Nach dem Rückschlag um den Hedgefonds Archegos könnte das Jahr für die Credit Suisse bereits gelaufen sein. Als nächstes droht CEO Thomas Gottstein eine Rebellion der Aktionäre.

Mitte März meldete sich Thomas Gottstein (Bild unten) zum Jahresauftakt der Credit Suisse (CS) zu Wort. Der Bankchef schwärmte, beim Vorsteuergewinn habe sein Institut das höchste Niveau der letzten zehn Jahre erreicht. Gleichzeitig warnte er vor «möglichen Kosten» im Debakel um die geschlossenen Greensill-Fonds. Nach dem zweiten «Trading Update» vom (gestrigen) Montag ist die Desillusionierung komplett: Das Ergebnis des ersten Quartals könnte möglicherweise von «hohen Verlusten» beeinflusst sein, vermeldete die Grossbank jetzt.

Dies nach der Zahlungsunfähigkeit des US-Hedgefonds Archegos Capital Management, den die CS mit viel Kredit alimentiert hatte.

Verluste von 7 Milliarden Dollar angehäuft?

Sofort schossen die Verlustmeldungen rund ums grösste Hedgefonds-Debakel seit dem Absturz des US-Vehikels Long-Term Capital Management (LTCM) vom Jahr 1998 ins Kraut. Die für gewöhnlich gut informierte britische Zeitung «Financial Times» (Artikel bezahlpflichtig) geht von einem Abschreiber von bis zu 4 Milliarden Dollar für die zweitgrösste Schweizer Bank aus.

Dies, nachdem das Blatt die Verluste der Grossbank rund um die Greensill-Fonds bei 3 Milliarden Dollar beziffert hatte. Diese mutmasslichen 7 Milliarden Dollar Verlust stehen einem Gewinn von 2,67 Milliarden Franken gegenüber, den die CS im Jahr 2020 erzielte.

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«Für die Risiken nicht mehr kompensiert»

Mit anderen Worten: kommt es so schlimm, wie die Medien vorrechnen, hätte das Geldhaus bereits im März mehr als das Doppelte dessen verloren, was es in einem Jahr operativ zu erwirtschaften vermochte. Ein erschreckendes Szenario, das den Aktienkurs der CS im gestrigen Tagesverlauf um mehr als 15 Prozent drückte. Chef Gottstein steht damit vor einem Scherbenhaufen. Und die Frage stellt sich, ob er sich auch noch daran schneidet.

Die Investoren jedenfall dürften am Montag gefühlt haben, was Michael Kunz gegenüber finews.ch so auf den Punkt bringt: «Die Vorfälle rund um die Greensill-Fonds und nun beim Hedgefonds Archegos drohen die operative Leistung der Credit Suisse zunichte zu machen», sagt der Analyst im Dienst der Zürcher Kantonalbank. «Aus Sicht des Aktionärs entsteht damit der Eindruck, dass man für die Risiken nicht mehr ausreichend kompensiert wird.»

Kotau von Nomura

Als abschreckendes Beispiel dazu dient der Geschäftsverlauf im vierten Quartal 2020, als ein Abschreiber in Zusammenhang mit dem US-Hedgefonds York Capital dazu beigetragen hatte, dass die CS einen Vorsteuerverlust von 353 Millionen Franken erlitt. Mindestens fürs erste Jahresviertel ist jetzt mit einem ähnlichen Ausgang zu rechnen.

Dabei gilt es festzuhalten, dass rund um den mutmasslichen Archegos-Abschreiber alles in der Schwebe hängt. Die CS verzichtete gänzlich auf Verlustschätzungen – die ebenfalls betroffene japanische Bank Nomura etwa meldete 2 Milliarden Dollar an – und nannte nicht einmal den Namen des zahlungsunfähigen Hedgefonds. Damit scheint die Kommunikation dem Muster in der Causa Greensill zu folgen: informiert wird in Häppchen, was an den drastischen Massnahmen, die dort letztlich nötig wurden, nichts änderte.

Grossaktionär wird laut

Notabene fehlt auch bezüglich Greensill-Fonds weiterhin eine konkrete Schadensangabe seitens der CS; Investoren können deshalb nur mutmassen, wie sich die Rückschläge auf den Gewinn auswirken. Von diesem hängt, gerade bei einer systemrelevanten Bank, eine Menge ab: Strategie, Kapitalisierung, Dividende, Aktienrückkäufe. Im Rahmen des laufende Programms hat die CS bereits 4,2 Millionen eigene Aktien zurückgekauft, 422’000 Stück allein am gestrigen Montag. Doch Beobachter erwarten nun, dass das Programm im Licht der jüngsten Vorfälle gestoppt werden könnte.

Bereits jetzt brodelt es unter den Anspruchsgruppen der Bank. David Herro, der Investmentchef von CS-Grossaktionärin Harris Associates, hat sich gegenüber der Agentur «Bloomberg» bereits zum neuesten Debakel geäussert, und zwar in harschem Ton. «Die Risiko-Kontrollen bei der Bank müssen auf jeder Stufe überprüft werden. Wo Mängel ersichtlich sind, müssen die Kontrollen ausgewechselt werden», erklärte der Angelsachse.

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