Der anhaltende Margendruck treibt die Banken auf ein zwar attraktives, aber bereits hart umkämpftes Terrain. Ein heikles Unterfangen.

Kaum ein anderes Geschäftsfeld ist unter den Schweizer Banken derzeit härter umkämpft als der Immobilienmarkt. Praktisch jede Woche geht mindestens ein Finanzinstitut auf Tuchfühlung mit einem Unternehmen aus der Immobilienbranche. Am (gestrigen) Dienstag waren es gleich drei Kantonalbanken, die ein Joint-Venture gegründet haben, um sich damit an der Online-Plattform Newhome.ch zu beteiligen, wie auch finews.ch berichtete.

Unlängst sorgte auch die Zürcher Traditionsbank Julius Bär für Schlagzeilen. Sie übernahm eine Mehrheit am Immobiliendienstleister Kuoni Müller Partner (KMP) und will nun die drei Dutzend Mitarbeitenden in die eigene Organisation integrieren.

Vier Schwerpunkte

Bereits Anfang 2021 übernahm Avobis, eine unabhängige Managerin von Hypotheken und Immobilien, die Verwaltungsgesellschaft Verit Immobilien mit ihren zehn Standorten und 150 Mitarbeitenden. Ein bemerkenswertes Beispiel ist auch AgentSelly. Dabei handelt es sich um einen Immobilienmakler, an dem sich 2019 die Valiant-Bankengruppe beteiligt hatte, bevor sie ein Jahr später ihren Anteil weiter erhöhte. Auch die Bank Thalwil hat an dem Makler Gefallen gefunden und unterhält eine enge Kooperation mit ihm.

Doch was treibt immer mehr Banken zu solchen Massnahmen? «Für uns ist es spannend, unser traditionelles Kerngeschäft weiterzuentwickeln und mit einem Fintech die Aktivitäten ins Immobiliengeschäft auszuweiten», erklärt Sandro Meichtry, CEO der Bank Thalwil. «Unsere Strategie konzentriert sich auf vier Schwerpunkte: Senioren, Generation Y, Immobilien und Zusatzdienstleistungen. Über die Kooperation mit AgentSelly können wir alle vier Themen aus einem Guss und mit Mehrwert für alle Beteiligten bearbeiten», so Meichtry weiter.

Hohe Widerstandsfähigkeit

Grundsätzlich sind es zwei Gründe, die den Ausschlag geben, dass immer mehr Banken ins Immobiliengeschäft einsteigen: erstens der Druck auf die Margen im traditionellen Geschäft mit Hypotheken sowie in der Anlageberatung. Denn weitere Marktteilnehmer wie Versicherungen, Pensionskassen und neuerdings auch Fintechs bieten inzwischen vergleichbare, zum Teil erst noch günstigere Dienstleistungen an.

Zweitens garantiert insbesondere der Schweizer Immobilienmarkt stabile Erträge und erfreut sich selbst nach vielen Jahren des Wachstums ungebremst einer enormen Nachfrage – nicht zuletzt auch aufgrund der anhaltenden Negativzinsen. «Wir beobachten, dass insbesondere die Einnahmen aus Verwaltungsmandaten eine hohe Resilienz aufweisen», sagt Daniel Stocker, Head of Research beim Immobilienberatungsunternehmen Jones Lang LaSalle in Zürich.

Sehnsuchtsort Schweiz

Wie stark die Immobilienpreise spätestens seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie im Steigen sind, illustrieren gleich mehrere Studien, wie auch finews.ch verschiedentlich berichtete. Für diese Entwicklung gibt es verschiedene Gründe: Seit Covid-19 wünschen sich immer mehr Menschen ein «eigenes» Dach über dem Kopf, im Sinne einer Selbstversorger-Mentalität, sollten neue Pandemien ausbrechen.

Gleichzeitig gilt die Schweiz für viele Ausländerinnen und Ausländer stärker als je zuvor als Sehnsuchtsort, der erst noch eine enorme Sicherheit und Stabilität bietet, was wiederum die Immobilienpreise gerade im Luxussegment noch weiter anschwellen lässt. «Wer auf globalen Luxusmärkten nach einem Ort mit stabilen Institutionen und etablierten Luxusstandorten sucht, dürfte die Schweiz vermehrt ins Auge fassen», bestätigt die UBS-Ökonomin Katharina Hofer.

«Die Pandemie löste einen Nachfrageboom nach Luxusimmobilien aus», stellte die Schweizer Grossbank unlängst in einer Studie fest. Die höchsten Quadratmeterpreise würden in der Gemeinde Cologny bei Genf erzielt. Dort koste ein einziger Quadratmeter so viel wie in manchen deutschen Gemeinden eine ganze Wohnung – umgerechnet rund 36'300 Franken.

Heikles Terrain

Gerade weil sich in diesem Markt laufend mehr Akteure tummeln, wird der Wettbewerb immer härter, und nicht jede Bank dürfte mit ihren Kooperationen und Beteiligungen langfristig den erwünschten Erfolg erzielen. Gleichzeitig begeben sich die Finanzinstitute damit auf ein heikles Terrain.

Denn die Vermischung von Bewertungen, Finanzierungen und Vermittlungen birgt nicht zu unterschätzende Interessenskonflikte, wie Stocker von Jones Lang LaSalle unterstreicht. «Bankintern dürften je nach Position unterschiedliche Ansichten bestehen, was ein angemessener Marktwert ist», betont er. Mit anderen Worten: Die einstmals sauber voneinander getrennten Kriterien und Prozesse bei Immobiliengeschäften könnten sich durch die vielfältigsten Kooperationsmodelle in manchen Fällen vermischen.

Wer gibt eher nach?

Das Kreditrisiko ist aus Sicht des Hypothekargebers oftmals ein anderes als aus der Perspektive des Bankkundenberaters, der den Hypothekarnehmer vertritt. Wer gibt nun eher nach? Noch offenkundiger werden die Interessenskonflikte, wenn eine Vermittlung zwischen Bankkunden stattfindet und dafür eine Vermittlungsprovision in Abhängigkeit des Kaufpreises anfällt. Das lässt sich zwar mit internen Regelungen festschreiben. Doch kann dies gleichzeitig die Zielerreichung von Mitarbeitenden oder gar ganzen Teams negativ beeinflussen.

Fest steht, mit ihren verstärkten Aktivitäten im Immobilienbereich können die Banken und ihre Partner zusätzliches Know-how aufbauen, um den gesamten Lebenszyklus der Kundinnen und Kunden noch besser abzudecken. Gleichzeitig ruft dies aber auch nach neuen und vor allem stärker regulierten Prozessen. Wie gut sich Immobilien-Dienstleister ins oftmals starre Gefüge einer Bank einpassen können, wird ein weiteres, wichtiges Indiz dafür sein, ob eine Zusammenarbeit von Erfolg gekrönt ist.

Tanzen, solange die Musik spielt

Last but not least würde eine Änderung an der Zinsfront die derzeitige Goldgräberstimmung sicherlich beeinträchtigen. Doch solange «die Musik spielt, soll getanzt werden», um mit einem Bonmot aus der Finanzwelt die momentane Situation aus Sicht der Banken zu umschreiben.

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