenschaft gezogen. Wie auch finews.ch berichtete, sind vom Fall, bei dem rund 1,5 Billionen Dollar abgezweigt worden sein sollen, wohl noch zahlreiche andere Institute betroffen. Ein gewaltiger Sumpf, welcher der Austrocknung harrt.

Dies kann die Finma mit Enforcement-Verfahren gegen die Banken anpacken, oder aber Strafanzeige erstatten und das Heft damit weiterreichen. Schärfere Waffen sind der Behörde nicht gegeben.

Im Vergleich wenig Meldungen

Beobachter berichten immerhin, dass gerade die grösseren Geldinstitute heute viel mehr Meldungen an MROS absetzen als zuvor. Finma-Direktor Mark Branson sprach in der «NZZ am Sonntag» (Artikel bezahlpflichtig) kürzlich davon, dass die Anzahl Meldungen von jährlich 1'000 auf 8'000 angestiegen ist. Dass sei im Vergleich mit anderen Finanzplätzen eher niedrig, dafür sei er mit der Qualität der Meldungen zufrieden.

Dennoch mahnte auch Branson, dass «ein paar Dutzend» Banken weiter auf einer internen Risikoliste seiner Behörde stünden. «Dass Schweizer Banken als zentrale Akteure in den grossen globalen Geldwäscherei-Skandalen mit dabei sind, das darf nicht sein.» Er hoffe, dass das jetzt anders werde.

Neue Welle

Vorläufig hält sich die Geldwäscherei-Problematik aber hartnäckig. Autor und Journalist Balz Bruppacher schrieb jüngst auf finews.ch, dass gar neue Risiken auf die Branche zukämen: Neue Diktatorengelder würden in die Schweiz fliessen, warnte der intime Kenner der Thematik.

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