Anfang 2023 wird Hubert Keller Senior Partner von Lombard Odier. Schon jetzt wacht der Chef des Fondsgeschäfts über alle Nachhaltigkeits-Initiativen bei der Genfer Privatbank. Mit finews.ch sprach er über Dreckschleudern, grüne Banken – und wie der Genfersee beim Institut fürs Klima sorgen wird.

Der obersten Fondschef von Lombard Odier mag seine Investments «on the rocks». «Wir mögen Eiswürfel», erklärte Hubert Keller unlängst an einer Gesprächsrunde mit Bankkadern und Journalisten.

Was der künftige geschäftsführende Teilhaber der Genfer Privatbanker damit meinte: «Ice cubes» heissen im Jargon der nachhaltigen Finanzwelt jene Firmen, die von der Transformation zu einer klimaneutralen Wirtschaft am meisten gewinnen dürften.

Gefragte Dreckschleudern

Auf der Suchen nach Eiswürfeln durchkämmen seine Fondsmanager die Finanzmärkte. «Das ist nicht einfach», gibt Keller zu bedenken. Sinnigerweise zählt Keller dazu auch vermeintliche «Dreckschleudern» wie Ölmultis und die Schwerindustrie. Ein Stahlwerk, das erfolgreich dekarbonisiere, sei mit Blick aufs Klima zuweilen wirkungsvoller als Unternehmen aus Branchen, welche die Umwelt nur wenig belasteten.

Lombard Odier zufolge können auch Banken Eiswürfel sein. Wenn Geldhäuser in Branchen investierten, welche sich rasch transformierten, könnten diese Finanzinstitute zum Beschleuniger für die Dekarbonisierung werden. Nicht alle Banken würden sich heute so verhalten, bedauern die Private Banker. Doch einige hätten sich Initiativen verschrieben, ihr Geschäft klimaneutral auszurichten, und seien damit selber lohnende Investments.

Druck von Politik und Aufsicht

Den Bemühungen der Finanzbranche wird inzwischen von Aufsicht und Gesellschaft nachgeholfen, wie sich auch in der Schweiz zeigt. Am 13. Juni stimmt das Schweizer Stimmvolk über das so genannte CO2-Gesetz ab, das auch Verschärfungen in der Bankenaufsicht mit sich bringt. Ab dem 1. Juli 2021 treten zudem neue Reporting-Pflichten der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) in Kraft.

Diese betreffen die Klimarisiken in den Bankbilanzen und gelten bis auf Weiteres nur für die Grossbanken im Land. Doch die Behörde hat bereits eine Ausweitung auf kleinere Institute – darunter wohl auch auf die Privatbanken – druchblicken lassen.

Private Banker müssen den Zug nehmen

Kommt es soweit, wäre Lombard Odier wohl gewappnet, den neuen Anforderungen zu begegnen. Das über 200-jährige Bankhaus hat sich seit Jahren die Nachhaltigkeit gross auf die Fahne geschrieben und nutzt dies in der gegenwärtigen Klima-Debatte auch geschickt als Differenzierungs-Merkmal. So ist das Institut Mitglied von mehr als 20 nationalen unter internationalen Initiativen, die sich dem Kampf gegen den Klimawandel und der Förderung von Nachhaltigkeit verschreiben.

Bei Lombard Odier erweist sich das nicht nur als Lippenbekenntnis, sondern bestimmt den Alltag der Banker. Der Strom aus den Steckdosen im Genfer Hauptquartier kommt vollständig aus erneuerbaren Energiequellen. Geheizt wird mit der Abluft der Server-Räume. Der Papierverbrauch wurde drastisch gesenkt, und es wird recyclet, wo es geht, beteuert Ebba Lepage, Chefin für betriebliche Nachhaltigkeit. Und wollen sie reisen, müssen die noblen Private Banker wo immer möglich den ÖV nehmen.

Nachhaltigkeit ist Chefsache

Odier 500

Über alledem wacht Keller als Verantwortlicher für sämtliche Nachhaltigkeit-Initiativen bei der Bank – und das auch in Zukunft. Anfang 2023 steigt der Romand in die allerhöchste Sphäre des Genfer Hauses auf. Dannzumal löst er Patrick Odier (Bild oben) als Senior Partner und «primus inter pares» unter den geschäftsführenden Teilhabern des Instituts auf.

Sinnigerweise ist der amtierende Senior Partner dann bereits zum obersten Nachhaltigkeit-Banker der Schweiz aufgerückt. Ab diesem Sommer wird Odier als Präsident der Vereinigung Swiss Sustainable Finance (SSF) tätig sein. Ein weiteres Indiz für die Vorreiterrolle der Genfer bei den Nachhaltigkeits-Bemühungen der Branche.

Zwei Drittel des Neugelds in ESG

Bei den Kunden kommt das an, wie Keller aus dem Asset Management zu berichten weiss. Zwischen März 2020 und März 2021 seien über 60 Prozent aller Kundengelder in Fonds geflossen, die ESG-Standards (Umwelt, Gesellschaft und gute Geschäftsführung) genügten.

Laut Christopher Kaminker, der 2019 aus Schweden als Nachhaltigkeits-Chef für Research und Investments zum Fondsgeschäft gestossen ist, ist Lombard Odier mit Hochdruck daran, die Fondspalette gemäss den Vorgaben der Net-Zero-Initiative umzugestalten. Im Bereich von Immobilien, Privatmarkt- und Alternativen Anlagen sei das noch herausfordernd. «Aber das kann sich schnell ändern.»

Solarpanel auf dem Dach

LO Hauptsitz 500

Ein Immobilien-Investment der besonderen Art ist dabei der neue Hauptsitz (Bild oben), den Lombard Odier am Ufer des Genfersees bauen lässt und den Keller als Senior Partner im Jahr 2024 feierlich miteröffnen wird. Der vom Architekturbüro Herzog & de Meuron entworfene Komplex vereinigt alle Mitarbeitenden der Gruppe, die heute auf fünf Genfer Standorte verteilt sind, unter einem Dach – 2’600 Arbeitsplätze sind vorgesehen.

Dennoch werde der CO2-Fussabdruck des Mammutprojekts gering sein, beteuert die für den nachhaltigen Betrieb zuständige Lepage. Der Bau müsse nachgerade den höchsten Standards in Sachen Nachhaltigkeit genügen, inklusive Standards wie Minergie-P, SNBS und BREEAM.

Auf dem Dach werden sich Solar-Panels erstrecken, und fürs Raumklima wird der Genfersee sorgen – via Anschluss ans Projekt Genilac, das Heizung und Kühlung von Gebäuden vermittels Seewasser vorsieht.

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