Mit blindem Vertrauen auf Zukunftstechnologien ist es im Banking nicht getan, kommentiert finews.asia-Autor Andrew Isbester. Nur schon weil irgendwann die Regulierung wartet.

Von ferne besehen scheint es, als ob das Schweizer Bankwesen alle Hoffnung auf eine ziemlich unausgegorene Mischung aus modernster Technologie und traditionellem Bankwesen setzt.

Das ist eigentlich verständlich. Jahrelange Negativzinsen und die Inflation der Vermögenswerte lassen Technologie wie eine einfache Antwort für eine Branche erscheinen, die sich in ständigem Umbruch befindet. Aber egal, welcher Seitenarm der Digitalisierung gerade diskutiert wird – Tokenisierung, digitale Assets, Fintech – eine Realität besteht darin, dass in jeder dieser Nischen bereits branchenfremde Akteure gut etabliert sind.

Schwer vorstellbar

Die Digitalisierung des Zahlungsverkehrs ist im Wesentlichen abgeschlossen. Es ist mehr als fünf Jahre her, dass Apple und Android Pay in westlichen Volkswirtschaften eingeführt wurden und mehr als ein Jahrzehnt, seit die soziale Zahlungs-App Weixin (im Ausland Wechat) in China eingeführt wurde. Und vor alledem gab es den US-Anbieter Paypal.

Schrittweise Verbesserungen liegen drin. Aber es ist schwer vorstellbar, dass ein traditionelles Finanzinstitut oder ein Fintech-Startup einen der etablierten Anbieter vom Sockel stösst.

Aktien schon lange digitalisiert?

Der Prozess der Digitalisierung herkömmlicher Anlageklassen und der zunehmende Miteinbezug rein digitaler Anlagen als Alternative Investments ist ebenfalls in vollem Gange. Mit Blick auf den elektronischen Handel kann sogar das Argument vorgebracht werden, dass einfache Aktien schon seit geraumer Zeit digitalisierte Assets sind. Das sollte auch dem Swiss Banking eigentlich klar sein.

Aufgrund ihrer Volatilität können Kryptowährungen und alles, was damit vergleichbar ist, potenziell das Segment eines hochriskanten Kunden-Portfolios bilden, das eine entsprechende Eignungsprüfung durchlaufen hat. Daran denken inzwischen auch Schweizer Marktführer wie die UBS.

Nischen für Spezialisten

Ob danach noch viel kommt, ist schwierig abzuschätzen. Ausser, man arbeitet als Spezialist in der Nische, etwa als Krypto-Broker in grossem Stil oder als Verwahrer digitaler Vermögenswerte.

Derweil digitalisieren Banken seit Anfang der 2010er-Jahre ihre Prozesse bis hin zur Kundenfront, mit gemischten Ergebnissen. Die anglo-chinesische Bank HSBC beispielsweise setzt seit fast einem Jahrzehnt Chatbots in verschiedenen Formen ein. Sie hat sogar echte Roboter eingesetzt. Auch bei den Schweizer Gross- und Retailbanken sind die digitalen «Helferlein» auf dem Vormarsch.

Exempel an Ant Financial

Aber nichts davon scheint die Effektivität an der Front verbessert, die Kosten massiv gesenkt oder die internen Prozesse so weit verschlankt zu haben, dass HSBC vor ständigen Umstrukturierungsrunden worden wäre, einschließlich der jüngsten Ankündigung, sich aus dem US-Retailgeschäft zurückzuziehen. Gleichzeitig handelt es sich um ein grosses, profitables Institut, das nicht so schnell von einem Startup aus dem Rennen gedrängt werden kann.

Zwar lässt sich das traditionelle Bankengeschäft digitalisieren oder ein Fintech entwickeln, das Bankprozesse zu weitaus geringeren Kosten vereinfacht. Aber irgendwann wird man sich mit der detaillierten Regulierung in jedem Land auf einer winzigen, manuellen und damit sehr kostspieligen Ebene auseinandersetzen müssen. Die jüngsten Erfahrungen von chinesischen Fintechs wie Ant Financial zeigen, dass Abkürzungen unwahrscheinlich sind.

Wahrscheinlichkeit geht gegen Null

Man kann bis zum Überdruss darüber streiten, ob Kryptowährungen Fiat-Währungen ersetzen werden. Aber wie China und die US-Börsenaufsicht SEC zeigen, geht die Wahrscheinlichkeit, dass souveräne Staaten zu einer neuen Welt dezentraler Investitionen, nicht-deklarierter Zahlungsmittel oder Währungen übergehen, gleichsam gegen Null. Zumindest scheint das für die Banken und Wertpapier-Firmen, die von der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) zugelassen sind, der Fall zu sein.

Hingegen gibt nur wenige Regierungen, die eine zweite, parallele Form von anonymen Bargeld oder E-Cash lange tolerieren werden.
Es ist leicht, sich in Zukunftsvisionen zu verlieren, zumal sie anders und ganz neu erscheinen.

Das Haus in Ordnung halten

Dennoch tut ein Vermögensverwalter bis auf Weiteres gut daran, dafür zu sorgen, dass sein Haus in Ordnung ist, dass er eine vollständige Dokumentation – ob elektronisch oder nicht — der Vermögensquellen und Gelder seiner Kunden hat, und dass er seine Zahlungen angemessen kontrolliert und prüft.

Die jüngst von den hiesigen Privatbanken Julius Bär und J. Safra Sarasin bezahlten Bussgelder zeigen, dass einen auch die Gegenwart in der Zukunft wieder einholen kann.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.55%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.89%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.99%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.01%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.56%
pixel