Mit einer Selbstregulierung hat die Schweizer Bankbranche das Heft des Handelns in der Greenwashing-Debatte an sich gerissen. Doch das letzte Wort ist damit noch nicht gesprochen.

Die von der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) am Dienstag vorgestellten Nachaltigkeit-Standards laufen zwar unter dem Titel «freie Regulierung». Doch das Adjektiv täuscht, wie August Benz, Vizechef des Dachverbands, vor der Presse ausführte: Die neuen Regeln in der Kundenberatung, der Vermögensverwaltung, der Ausbildung sowie der Banking-Prozesse seien verbindlich für alle SBVg-Mitglieder.

Zudem mache man die Übung nicht nur der Regeln wegen, sondern weil die Banken damit eine Wirkung erzeugen wollten – «Impact» ist ein Schlagwort in der Nachhaltigkeit-Diskussion.

Ein solches Schlagwort ist auch «Greenwashing». Der Vorwurf des Etikettenschwindels mit «grünen» Investments ist auch in der Schweiz immer lauter zu hören. Die Swiss Asset Management Association (AMAS), eine weitere Branchenvereinigung, hat unlängst zugegeben, dass es diese Problematik in der Branche gibt. Mit der Doppel-Regulierung im Vermögensverwaltung-Bereich sowie im Hypothekarmarkt hat die SBVg jener Kritik zwar einen Zahn gezogen.

Bald wieder bissiger?

Doch schon bald könnte die Debatte wieder bissiger geführt werden. Aus den Schweizer Banken, die mit dem neuesten Vorhaben gerade gut dastehen, würden dann in den Augen des Publikums bald wieder böse «Greenwasher».

Punkto Tempo und Ansatz ist der Bankiervereinigung indessen ein Kränzchen zu winden. So hat die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) im vergangenen Jahr angekündigt, die Problematik mit dem Etikettenschwindel im Bereich des Kundenkontakts, der Prozesse und auf der Produkteebene unter die Lupe nehmen zu wollen. Die beiden ersten Bereiche deckt nun die neue Selbstregulierung ab. Hinsichtlich der Produktebene muss der Fondsverband AMAS eine Anwort finden; diese ist bis im Herbst zu erwarten.

Ebenfalls bauen die Standards der SBVg geschickt auf der Schweizer Finanzrichtlinie Fidleg sowie auf der europäischen Blaupause Mifid II auf.

Es hapert im Kundenkontakt

Die Krux liegt nun in der Umsetzung. Die Selbstregulierungen sind ab Anfang 2023 verbindlich. SBVg-Manager Benz räumte ein, dass der Bereitschaftsgrad der Verbandsmitglieder variiere, und dass viele Mitglieder Investitionen in ihre IT-Prozesse tätigen müssen, um die neuen Standards umzusetzen.

Erhellend ist dazu eine jüngst publizierte Branchenstudie, über die auch finews.ch berichtete. Der Report, der von der Universität Zürich (UZH) in Zusammenarbeit mit der Beratungsfirma PWC Schweiz erstellt wurde und diverse Schweizer Privatbanken (darunter die Marktführer UBS und Credit Suisse) unter die Lupe nahm, gelangt zu einem gemischten Befund. Während das Angebot an als nachhaltig eingestuften Produkten rasant in die Breite gehe, fehle es nach wie vor an Tiefe, zumal in der Beratung. Weniger als die Hälfte der Privatbanken wollten tatsächlich wissen, welchen Zugang die Kundinnen und Kunden in diesem Feld präferierten, so die Studie.

Bund lässt Gesetzesanpassung vorbereiten

Ebenfalls thematisierte der Bericht einen notwendigen Ausbau der Ausbildung an der Beraterfront. Das lässt vermuten, dass mit der Selbstregulierung auf die Schweizer Banken noch einige Arbeit zukommt. Doch wenn es dem Swiss Banking ernst ist mit dem Anspruch, zum weltweiten Hub der nachhaltigen Finanz aufzusteigen, ist Nichtstun keine Alternative.

Und die «freie» Regulierung ist aus Branchensicht immer noch besser als behördlich verordnete Regeln. So hat der Bundesrat das Finanzministerium beauftragt, bis Ende 2022 vorzuschlagen, wie das Finanzmarktrecht angepasst werden könnte, um Greenwashing zu vermeiden. Dass diese Regulierungskeule nun abgewendet ist, wagt man bei der SBV zwar zu hoffen. Doch sicher ist nichts. «Der Bund wird am Ende des Tages entscheiden», gab Benz dazu am Dienstag zu bedenken.

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